Die berühmten 'Klassiker' sind der Grundstein für zahllose Klausuren und mündliche Prüfungen. Das Bürgerliche Recht in 100 Leitentscheidungen setzt die Schwerpunkte bei den höchstrichterlichen Entscheidungen zu den fünf Büchern des Bürgerlichen Gesetzbuches, die für das Verständnis zentral sind. Die für den heutigen Leser aufbereiteten Originalentscheidungen vermitteln Einblicke in die juristische Wirklichkeit jenseits abstrakter Lehrbücher. Vertiefungsfragen mit weiteren Nachweisen am Ende eines jeden Falles regen zum Nachdenken und zur Diskussion in privaten Arbeitsgemeinschaften an. Zugleich erleichtern sie Studienanfängern den Einstieg in die unverzichtbare Lektüre von Originalentscheidungen und liefern Examenskandidaten wichtige Hinweise auf Folge- und Parallelprobleme, um ihr Wissen zu vernetzen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.06.2012Kohlepfennig und Parkettstäbe
Empfehlenswerte Chroniken zur Rechtsprechung
Sowohl das Bundesverfassungsgericht wie auch der Bundesgerichtshof haben in den vergangenen Wochen wichtige Entscheidungen getroffen. Ist die Deutungsmacht der Gerichte inzwischen stärker als die Regelungsmacht der Parlamente? Der Konstanzer Arbeitsrechtler Bernd Rüthers wirft Richtern vor, aufgrund eigener Gerechtigkeitsvorstellungen von vorhandenen gesetzlichen Wertungen abzuweichen. Mit Hilfe neuer Lehrbücher kann sich der Leser ein eigenes Urteil in dieser Kontroverse bilden.
Der opulente Band "Verfassungsrechtsprechung", herausgegeben von Jörg Menzel, Privatdozent in Bonn, und Ralf Müller-Terpitz, Professor in Passau, hilft dabei, die 127 wichtigsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu verstehen. Dabei ist nicht der Wortlaut der Verlautbarungen abgedruckt, es finden sich vielmehr instruktive Zusammenfassungen und nachvollziehbare Bewertungen von Entscheidungen seit 1951. Stichworte wie Existenzminimum, Kohlepfennig, "Kind als Schaden", Länderfinanzausgleich, Halbteilungsgrundsatz und Hartz IV lassen Erinnerungen an vergangene - auch politische - Schlachten wieder aufleben.
Damit hat das Buch, das in großen Teilen auch für Nicht-Juristen verständlich ist, den Charakter einer lexikalischen Chronik. Im Anhang finden sich biographische Hinweise zu ehemaligen und aktuellen Verfassungsrichtern: von Susanne Baer, die aktuell in Karlsruhe wirkt, bis Kurt Zweigert, der als Erster schon 1952 wieder ausschied. Die 24 Autoren kann man zu dieser lesenswerten Lektüre nur beglückwünschen.
Karlsruhe ist auch Sitz des Bundesgerichtshofes (BGH). Dieser ist die letzte Instanz in Zivilsachen und äußert sich unter anderem zum Kaufrecht, Familienrecht und Erbrecht. Dabei sorgt Karlsruhe gern für Überraschungen. Haimo Schack und Hans-Peter Ackmann haben in ihrem Handbuch 100 Leitentscheidungen seit 1951 zusammengestellt. Dabei haben sie sich auf den Abdruck eines gekürzten Wortlauts beschränkt. Sofern dies bei älteren Urteilen notwendig war, wurden Paragraphen aktualisiert.
Zwar sind alle abgedruckten Urteile auch im Internet auffindbar. Die Autoren haben aber eine - gerade für Studenten - hilfreiche und sinnvolle Auswahl getroffen, die man gern in einem Band zusammengefasst liest. Darunter finden sich Klassiker wie der Gemüseblatt-Fall und aktuelle Streitigkeiten wie der Parkettstäbe-Fall. Letztere Entscheidung wurde allerdings im Juni vergangenen Jahres vom Europäischen Gerichtshof gekippt, Karlsruhe musste seine ursprüngliche Entscheidung korrigieren. Diese neue Entwicklung konnten die Autoren nicht mehr berücksichtigen. Auch deswegen eignet sich ihr Werk eher als Zweitbuch zu einem modern-dogmatischen Lehrbuch wie "Das gesamte examensrelevante Zivilrecht" von Jürgen Plate oder den empfehlenswerten Studienbüchern des Hamburger Hochschullehrers Rolf Schmidt.
Insgesamt lässt sich konstatieren, dass die Gerichte in den vergangenen Jahrzehnten tatsächlich deutlich machtvoller geworden sind. Allerdings sind die Parlamente daran nicht ganz unschuldig - unterlassen sie es doch seit langem, Rechtsgebiete wie das kollektive Arbeitsrecht zu kodifizieren. Auch die Qualität der Gesetzgebungskunst lässt nach, bis hinein ins Bundesjustizministerium während des Jahrhundertwechsels. Kein Wunder: Die juristische Ausbildung bereitet auf diese Rolle nicht vor, sondern auf die eines Richters.
JOCHEN ZENTHÖFER.
Jörg Menzel / Ralf Müller-Terpitz (Hrsg.): Verfassungsrechtsprechung.
Verlag Mohr Siebeck, Tübingen 2011, 947 Seiten, 34 Euro.
Haimo Schack / Hans-Peter Ackmann: Das Bürgerliche Recht.
Verlag Mohr Siebeck, Tübingen 2011, 632 Seiten, 32 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Empfehlenswerte Chroniken zur Rechtsprechung
Sowohl das Bundesverfassungsgericht wie auch der Bundesgerichtshof haben in den vergangenen Wochen wichtige Entscheidungen getroffen. Ist die Deutungsmacht der Gerichte inzwischen stärker als die Regelungsmacht der Parlamente? Der Konstanzer Arbeitsrechtler Bernd Rüthers wirft Richtern vor, aufgrund eigener Gerechtigkeitsvorstellungen von vorhandenen gesetzlichen Wertungen abzuweichen. Mit Hilfe neuer Lehrbücher kann sich der Leser ein eigenes Urteil in dieser Kontroverse bilden.
Der opulente Band "Verfassungsrechtsprechung", herausgegeben von Jörg Menzel, Privatdozent in Bonn, und Ralf Müller-Terpitz, Professor in Passau, hilft dabei, die 127 wichtigsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu verstehen. Dabei ist nicht der Wortlaut der Verlautbarungen abgedruckt, es finden sich vielmehr instruktive Zusammenfassungen und nachvollziehbare Bewertungen von Entscheidungen seit 1951. Stichworte wie Existenzminimum, Kohlepfennig, "Kind als Schaden", Länderfinanzausgleich, Halbteilungsgrundsatz und Hartz IV lassen Erinnerungen an vergangene - auch politische - Schlachten wieder aufleben.
Damit hat das Buch, das in großen Teilen auch für Nicht-Juristen verständlich ist, den Charakter einer lexikalischen Chronik. Im Anhang finden sich biographische Hinweise zu ehemaligen und aktuellen Verfassungsrichtern: von Susanne Baer, die aktuell in Karlsruhe wirkt, bis Kurt Zweigert, der als Erster schon 1952 wieder ausschied. Die 24 Autoren kann man zu dieser lesenswerten Lektüre nur beglückwünschen.
Karlsruhe ist auch Sitz des Bundesgerichtshofes (BGH). Dieser ist die letzte Instanz in Zivilsachen und äußert sich unter anderem zum Kaufrecht, Familienrecht und Erbrecht. Dabei sorgt Karlsruhe gern für Überraschungen. Haimo Schack und Hans-Peter Ackmann haben in ihrem Handbuch 100 Leitentscheidungen seit 1951 zusammengestellt. Dabei haben sie sich auf den Abdruck eines gekürzten Wortlauts beschränkt. Sofern dies bei älteren Urteilen notwendig war, wurden Paragraphen aktualisiert.
Zwar sind alle abgedruckten Urteile auch im Internet auffindbar. Die Autoren haben aber eine - gerade für Studenten - hilfreiche und sinnvolle Auswahl getroffen, die man gern in einem Band zusammengefasst liest. Darunter finden sich Klassiker wie der Gemüseblatt-Fall und aktuelle Streitigkeiten wie der Parkettstäbe-Fall. Letztere Entscheidung wurde allerdings im Juni vergangenen Jahres vom Europäischen Gerichtshof gekippt, Karlsruhe musste seine ursprüngliche Entscheidung korrigieren. Diese neue Entwicklung konnten die Autoren nicht mehr berücksichtigen. Auch deswegen eignet sich ihr Werk eher als Zweitbuch zu einem modern-dogmatischen Lehrbuch wie "Das gesamte examensrelevante Zivilrecht" von Jürgen Plate oder den empfehlenswerten Studienbüchern des Hamburger Hochschullehrers Rolf Schmidt.
Insgesamt lässt sich konstatieren, dass die Gerichte in den vergangenen Jahrzehnten tatsächlich deutlich machtvoller geworden sind. Allerdings sind die Parlamente daran nicht ganz unschuldig - unterlassen sie es doch seit langem, Rechtsgebiete wie das kollektive Arbeitsrecht zu kodifizieren. Auch die Qualität der Gesetzgebungskunst lässt nach, bis hinein ins Bundesjustizministerium während des Jahrhundertwechsels. Kein Wunder: Die juristische Ausbildung bereitet auf diese Rolle nicht vor, sondern auf die eines Richters.
JOCHEN ZENTHÖFER.
Jörg Menzel / Ralf Müller-Terpitz (Hrsg.): Verfassungsrechtsprechung.
Verlag Mohr Siebeck, Tübingen 2011, 947 Seiten, 34 Euro.
Haimo Schack / Hans-Peter Ackmann: Das Bürgerliche Recht.
Verlag Mohr Siebeck, Tübingen 2011, 632 Seiten, 32 Euro
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