„Bei aller Notwendigkeit, jeden Krieg für sich und unter seinen spezifischen Bedingungen zu erfassen, fehlte und fehlt so oft bei den Publikationen das Denken im Kontext und historischen Verlauf. Kriege haben seit Jahrhunderten unermessliches Leid über die Menschheit gebracht. Hinter vorgeblich hehren Zielen wurden sie fast immer wegen politisch-strategischer und wirtschaftlicher Interessen geführt. […] Für viele Schriftsteller und Künstler war insbesondere der 1. Weltkrieg ein traumatisches Erlebnis, das eine existentielle Bedeutung für das eigene Leben, aber auch das künstlerische Schaffen bedeutete. Auf diese Zusammenhänge wird in vielen Beiträgen des Bandes eingegangen, insbesondere in denen, die sich mit der künstlerischen Be- und Verarbeitung der Kriege befassen.“ (Aus dem Vorwort) Die Texte befassen sich u.a. mit Werken von Autoren wie Arnold Zweig, Leonhard Frank, Apollinaire, Henri Barbusse, Ernst Bloch, Erich Fried, Heinrich Böll, Joseph Heller, Erich Maria Remarque. Mit Beiträgen von Jost Hermand, Wolfgang Beutin, Heiner Wittmann, Johan Dvorák, Grazyna Krupinska, Lorenz Gösta Beutin, Grazyna Barbara Szewczyk, Zbigniew Feliszewski, Gaby von Borstel, Peter Eickmeyer, Welf Schröter, Reiner Braun, Claudia Wörmann-Adam, Heinrich Bleicher-Nagelsmann, Paula Keller, Jörg Becker Vorwort „Das Denken der Zukunft muß Kriege unmöglich machen“ (Albert Einstein) – Der Krieg in Kunst, Literatur und Wissenschaft Jost Hermand Imperialistische Stimmungsmache vor 1914 Wolfgang Beutin Wurde der 1. Weltkrieg „inszeniert“? „Schlafwandler“ oder Regisseure? Heiner Wittmann Der Erste Weltkrieg und die französische Literatur Johann Dvorák Krieg im Frieden. Vorstellungen von der politischen Neuordnung der Gesellschaft mit militärischen Mitteln in der späten Habsburger-Monarchie Grazyna Krupinska Der Erste Weltkrieg und Geschlecht in der Prosa von Arnold Zweig Lorenz Gösta Beutin Geopfert im Stacheldraht des Vaterlandes. Leonhard Frank und der Erste Weltkrieg Grazyna Barbara Szewczyk „Himmel und Hölle“. Kriegsbilder und Visionen in Skizzen und Dramen der deutschen Expressionisten Zbigniew Feliszewski Der Kampf auf der Bühne. Der 1. Weltkrieg und das deutsche Theater Gaby von Borstel, Peter Eickmeyer Kein Entkommen. Die Graphic Novel „Im Westen nichts Neues“ Welf Schröter „Vademecum für heutige Demokraten“. Ernst Bloch zu Krieg und Frieden (1918) – Eine textliche Collage als Impuls zur Wiederentdeckung Reiner Braun Albert Einstein – ein Pazifist im Jahrhundert der Weltkriege Claudia Wörmann-Adam „Der Mensch ist aus seiner Sphäre ins Haus der Bombe getreten …“ Erich Frieds Auseinandersetzung mit Krieg und Frieden Heinrich Bleicher-Nagelsmann „Wanderer, kommst du nach Spa …“ Heinrich Böll und die Wunden des Krieges Paula Keller „Ich glaube, du bist irre.“ – „Wer will das schon wissen?“ Die ABSURDITÄT des Krieges in CATCH 22 von Joseph Heller Jörg Becker Medien im Krieg – Krieg in den Medien Verband deutscher Schriftsteller VS Gelnhäuser Erklärung zu Literatur und Frieden – „Wahrheit wird niemals durch Gewalt widerlegt“ (Erich Fromm). Zum äußeren und inneren Frieden Autorinnen und Autoren „In den meisten Büchern und Aufsätzen, die in letzter Zeit über den Ersten Weltkrieg erschienen sind, geht es immer wieder um dieselbe Frage: Wer waren eigentlich die Hauptschuldigen an dieser ‚Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts‘, wie es gern heißt? Waren es wirklich nur ‚die Deutschen‘, wie die westlichen Siegermächte 1919 im Friedensvertrag von Versailles behauptet hatten? Oder waren es nicht auch ‚die Franzosen‘, ‚die Engländer‘ oder ‚die Russen‘, bei denen einige Neuhistoriker die gleichen kriegslüsternen Bestrebungen in den Jahren vor 1914 nachzuweisen versuchten? Wie wir wissen, hat es in dieser Hinsicht viele Auseinandersetzungen gegeben. Doch ist es in diesem Fall überhaupt sinnvoll, von einer Schuld ganzer Nationen zu sprechen? Schließlich waren alle diese Länder damals noch demographisch zerspaltene Klassengesellschaften, in denen die einzelnen Bevölkerungsschichten recht verschiedene gesellschaftspolitische Vorstellungen hatten und noch nicht in jenen formalen Demokratien lebten, wo sich durch die Social Engineering-Praktiken der späteren Massenmedien ein diffuses Allgemeingefühl entwickelt hatte. Soziodemographisch gesehen, gab es damals in Deutschland noch Fürsten, Adlige, Großbürger, Kleinbürger, Handwerker, Bauern, bäuerliches Gesinde und Proletarier, unter denen es zwar manchmal zu politischen Zweckbündnissen kam, die sich aber ansonsten höchst kritisch, wenn nicht gar feindlich gegenüberstanden. Im Hinblick auf derartige Verhältnisse von einer ‚Nation‘ zu sprechen, wäre demnach höchst problematisch. Und dennoch, so beschämend es auch klingt, wie kam es eigentlich dazu, daß sich alle diese Schichten 1914 fast ausnahmslos dazu verführen ließen, geradezu begeistert zu den Waffen zu greifen und in einen Krieg zu ziehen, der weder ein gerechtfertigter Verteidigungskrieg war noch einer, von dem sich die unteren Klassen irgendeinen Nutzen für ihr eigenes Wohlergehen versprachen? Womit wir wieder bei der anfangs gestellten Schuldfrage wären. Wer waren eigentlich jene, die sich davon einen Nutzen versprachen, und wie gelang es ihnen, in den Jahren vor 1914 eine höchst disparate Klassengesellschaft in eine ihnen nur allzu willig folgende ?Volksgemeinschaft‘ umzuwandeln?“ (Aus: Imperialistische Stimmungsmache von Jost Hermand)