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Dieter Riesenbergers Geschichte des Deutschen Roten Kreuzes umfasst eine Zeitspanne von fast 130 Jahren. Sie ist die erste große Gesamtdarstellung der Entwicklung des Roten Kreuzes, seiner vielfältigen Tätigkeiten und seiner Bedeutung in der bewegten Geschichte Deutschslands - vom Kaiserreich über zwei Weltkriege bis zur Wiedervereinigung 1990.
Das Deutsche Rote Kreuz ist einer der ältesten Rotkreuzverbände weltweit. Schon 1864, im Jahr der ersten Genfer Konvention, und in den Folgejahren wurden überlall in den deutschen Einzelstaaten von Preußen bis Bayern, von Oldenburg bis Baden
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Produktbeschreibung
Dieter Riesenbergers Geschichte des Deutschen Roten Kreuzes umfasst eine Zeitspanne von fast 130 Jahren. Sie ist die erste große Gesamtdarstellung der Entwicklung des Roten Kreuzes, seiner vielfältigen Tätigkeiten und seiner Bedeutung in der bewegten Geschichte Deutschslands - vom Kaiserreich über zwei Weltkriege bis zur Wiedervereinigung 1990.
Das Deutsche Rote Kreuz ist einer der ältesten Rotkreuzverbände weltweit. Schon 1864, im Jahr der ersten Genfer Konvention, und in den Folgejahren wurden überlall in den deutschen Einzelstaaten von Preußen bis Bayern, von Oldenburg bis Baden Rotkreuzvereine gegründet. Heute ist das Deutsche Rote Kreuz mit über fünf Millionen Mitgliedern eine der größten nichtstaatlichen Organisationen der Bundesrepublik; international hat es sich im Bereich der humanitären Hilfe zu einer der leistungsfähigsten Rotkreuzgesellschaften entwickelt.
Die Geschichte des Deutschen Roten Kreuzes ist untrennbar mit den politischen Brüchen und Kontinuitäten der deutschen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts verflochten. Gründungen, Auflösungen, Spaltungen und Neugründungen als Folgen gewonnener oder verlorener Kriege spiegeln dies wider.
Auch mit der Geschichte der deutschen Gesellschaft ist das Rote Kreuz eng verwoben. Weit über das Kaiserreich hinaus war es eine bürgerliche Organisation unter häufig adlige r Führung; andere Gesellschaftsschichten blieben lange Zeit unterrespräsentiert. Frauen hingegen spielten als Rotkreuzschwestern, aber auch über die zahlreichen Frauenvereine im Roten Kreuz von Anfang an eine unübersehbare Rolle, wie der Autor deutlich macht. Er zeigt auch, zu welch bedeutendem Faktor der Wohlfahrtspflege das Rote Kreuz sich als Träger zahlreicher sozialer und karitativer Einrichtungen für Kinder und Frauen, Kranke und Gebrechliche, Bedürftige und Flüchltlinge entwickelt hat.
Autorenporträt
Dr. phil., Professor für Zeitgeschichte und Didaktik der Geschichte in Paderborn (em.), Buchpublikationen zur Geschichte der DDR, des Nationalsozialismus, der Friedensbewegung, des Internationalen und des Deutschen Roten Kreuzes.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.09.2002

Gegen Leid(en)
Das staatsnahe Deutsche Rote Kreuz von der Reichsgründung bis zur Wiedervereinigung

Dieter Riesenberger: Das Deutsche Rote Kreuz. Eine Geschichte 1864-1990. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2002. 785 Seiten, 68,- Euro.

Das deutsche Rote Kreuz ist bald 140 Jahre alt und damit älter als Bismarcks Kaiserreich. Mit einer solchen Feststellung blickt man auf eine bestimmte Zeit und einen bestimmten Staat. Ein privater Freiwilligen-Verband zur Rettung verwundeter Soldaten im Kriegsgebiet ist auf Vereinbarungen zwischen Staaten angewiesen. Außen- und Sicherheitspolitik sind im Spiel, Zusammenarbeit mit dem Militär, und dies nicht erst im Krieg, sondern schon im Frieden. Mehr oder minder "staatsnah" ist ein Verein mit solcher Aufgabenstellung in jedem Falle.

Älter als das Kaiserreich heißt, daß in Deutschland die Fürstenstaaten die Partner waren und am Anfang das Badische, Württembergische, Bayerische und Preußische Rote Kreuz stehen - und diese nicht in der bürgerlich-republikanischen Form der Genfer Urzelle, des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), sondern unter ostentativer Beteiligung der Fürstenhäuser, meist in der Form eines Patronats der jeweiligen "Landesmutter". Erst nach dem Untergang der Monarchien kam es in der Weimarer Republik zum "Deutschen Roten Kreuz" als föderalistischem Dachverband. Konstituierend für die Rotkreuzbewegung in Deutschland war schließlich auch das eigentümliche Zusammentreffen zweier Bewegungen des Jahrhunderts, der bürgerlich-liberalen Philanthropie und des national-konservativen Patriotismus. Beides spiegelte sich im Deutschen Roten Kreuz.

Das Werk von Dieter Riesenberger faßt in bewundernswerter Weise den Ertrag einer Spezialliteratur aus mehr als hundert Jahren zusammen. Ein besonderer Vorzug des Werkes besteht darin, die Geschichte des DRK als ein Segment der politischen Geschichte Deutschlands zu begreifen. Die Quellenlage ist für die Zeit vor 1945 schwierig. Denn das zentrale Archiv des DRK wurde gegen Ende des Zweiten Weltkrieges zerstört und verschleppt. Wichtige Bestände liegen im Sonderarchiv des russischen Staatspräsidenten und sind noch immer unzugänglich. Über weite Strecken war der Verfasser auf Rekonstruktionen der Vorgänge in der Zentrale aus Akten der Landesverbände und auf zeitgenössische Beiträge in Verbandszeitschriften angewiesen.

Für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg konnte der Verfasser aus Akten des Präsidiums schöpfen. Die Jahre der ersten Besatzungszeit, der Teilung Deutschlands, der Vorreiterrolle des DRK in der Anbahnung der Ostpolitik Adenauers (Kriegsgefangene in der Sowjetunion), die Amtszeit so herausragender Präsidenten wie Heinrich Weitz und Walter Bargatzky gehören zu den lebhaftesten Teilen des Buches. Ein Kapitel behandelt das Rote Kreuz der DDR, seine Einordnung in die Massenorganisationen der "Nationalen Front" und seine Instrumentierung für die Bemühungen Ulbrichts und Honeckers zur internationalen Anerkennung der DDR.

Überraschend ist das Licht, das auf die Vorläufer der deutschen Rotkreuzbewegung fällt, die erstmals 1813 entstandenen und sich amateurhaft betätigenden "Frauenvereine" zur Hilfe für verwundete Soldaten. "Vaterländische Frauenvereine", so hießen sie zum Beispiel in Preußen, gehörten dann auch 1866 und 1870 zu den ersten freiwilligen Hilfsverbänden, die "unter dem Roten Kreuz" - zunächst nur einem Schutzzeichen - agierten. Die vorwiegend konservative und monarchistische Gesinnung dieser Frauenvereine im Roten Kreuz trug auf interessante Weise viel zum allgemeinen Fortschritt, hier besonders der Gesundheits- und Familienpflege in den unteren Klassen und einiges zur Frauenemanzipation in den oberen bei.

Die im Ansatzpunkte, den Genfer Konventionen, vorgegebene Staatsnähe der nationalen Rotkreuzgesellschaft hatte neben ihren Vorzügen auch ihre Schattenseiten, im Kaiserreich, besonders aber in der Zeit des Nationalsozialismus. Als eine der größten deutschen Massenorganisationen war das Rote Kreuz ein Objekt nationalsozialistischer Begehrlichkeit und Durchdringung. Die "Gleichschaltung" ihrer Führung bereitete wenig Schwierigkeiten. Unter den Mitgliedern des Präsidiums war Distanz zur Republik verbreitet. Der Präsident, Joachim von Winterfeldt-Menkin, war bis zu seiner Wahl in dieses Amt Abgeordneter der DNVP im Reichstag gewesen, sein wichtigster Mitarbeiter, Paul Hocheisen, war schon vor 1933 SA-Führer. Nach dem Schlag gegen Ernst Röhm und die SA am 30. Juni 1934 war Hocheisens Zeit im DRK zu Ende. Danach hatte das DRK es mit den Gewinnern der Mordnacht, der SS, zu tun. Himmler sorgte dafür, daß ein höherer General der SS, Obergruppenführer Ernst Grawitz - verantwortlich für Experimente an jüdischen KZ-Häftlingen - in zweiter Funktion geschäftsführender Präsident des DRK wurde. Insgesamt waren fünf der sieben Mitglieder des Präsidiums Männer in höheren SS-Rängen, darunter zwei KZ-Lagerärzte, der SS-Gruppenführer Karl Gebhardt und SS-Obersturmbannführer Ferdinand Melchior Berning, die an diesen Experimenten beteiligt waren.

Dennoch, so urteilt der Verfasser nach Durchsicht der verfügbaren Quellen, sei die Folgerung, daß das DRK in die kriminellen Machenschaften der SS einbezogen war, "wohl unzutreffend". Das Regime habe vielmehr sorgfältig vermieden, das DRK da hinein zu verwickeln. Einen Grund sieht er darin, daß es andernfalls "bei zahlreichen Mitgliedern Empörung ausgelöst hätte", und einen anderen darin, daß im Interesse der verwundeten deutschen Soldaten und des Nachrichtenaustauschs über die Kriegsgefangenen das DRK weiterhin vom IKRK in Genf als Partner akzeptiert blieb. Zwar hält er Behauptungen aus der ersten Nachkriegszeit, das DRK sei eine oppositionelle Institution gewesen, für falsch, ist aber der Ansicht, zahlreiche Männer und Frauen seien im "Dritten Reich" dem Roten Kreuz beigetreten, weil sie damit dem Druck ausweichen konnten, in eine der zahlreichen Gliederungen der Partei eintreten zu müssen. Das Rote Kreuz profitierte von dem Zielkonflikt des Regimes zwischen totaler Vereinnahmung und Interessen der Kriegführung und Außenpolitik, und dies trotz der Besetzung aller Führungspositionen durch Partei und SS. Die Staatsnähe war nicht nur ein Problem für das DRK, sondern erwies sich auch als ein gewisser Schutz.

An einigen Stellen überlegt der Verfasser, ob das DRK in den beiden Weltkriegen mit dem Eifer seiner Hilfstätigkeit im Innern dazu beigetragen habe, den Krieg zu verlängern. Man liest es mit Überraschung - und fragt sich, ob er das Prinzip der Bewegung, die von Henri Dunant ausging, wirklich ganz verstanden hat: Leid zu lindern und unnötige Leiden zu mindern. Freilich führt die Rettung verwundeter Soldaten auch dazu, daß in einem längeren Kriege ein Teil von ihnen wieder kampffähig wird. Das Rote Kreuz muß diesen Effekt ignorieren. Neutral zu bleiben ist zwingende Voraussetzung dafür, weiterhin zwischen allen politischen Fronten, auch Heimatfronten, agieren zu können. Humanitäre Hilfe ist zwar etwas Friedliches, aber nicht Friedenspolitik. Es verhält sich mit diesem Unterschied so ähnlich wie mit dem anderen im Völkerrecht zwischen dem ius in bello und der nahezu auf ein Kriegsverbot hinauslaufenden Lehre vom ius ad bellum. Äpfel und Birnen. Die kritische Anmerkung betrifft das Prinzip des Roten Kreuzes. Damit will sie im übrigen dem Rang des Buches keinen Abbruch tun.

GÜNTHER GILLESSEN

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

In "bewundernswerter Weise" fasst das Buch nach Ansicht von Rezensent Günther Gillessen den Ertrag einer Spezialliteratur aus mehr als hundert Jahren zusammen. Ein besonderer Vorzug des Werkes besteht für ihn darin, dass es die Geschichte des DRK auch als Segment der politischen Geschichte Deutschlands begreift. Die Quellenlage bezeichnet Gillesen als schwierig, da das zentrale DRK-Archiv während des Krieges zerstört und verschleppt worden sei. Wichtige Bestände lägen immer noch unzugänglich im Sonderarchiv des russischen Staatspräsidenten. Auch hier wird die akribische Auswertung der zugänglichen Quellen hochgelobt. Überraschend findet der Rezensent das Licht, das auf DRK-Vorläuferbewegungen wie dem "Vaterländischen Frauenverein" Anfang des 19. Jahrhunderts fällt. Besonders die vorwiegend konservative und monarchistische Gesinnung der Organisation habe auf interessante Weise zum Fortschritt in der allgemeinen Gesundheitspflege und der Frauenempanzipation beigetragen. Was die kriegsverlängernde Rolle des DRK durch die Soldatenversorgung in beiden Weltkriegen betrifft, will der Rezensent der Thesenführung des Buches nicht ganz folgen. Insgesamt zieht er seinen Hut vor dem Rang des Buches.

© Perlentaucher Medien GmbH