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Das Burgtheater hat im 20. Jahrhundert wie keine andere Institution die Wiener Identität geprägt. Vor allem die Ensemblemitglieder dieses traditionsreichen Hauses haben mit ihrem Burgtheaterstil und ihrem Burgtheaterdeutsch mehrere Generationen von Wienerinnen und Wiener in ihrer Weltanschauung, in ihrer Theaterauffassung und auch in ihren privaten Verhaltensregeln und Sitten bestimmt. In keiner anderen Metropole der Welt ist der Konnex eines Theaters mit seiner Stadt von einem so engen Zusammenhalt wie beim Burgtheater und Wien.
Mit dem Umzug des Burgtheaters in den 1888 eröffneten
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Produktbeschreibung
Das Burgtheater hat im 20. Jahrhundert wie keine andere Institution die Wiener Identität geprägt. Vor allem die Ensemblemitglieder dieses traditionsreichen Hauses haben mit ihrem Burgtheaterstil und ihrem Burgtheaterdeutsch mehrere Generationen von Wienerinnen und Wiener in ihrer Weltanschauung, in ihrer Theaterauffassung und auch in ihren privaten Verhaltensregeln und Sitten bestimmt. In keiner anderen Metropole der Welt ist der Konnex eines Theaters mit seiner Stadt von einem so engen Zusammenhalt wie beim Burgtheater und Wien.

Mit dem Umzug des Burgtheaters in den 1888 eröffneten Prunkbau kam es zunächst zu einer schwierigen Neubestimmung der Schauspielästhetik und der Wiener Identität. Die Schauspielerinnen und Schauspieler vermissten den intimen Raum des Burgtheaters am Michaelerplatz und sehnten sich nach der kammerspielartigen Bühne zurück. Mit der Eröffnung des neuen Burgtheaters begannen in einem noch größeren Ausmaß als in den Jahrzehnten davor die Aufgaben der Repräsentation in den Mittelpunkt der Interessen des Burgtheaters zu rücken. Auf das prachtvolle neue Haus antwortete man mit einem dekorativen Stil, der die Opulenz in der Gestaltung der Kostüme und Bühnenbilder betonte. Dieser Ästhetik entsprach ein getragener Burgtheaterstil, der sich vor allem nach dem Zusammenbruch der Monarchie als Distinktionsmerkmal der feinen Wiener Gesellschaft herauskristallisieren sollte. Der dekorative Darstellungsstil und die Sprechweise der Ensemblemitglieder des Burgtheaters hatten großen Einfluss auf die Besucherinnen und Besucher, die den Sprachduktus und die Umgangsformen ihrer Lieblinge im Alltag kopierten.
Das Wiener Publikum verstand stets die berühmten Schauspielerinnen und Schauspieler des Burgtheaters als Mitglieder einer großen künstlerischen Familie, in die man nur wirklich aufgenommen wurde, wenn man sich an die Riten und Regeln dieses traditionsreichen Theaters hielt. Das Erbe der Monarchie wirkte insofern sehr langenach, als sich auch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges am Burgtheater eine konservative Mentalität herausbildete, die tatkräftig Einfluss auf die Auswahl der Stücke und ihre Darstellung nahm. Das Burgtheater und sein Publikum bestätigten sich gegenseitig, indem sie einander, wie Hermann Bahr dies am Beginn des 20. Jahrhunderts einmal formulierte, das "Gefühl der Dauer" gaben. Dieses "Gefühl der Dauer" ist auch am Beginn des 21. Jahrhundert eines der wesentlichsten Merkmale der Wiener Identität. Das Burgtheater hatte in den verschiedenen politischen Phasen des 20. Jahrhunderts immer die Aufgabe, den Wienerinnen und Wienern zu sagen, dass sie in der Metropole der vielfach beschworenen Kulturnation Österreich leben.
[Enzyklopädisches Stichwort]
Autorenporträt
Dermutz, KlausKlaus Dermutz: geboren 1960 in Judenburg (Österreich). Studium der Theologie, Philosophie und Soziologie in Graz und Berlin. 1992 Promotion zum Doktor der Theologie. Seit 2001 gemeinsam mit dem Burgtheater-Direktor Klaus Bachler Herausgeber der Buchreihe Edition Burgtheater. Buchveröffentlichungen über die Theaterarbeit von Tadeusz Kantor (1994), Christoph Marthaler (2000), Peter Zadek (2001), Gert Voss (2001), Otto Sander (2002), Andrea Breth (2004) und »Das Burgtheater 1955-2005« (2005). Seit 1988 Lehrbeauftragter an der theologischen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz und seit 2002 Beirat im Kulturforum der Österreichischen Botschaft Berlin. Seit 2002 Exposés und Fachberatung für die Fernsehserie »Theaterlandschaften« auf 3sat. 2006 Herausgeber von »Peter Zadek - His way«. 2006/07 Lehrauftrag am theaterwissenschaftlichen Institut der Universität Mainz. Klaus Dermutz lebt in Berlin.