Diplomarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Geowissenschaften / Geographie - Wirtschaftsgeographie, Note: 1,3, Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Geographisches Institut), Sprache: Deutsch, Abstract: In Mittel- und Nordostitalien vollzog sich in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg ein bemerkenswerter Wirtschaftsaufschwung. Während die wirtschaftliche Entwicklung im Dreieck Mailand-Turin-Genua in den 1950er und 60er Jahren nach fordistischem Muster verlief, schienen hier andere Gesetze zu gelten: Das Wachstum konzentrierte sich erstaunlicherweise auf eher traditionelle Sektoren wie die Textil-, Schuh- oder Möbelherstellung, und statt großer, vertikal integrierter Konzerne prägten vor allem kleine Familienbetriebe das Geschehen. In den 1970er Jahren entstand die Bezeichnung "Drittes Italien", welche die zentralen und nordöstlichen Verwaltungsregionen im Rahmen der wirtschaftsstrukturellen Gliederung Italiens als eigenen Raum in Abgrenzung zu Nordwesten und Mezzogiorno definiert. Seitdem wuchs das Interesse an der Region merklich und anhaltend gute Wirtschaftsdaten waren die Grundlage für die Entstehung eines Mythos, der das Modell Drittes Italien als europäische Antwort auf die Globalisierung sah und es zum Paradigma regionaler Wirtschaftsförderung erhob. Doch seit einigen Jahren treten nun auch hier krisenhafte Entwicklungen zutage, die das mitunter sehr positive Bild dieses Wirtschaftsraumes angreifen. Es finden Produktionsverlagerungen in Niedriglohnländer statt, einst unabhängige Kleinbetriebe werden von integrierten Großunternehmen aufgekauft und asiatische Produzenten, die vom Label "made in Italy" profitieren wollen, machen den alteingesessenen Betrieben vor der eigenen Haustür Konkurrenz. Gleichsam als Gegenreaktion auf die einstige Verklärung beschwören Autoren wie HADJIMICHALIS (2006) oder BIANCHI (1998) bereits das Ende des Dritten Italien herauf. Aus dieser Divergenz in der Bewertung ergibt sich die Hauptfragestellung der Diplomarbeit: Ziel ist es, durch eingehende Analyse der aktuellen wie früheren Entwicklung zu einer differenzierten Neubewertung des Phänomens Drittes Italien zu kommen. Dabei wird davon ausgegangen, dass ökonomisches Handeln nicht losgelöst vom historisch gewachsenen sozialen Kontext erfolgt. Neben der wirtschaftlichen Analyse soll daher ein breiter Überblick über die soziokulturellen Rahmenbedingungen gegeben werden, vor deren Hintergrund die wirtschaftliche Entwicklung erfolgt. Für die Einordnung und Bewertung der aktuellen Situation ist auch entscheidend, inwieweit die spezifischen gesellschaftlichen Verhältnisse, die einst den Aufstieg des Dritten Italien begünstigten, heute überhaupt noch existieren.
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