Eine Liebeserklärung an die Côte d'Azur. Sie waren jung, verwöhnt und berühmt. Als Klaus und Erika Mann 1931 einen Reiseführer über die Riviera verfassten, war ihnen das öffentliche Interesse sicher. Mit sichtlichem Vergnügen berichten sie aus dem wilden Marseille, dem mondänen Cannes und natürlich aus Monte-Carlo. Leicht und ironisch plaudern sie über Orte und Menschen, ihre bevorzugten Restaurants und lassen uns an ihren Begegnungen mit Künstlerfreunden und anderen Prominenten jener Zeit teilhaben. Ein faszinierendes Dokument über die Riviera zu Beginn der dreißiger Jahre - mit zahlreichen historischen Fotos.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.05.2019Jene Ruhe, jene Himmelswonne
Die beste Zeit hat die Riviera hinter sich, als die beiden "Dichterkinder" Erika und Klaus Mann, die beiden Ältesten von Thomas Mann und Gattin Katia, sie bereisen und sich notieren: "Die Vergnügungen der Riviera sind nur selten noch ungewöhnlich." Man fährt "zum Arbeiten" dorthin, manche auch zum Schlafen, wofür die Autoren mit Nachdruck Lavandou empfehlen, heute "Le Lavandou": Ganze Straßenblöcke voller Wohnanlagen hinter weiten Stränden. Das Publikum hat sich geändert wie sein Lebensstil. Zwei-Wochen-Aufenthalte haben Monate und halbe Jahre abgelöst, und falls es noch ein paar der alten Kinos gibt, so haben sie nicht mehr bevorzugt Kriegsfilme im Repertoire. Geblieben ist dem Landstrich mehr als genug der alten Souvenirs, das blaue Meer, die Palmen, die lebendige Erinnerung an Renoir und die Impressionisten, sogar die Russen, einst die Emigranten, jetzt die Oligarchen. Vor allem aber "wird man diese große Sonne haben", wie sie schwärmen, "Sonne, Sonne, Sonne" jederzeit. Von Marseille und Sanary bis ins italienische La Spezia sind die Geschwister gereist, die als Dramatiker und Schauspielerin wie in der Wahl ihrer Partner sich in der literarischen Moderne eingerichtet haben. Mit diesem Büchlein fährt man ihnen nach, auch wo das Fahren leicht als Schreibstil ihrer Schilderungen zu erkennen ist, der das reiche Nebeneinander der Beobachtungen auflöst in das Nacheinander der Bewegung, um es erzählen zu können. Auf dass es sich erneut beim Leser rückverwandele in die Verdichtung der Erfahrung. Die mag man auch nach fast neunzig Jahren noch bestätigen: "Durch Marseille schlendert man lüstern, neugierig, ganz aufs Abenteuer eingestellt. In Genua geht man seriös spazieren, wie in einer richtigen Stadt." Was, von heute aus betrachtet, mitschwingt in den Reisebildern, sind die gewaltigen Veränderungen, die bald nach dem Erscheinungsjahr des Buches, 1931, wirksam werden: Sei es der Abriss der übel beleumundeten Elendsquartiere am Alten Hafen von Marseille durch die Wehrmacht und nach der Machtergreifung das Exil, das für beide Manns, auch ihren Vater Thomas und den Onkel Heinrich, im selben Jahr in Sanary begann.
mbe
"Das Buch von der Riviera" von Erika und Klaus Mann. Nachdruck der Erstausgabe von 1931. Kindler Imprint im Rowohlt Verlag, Hamburg 2019. 176 Seiten, zahlreiche Schwarzweißfotos. Gebunden, 16 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die beste Zeit hat die Riviera hinter sich, als die beiden "Dichterkinder" Erika und Klaus Mann, die beiden Ältesten von Thomas Mann und Gattin Katia, sie bereisen und sich notieren: "Die Vergnügungen der Riviera sind nur selten noch ungewöhnlich." Man fährt "zum Arbeiten" dorthin, manche auch zum Schlafen, wofür die Autoren mit Nachdruck Lavandou empfehlen, heute "Le Lavandou": Ganze Straßenblöcke voller Wohnanlagen hinter weiten Stränden. Das Publikum hat sich geändert wie sein Lebensstil. Zwei-Wochen-Aufenthalte haben Monate und halbe Jahre abgelöst, und falls es noch ein paar der alten Kinos gibt, so haben sie nicht mehr bevorzugt Kriegsfilme im Repertoire. Geblieben ist dem Landstrich mehr als genug der alten Souvenirs, das blaue Meer, die Palmen, die lebendige Erinnerung an Renoir und die Impressionisten, sogar die Russen, einst die Emigranten, jetzt die Oligarchen. Vor allem aber "wird man diese große Sonne haben", wie sie schwärmen, "Sonne, Sonne, Sonne" jederzeit. Von Marseille und Sanary bis ins italienische La Spezia sind die Geschwister gereist, die als Dramatiker und Schauspielerin wie in der Wahl ihrer Partner sich in der literarischen Moderne eingerichtet haben. Mit diesem Büchlein fährt man ihnen nach, auch wo das Fahren leicht als Schreibstil ihrer Schilderungen zu erkennen ist, der das reiche Nebeneinander der Beobachtungen auflöst in das Nacheinander der Bewegung, um es erzählen zu können. Auf dass es sich erneut beim Leser rückverwandele in die Verdichtung der Erfahrung. Die mag man auch nach fast neunzig Jahren noch bestätigen: "Durch Marseille schlendert man lüstern, neugierig, ganz aufs Abenteuer eingestellt. In Genua geht man seriös spazieren, wie in einer richtigen Stadt." Was, von heute aus betrachtet, mitschwingt in den Reisebildern, sind die gewaltigen Veränderungen, die bald nach dem Erscheinungsjahr des Buches, 1931, wirksam werden: Sei es der Abriss der übel beleumundeten Elendsquartiere am Alten Hafen von Marseille durch die Wehrmacht und nach der Machtergreifung das Exil, das für beide Manns, auch ihren Vater Thomas und den Onkel Heinrich, im selben Jahr in Sanary begann.
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"Das Buch von der Riviera" von Erika und Klaus Mann. Nachdruck der Erstausgabe von 1931. Kindler Imprint im Rowohlt Verlag, Hamburg 2019. 176 Seiten, zahlreiche Schwarzweißfotos. Gebunden, 16 Euro.
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Launige Reisegeschichte mit autobiografischem Hintergrund. Julia Meyer-Hermann Bild 20191030