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'Der Befehl des Souveräns ist Gesetz': In Übereinstimmung mit der frühneuzeitlichen Staatslehre konzipiert Carl Schmitt die Setzung des Rechts als einen imperativen Akt. Hugo von Hofmannsthals Drama 'Der Turm' führt diesen vor und stellt eine Frage, die rechtswissenschaftlich nicht zu beantworten ist: 'Woher - soviel Gewalt?' Auf den Spuren von Georg Simmel und Sigmund Freud sucht Hofmannsthal nach den Quellen einer Befehlsgewalt, die in seinem Trauerspiel der Souverän nicht mehr hat, die als 'geistiger Imperator' aber der Dichter ausüben soll. Diese Idee bestimmt seine Kulturpolitik nach dem…mehr

Produktbeschreibung
'Der Befehl des Souveräns ist Gesetz': In Übereinstimmung mit der frühneuzeitlichen Staatslehre konzipiert Carl Schmitt die Setzung des Rechts als einen imperativen Akt. Hugo von Hofmannsthals Drama 'Der Turm' führt diesen vor und stellt eine Frage, die rechtswissenschaftlich nicht zu beantworten ist: 'Woher - soviel Gewalt?' Auf den Spuren von Georg Simmel und Sigmund Freud sucht Hofmannsthal nach den Quellen einer Befehlsgewalt, die in seinem Trauerspiel der Souverän nicht mehr hat, die als 'geistiger Imperator' aber der Dichter ausüben soll. Diese Idee bestimmt seine Kulturpolitik nach dem Ende des Staates, deren eigenste Problematik in seinem Drama der Souveränität verdichtet zur Darstellung kommt. Der Gedanke einer 'heilsamen Diktatur' der Dichter scheint heute so unwiederholbar wie die juristische Konzeption eines souveränen Gesetzesbefehls. Daß beide Vorstellungen immer wieder erinnert werden, bezeugt ihre bleibende Gegenwärtigkeit. Wie ist nach der Erfahrung des Totalitarismus das Erbe dieser anderen Moderne anzunehmen?
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Autorenporträt
Marcus Twellmann, geboren 1972, ist Koordinator der Forschungsstelle "Kulturtheorie und Theorie des politischen Imaginären" an der Universität Konstanz.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2004

Hofmannsthal im Drama mit Carl Schmitt
Marcus Twellmann souverän / Von Wolfgang Schuller

Wer mit einem Klassiker wie Hugo von Hofmannsthal zusammengespannt wird, muß selber einer sein. Aber ausgerechnet Hofmannsthal, früh gereift, zart und traurig, zusammen mit Carl Schmitt, dem Mann schneidender Definitionen und Unterscheidungen, früh gereift auch er? Zuerst hatte Ingeborg Villinger entdeckt, daß Hofmannsthal kurz vor Abschluß der zweiten, pessimistischen Fassung des "Turm" Schmitts "Politische Theologie" und "Diktatur" gelesen hatte und von den Texten "gefesselt" war. Villinger zog Parallelen zwischen den Vorstellungen Schmitts und den Situationen des Dramas, in denen, vergeblich, versucht wird, die ins Wanken geratene "Souveränität und Einheit" des nach einem vierjährigen verlorenen Krieg zerfallenden Bühnenkönigreichs Hofmannsthals wiederherzustellen - welches zeitgenössische Ereignis den Anstoß dazu gegeben hatte, ist nicht schwer vorzustellen.

Ernst Wolfgang Böckenförde hatte Villingers Arbeit in dieser Zeitung "eine Pretiose" genannt, und ähnliches hat Marcus Twellmann empfunden, für dessen Doktorarbeit sie "den Weg gewiesen hat". Dieser Weg besteht darin, daß für den "Turm" des späten, immer noch zarten und traurigen Hofmannsthal weder Einflüsse noch Abhängigkeiten in bezug auf Carl Schmitt behauptet werden, aber Parallelen und Gleichartiges in der Analyse und Bewertung der politischen Lage. Die Stichworte, die fallen, sind Souveränität, Diktatur, Dezision und Ausnahmezustand, auch Symbol, Repräsentativität und Selbstdarstellung des Staates. Den Versuch der Begründung einer "neuen symbolischen Ordnung des Politischen" in der ersten Fassung des "Turm" hatte kürzlich Uwe Hebekus postuliert. Twellmann erweitert Villingers Untersuchungsgegenstand, indem er Parallelen und Gleichartigkeiten, auch unterschiedliche Konsequenzen nicht nur bei Carl Schmitt, sondern auch bei anderen zeitgenössischen Klassikern sieht, bei Georg Simmel, Hans Kelsen und Sigmund Freud, deren Arbeiten alle von Hofmannsthal gekannt und verarbeitet worden waren; daß Rudolf Borchardt und Stefan George und die konservative Revolution Bezugspunkte darstellen, versteht sich bei Hofmannsthal von selbst.

Alles das leuchtet ein, es hat seine partielle Richtigkeit, wenn Twellmann zum Schluß zugesteht, daß viele der von ihm auseinandergelegten Sachverhalte in den NS-Totalitarismus mündeten. Doch der kleinlaute Ton leuchtet nicht ein, in dem er fragt, ob nicht zu vieles nur als Vorgeschichte des Nazismus betrachtet werde, ob nicht zu bedenken sei, daß "diese Konsequenz nicht die einzig mögliche war". Muß so apologetisch um Rehabilitierung nachgesucht werden? Nicht nur die Anzahl der Publikationen, die sich mit denen befassen, die hier anscheinend noch immer unter Faschismusverdacht stehen, sondern auch deren unbefangenes Zurkenntnisnehmen hat doch längst gezeigt, daß mit solch schüchternem Anklopfen doch um Öffnung vor sehr lange und sehr weit offen stehenden Türen gebeten wird. Unbefangen werden sie und ihre Vorstellungen zur Kenntnis genommen, nicht unter Verkennung der Gefahren, die damit verbunden waren. Waren, nota bene, nicht mehr sind.

Die Klassizität der Sprache Hugo von Hofmannsthals und Carl Schmitts ("vitale Intensität", Hofmannsthal über Schmitt) hat bei diesem aufschlußreichen Buch keine Wirkung ausgeübt. Großartig dagegen die prägnanten Überschriften der Kapitel. An "Nummus Basileus" für Simmels "Philosophie des Geldes" und deren Entsprechungen bei Hofmannsthal hätte Schmitt seine Freude gehabt.

Marcus Twellmann: "Das Drama der Souveränität". Hugo von Hofmannsthal und Carl Schmitt. Wilhelm Fink Verlag, München 2004. 245 S., br., 29,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Marcus Twellmann hatte nicht als erster die Idee, zwischen Carl Schmitt und dem späten Hofmannsthal, insbesondere seinem Drama "Der Turm", Ähnlichkeiten wahrzunehmen. Der Rezensent Wolfgang Schuller nennt die Namen von Autoren, die eine ähnliche Konstellierung bereits versucht haben. Twellmann unternehme allerdings die Erweiterung des Horizonts, indem er auch Sigmund Freud, Georg Simmel und Hans Kelsen in seine Untersuchung mit einbeziehe. Die Resultate, zu denen er dabei kommt, findet der Rezensent durchaus einleuchtend, er bedauert allerdings den "kleinlauten Ton", mit dem der Autor darauf verweist, dass vieles, das er verhandelt, nicht mehr nur als "Vorgeschichte des Nazismus betrachtet" werden sollte. "Aufschlussreich" sei das Buch, obwohl Schuller der Sprache nicht gerade "Klassizität" bescheinigen kann. Die Kapitelüberschriften aber findet er "großartig".

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