Aus der Zeit der ältesten erhaltenen Handschrift von "Tausendundeine Nacht" stammt auch das "Buch der wundersamen Geschichten". Die 18 Geschichten dieser Anthologie sind lustige, provozierende und in ihrer Fremdartigkeit faszinierende Glanzstücke, die hier erstmals vollständig in Übersetzung vorgelegt werden. Damit wird ein Stück arabischer Erzählkunst zugänglich gemacht, das "Tausendundeine Nacht" in seiner Faszination und dem Zauber seiner Geschichten in nichts nachsteht. Die "Neue Orientalische Bibliothek" macht mit dem "Buch der wundersamen Geschichten" ein Werk mittelalterlicher arabischer Erzählkunst zugänglich, das den Vergleich mit seinem monumentalen Verwandten, den "Erzählungen aus Tausendundein Nächten", nicht zu scheuen braucht. Die 18 Geschichten des in einer alten Istanbuler Handschrift erhaltenen Anfangsbandes vom "Buch der wundersamen Geschichten" werden hier erstmals vollständig in Übersetzung vorgelegt. Die Geschichte der sechs Männer mit körperlichen Fehlern findet sich ebenso wie die Geschichte von der Nixe Djullanar oder von Abu Muhammad, dem Faulpelz. Teils handelt es sich um verwickelte Erzählungen nach dem Muster "wie sich Leid letztendlich in Freude verwandelte"; teils sind die Geschichten umwerfend komisch, wie diejenige von dem Weber, der auf Drängen seiner Frau zum Wahrsager wird, teils schildern sie uns eindringlich die in "Tausendundeine Nacht" eher selten aufscheinende Welt der arabischen Beduinen mit herzzerreißenden Romanzen und erbitterten Fehden. Und das Glanzstück der Sammlung, die Geschichte von der männermordenden "Braut der Bräute", liefert uns ein Spiegelbild männlicher Phantasien über die gesellschaftsbedrohende Rolle einer überaus attraktiven und darüber hinaus selbstbewußten jungen Frau.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Dass die Lektüre der mittlerweile siebenhundert Jahre alten Geschichten ihre Leser auch heute noch ansprechen kann, ist nach Ansicht Stefan Weidners vor allem in ihrem Humor, ihren fantasieanregenden Schilderungen mit sich anschließendem Happy-End begründet. Dass einige der Erzählungen sich mit "Märchen aus 1001 Nacht" überschneiden, tue der Ausgabe keinen Abbruch, sie seien wörtlich nicht völlig identisch und darüber hinaus so ansprechend, dass man sie gut noch ein weiteres Mal lesen könne. Dennoch hätte sich Weidner so manche Kürzung in diesem Band gewünscht. Einige Erzählungen findet er eher literaturhistorisch interessant und dazu geeignet, den Leser womöglich "abzuschrecken". Und die Liebesgeschichte von Sul und Shumul scheint ihm vor allem als Vortrag in arabischer Sprache reizvoll, nicht jedoch in deutscher Übersetzung (die er ansonsten für sehr gelungen hält). Die wissenschaftliche Präzision, die der Herausgeber im Kommentar zeigt, wirke sich im Wunsch, das Manuskript nicht um die schwächeren Erzählungen gekürzt zu veröffentlichen, nicht immer vorteilhaft aus.
© Perlentaucher Medien GmbH
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