Antonio Gramscis im Kerker verfaßte Reflexionen gehören zu den außergewöhnlichen intellektuellen Abenteuern des 20. Jahrhunderts. Die Hefte lassen sich als organisches Ganzes aus Fragmenten, als offenes Werk oder work in progress beschreiben, am ehesten aber stellen sie ein Nicht-Buch dar, einen starken, wenngleich vorläufigen Ausdruck der entstehenden Philosophie eines "Massen- oder Kollektivmenschen", der gleichwohl eine "starke individuelle Persönlichkeit und Originalität" zu bewahren versteht. Ein Widerspruch? Gramscis Denken, aufgespannt zwischen systematischem Charakter und rhapsodischem Stil, zwischen Universalität und Relativität, Dialog und Dialektik, läßt sich nur schwer in die Kategorien des Modernen oder Postmodernen einordnen. Es ist die metaphysische Übersetzung einer ganz und gar weltlichen Aktion, eines politischen Engagements.