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»Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band«, die 1967 erschienene Langspielplatte der Beatles, zählt zu den erfolgreichsten Schallplatten der Musikgeschichte: nicht zuletzt wegen des Covers, das als ebenso innovativ und originell wahrgenommen wurde wie die Musik und das gesamte Konzept des Pop-Albums.Walter Grasskamp beschreibt die Entstehung, Wirkung und Bedeutung des einflussreichsten Plattencovers der Popmusik.Maßgeblich von dem britischen Künstler Peter Blake gestaltet, führt das Umschlagbild Pop Art und Popmusik vor einem historischen Panorama der Prominenz zusammen, das als Kanon der…mehr

Produktbeschreibung
»Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band«, die 1967 erschienene Langspielplatte der Beatles, zählt zu den erfolgreichsten Schallplatten der Musikgeschichte: nicht zuletzt wegen des Covers, das als ebenso innovativ und originell wahrgenommen wurde wie die Musik und das gesamte Konzept des Pop-Albums.Walter Grasskamp beschreibt die Entstehung, Wirkung und Bedeutung des einflussreichsten Plattencovers der Popmusik.Maßgeblich von dem britischen Künstler Peter Blake gestaltet, führt das Umschlagbild Pop Art und Popmusik vor einem historischen Panorama der Prominenz zusammen, das als Kanon der Popkultur zu lesen ist.Der besondere Rang des Covers als Zeitbild der jüngeren Kulturgeschichte wird durch zahlreiche Nachahmungen und Parodien bekräftigt, deren radikalste - Frank Zappas »We're Only In It For The Money« - ausführlich gewürdigt wird.Als eigenständiges Kunstwerk und gleichzeitig als Dokument der Zeitgeschichte steht das Cover von »Sgt. Pepper« im Mittelpunkt einer ebenso kurzweiligen wie prägnanten Analyse der Popkultur.
Autorenporträt
Walter Grasskamp, geboren 1950, ist Professor für Kunstgeschichte an der Akademie der Bildenden Künste in München. Seine Arbeitsschwerpunkte sind moderne und zeitgenössische Kunst, Museumsgeschichte, Kulturpolitik sowie Kunst im öffentlichen Raum.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.07.2004

Und die Agenten der Evolution werden spielen bis in alle Ewigkeit
Von wegen nach Gebrauch wegschmeißen - hinschauen: Walter Grasskamp erklärt uns die Plattenhülle von "Sgt. Pepper" als Kunstwerk

Der Hohepriester des Hippietums persönlich meldete sich zu Wort: "Ich behaupte, daß die Beatles Mutanten sind, Prototypen von Agenten der Evolution, gesandt von Gott, damit sie eine neue Spezies erschließen. Sie sind die weisesten, heiligsten Verkörperungen, die die menschliche Rasse jemals hervorgebracht hat." Timothy Leary war nicht benebelter als gewöhnlich, als er dies anläßlich der "Sgt. Pepper"-Platte sagte. Die "Beatles" hatten damit nicht ihr Hauptwerk veröffentlicht - dafür hält man, je nach Standpunkt und Geschmack, dann doch eher den Vorgänger "Revolver" oder den Nachfolger, das Weiße Album -, aber sie hatten sich selbst übertroffen und damit ein Hauptwerk der Popkultur vorgelegt. In diesem Ruf steht "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" bis heute. Die Platte, die im Sommer 1967 erschien, konnte diesen mit einer außergewöhnlichen Aura versehenen Status nur erreichen, weil sie der Jugend das Geheimnis, das die Popmusik für Erwachsene bis dahin bedeutet hatte, entriß und einem breiten Publikum zugänglich machte. "Sgt. Pepper" war dabei mehr als eine Platte: nämlich, wie die Band in ihrer Spätzeit und seither, ein Gesamtkunstwerk.

Walter Grasskamp hat darüber ein sehr schönes Buch geschrieben. Daß der Münchener Kunsthistoriker sich seinem Beruf entsprechend hauptsächlich um "das Cover von Sgt. Pepper" kümmert und weniger um dessen Inhalt, mögen die rein Musikinteressierten bedauern; aber auch sie sollten den Großessay lesen. Die Lieder werden durch die Behauptung nicht schlechter, daß die Verpackung in diesem Fall ganz wesentlich dazugehört - das von Peter Blake gestaltete Cover kam in einer von der "Sunday Times" vor fünf Jahren erstellten Liste der "Top Fifty Millennium Masterworks" auf den fünfzehnten Platz, hinter der Kathedrale von Chartres und vor Tolstois "Krieg und Frieden".

Grasskamps Analyse fußt auf einem Akt des Selbstbewußtseins, der Anhängern oder Kennern der Pop-art selbstverständlich sein mag, der aber Leuten, die sich allenfalls für die Musik interessieren, als Voraussetzung erst nahegebracht werden muß: die Behauptung der Relevanz des Gegenstands, konkret: dessen Ausrufung zum Kunstwerk. Was sollen wir uns bei bunt, irgendwie poppig aufgemachter Pappe lange aufhalten, wenn dahinter Lennons "A Day In The Live" und McCartneys "When I'm Sixty-Four" auf uns warten? Grasskamp gesteht in seiner Ökonomie der Aufmerksamkeit ein, daß man dem Gegenstand die Autorität als notwendige Bedingung seiner Aufschlüsselung von vornherein zugestehen muß: "Nur das, was als oder wie ein Kunstwerk angesehen wird, genießt das Privileg einer hochorganisierten Wahrnehmung und Einordnung, statt, wie die meisten Produkte und Bilder des Alltags, trotz intensiven Gebrauchs letztlich unbeachtet zu bleiben und nach Gebrauch vergessen und zerstört zu werden." Man muß eben nicht nur genau hinhören, sondern auch genau hinsehen.

Das tut Grasskamp unaufdringlich, klar und ohne jenes Sendungsbewußtsein, das favorisierten Gegenständen einen Adel oft nur um des Adelns willen zuerkennen will. Grasskamp liebt die "Beatles" und "Sgt. Pepper", aber er schreibt nicht aus der Fanperspektive. Sonst hätte er sich kaum die Mühe gemacht, die fein verästelte Rezeptionsgeschichte des Covers auszubreiten, für die vor allem Frank Zappa steht. Zappa reagierte rasch und ätzend auf dieses bezaubernde, aber, wie alles Bezaubernde, eben auch etwas selbstgefällige Werk mit zwei eigenen Platten - "We're Only In It For The Money" und "Ruben & The Jets" -, deren Aufmachungen den phantasievollen Maskenball des "Sgt. Pepper" in Grund und Boden parodieren. Denn was die "Beatles" hier verkleidet inszenierten, war, wie Zappa vermutlich als erster erkannte, auch bloß Idylle.

Man muß aber einen Schritt hinter diese Idylle zurücktreten, um zu begreifen, was die Musiker überhaupt dazu bewogen hat, diese Platte, welche zwar nicht das erste, aber das erste bedeutende Konzeptalbum der Popgeschichte ist, so ausstatten zu lassen. Grasskamp nimmt uns mit dialektischem Gespür an die Hand, nimmt uns alle Aversion gegen das Wort "Konzept" und zeigt, daß dieses Konzept sich einem Fluchtimpuls verdankte, der für diese Band innerhalb kürzester Zeit zwingender geworden war als für jede andere: Die "Beatles" wollten raus aus der Routine und sich eine andere Identität zulegen.

Das taten sie unter der Anführerschaft Paul McCartneys, der auf die Idee mit dem Sergeant kam und vorschlug: "Warum machen wir nicht eine ganze Platte als Pepper-Band?" Was dabei herauskam, war aber auch eine Kompensationsleistung: Die "Beatles" plagte das Gewissen, weil sie schon 1966 aufgehört hatten, Konzerte zu geben. Auch daraus erklärt sich die ungeheure kommunikative Kraft der Platte.

Den special effects, die George Martin im Studio besorgte, korrespondieren formal wie inhaltlich die Effekte des Covers: das raffinierte, auf persönlichen Listen der vier Mitglieder basierende Prominentenarrangement, bei dem sich die Firma EMI Lennons Wunsch, auch Adolf Hitler abzubilden, widersetzte; die Kostüme der Musiker selbst sowie deren Doppelung als Wachsfiguren; schließlich der ironische Klassentreffencharme, den das Ganze auch deshalb verströmt, weil die "Beatles" sich auch mit einer Platte wie dieser selber als Fans zu Wort melden. Als solche legen sie mit den montierten Fotos von Brando, Gandhi, Elvis, Einstein, Dylan, Laurel & Hardy, W. C. Fields und Marilyn Monroe einen Kanon vor, der über die Bildsprache die vorgängige Unterscheidung zwischen E- und U-Kultur unterläuft. Im selben Moment, in dem das Cover, für das Grasskamp Vorläufer von Raffael bis Max Ernst ausmacht, die Kulturindustrie als alles durchdringendes Massenphänomen ausweist, wird es selbst zu einem ihrer prominentesten Produkte.

Der "Sgt. Pepper" war, auch dies macht Grasskamp anhand von Bildern plausibel, die letzte Gruppenarbeit der Band. Das folgende Doppelalbum, dessen Hülle Richard Hamilton als Gegenentwurf zu Malewitschs Weißem Quadrat besorgte, markiert mit Einzelporträts im Innencover den auch musikalisch greifbaren Auflösungsprozeß der "Beatles", für den sich im "Sgt. Pepper" freilich schon Anzeichen finden. Der kalte Byzantinismus dieses Albums wirkt ernüchternd nach der bunten Spaßigkeit des "Sgt. Pepper". Die "Beatles", deren Imagewechsel mit einer Geschwindigkeit vor sich gingen, von der man heute kaum einen Begriff hat, trieb es in immer höhere Höhen. Das Ende ist bekannt.

Eine rechthaberische Anmerkung sei zu dieser brillanten Studie gestattet: Auch Grasskamp übernimmt den häufig zu lesenden Irrtum, der "Sgt. Pepper" sei die erste Platte, auf deren Rückcover die Liedertexte abgedruckt sind. Dies war aber schon früher bei Bob Dylan der Fall, der den "Beatles" nicht nur den Umgang mit Drogen beibrachte.

EDO REENTS

Walter Grasskamp: "Das Cover von Sgt. Pepper". Eine Momentaufnahme der Popkultur. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2004. 136 S., geb., mit zahlreichen Abbildungen, 18,50 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

"Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" scheint Lieblingsplatte des Rezensenten Clemens Pornschlegel zu sein. Er rühmt, dass dieses Album zu "den epochalen Innovationen" in der Kunst des 20. Jahrhunderts zähle, weil es "den historischen Augenblick" markiere, an die führenden Interpreten der "U-Musik" erstmals künstlerische Freiheit reklamierten. Und da Pornschlegel das Cover des Albums als "grundlegend" für seine große Bedeutung hält, findet er auch Walter Grasskamp kunsthistorisches Buch darüber hochgradig bejubelnswert. So kann man laut Pornschlegel diese "großartige" Studie, die auch noch "vorbildlich ediert" sei, kaum "hoch genug" einschätzen. Hier werde wirklich das Verständnis dessen, "was 1967 passiert ist", ermöglicht. Auch dass Grasskamp das Coverbild in einen breiten kunsthistorischen Kanon stellt - "von Raffael bis zu den Surrealisten" - findet Rezensent Pornschlegel mehr als angemessen. Denn schließlich sei das Cover "ein Kunstwerk" und Walter Grasskamp - wie Pornschlegel versichert - "sein bester Interpret".

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