• Buch mit Leinen-Einband

13 Kundenbewertungen

An einem heißen Sommertag, gleich nach der Frühmesse,liefert ein Vater seine kleine Tochter bei entfernten Verwandtenauf einer Farm im tiefsten Wexford ab. Seine Frau ist schonwieder schwanger, noch ein Maul wird zu stopfen sein. Sollendie kinderlosen Kinsellas die Kleine also ruhig so lange dabehalten,wie sie wollen ...So findet sich das Mädchen an einem seltsam fremden Ortwieder: Hier gibt es einen Brunnen, der nie austrocknet,Milch und Rhabarber und Zuwendung im Überfluss. Hiergibt es aber auch ein trauriges Geheimnis, das einen Schattenauf die leuchtend leichten Tage wirft, auf diesen…mehr

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Produktbeschreibung
An einem heißen Sommertag, gleich nach der Frühmesse,liefert ein Vater seine kleine Tochter bei entfernten Verwandtenauf einer Farm im tiefsten Wexford ab. Seine Frau ist schonwieder schwanger, noch ein Maul wird zu stopfen sein. Sollendie kinderlosen Kinsellas die Kleine also ruhig so lange dabehalten,wie sie wollen ...So findet sich das Mädchen an einem seltsam fremden Ortwieder: Hier gibt es einen Brunnen, der nie austrocknet,Milch und Rhabarber und Zuwendung im Überfluss. Hiergibt es aber auch ein trauriges Geheimnis, das einen Schattenauf die leuchtend leichten Tage wirft, auf diesen einen glücklichenSommer, in dem das Mädchen lernt, was Familie bedeutenkann. Das dritte Licht ist eine kleine, große Geschichtedarüber, was ein Kind zum Leben braucht.
Autorenporträt
Claire Keegan, geboren 1968, wuchs auf einer Farm in der irischenGrafschaft Wicklow auf. Sie hat in New Orleans, Cardiff undDublin studiert. Im Steidl Verlag sind von der vielfach ausgezeichnetenAutorin bereits die Erzählungsbände Wo das Wasseram tiefsten ist und Durch die blauen Felder erschienen. Für Das dritteLicht erhielt sie den renommierten Davy Byrnes Award. ClaireKeegan lebt in Wexford, Irland.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension

Rezensent Christoph Vormweg gefallen vor allem die leisen Töne in Claire Keegans Roman, der in einer überarbeiteten Neuausgabe erschienen ist und in Irland spielt. Ein kleines Mädchen erzählt aus der Ich-Perspektive seinen Sommer auf dem Hof entfernter Verwandter, wo es staunend Nähe und Zuneigung von den Erwachsenen erfährt, einen Umgang, zu dem ihre Eltern nicht fähig sind. Im Verlauf der Geschichte stellt sich heraus, dass dies auch damit zu tun hat, dass das Paar den eigenen Sohn bei einem Unfall verloren hat, berichtet der Rezensent. Die Beobachtungen des Mädchens gibt Keegan in einer "ganz eigenen poetischen Note" wieder, die neuen Gefühle, die es entdeckt, werden aus kindlicher Perspektive in all ihrer Ambivalenz geschildert, stellt Vormweg beeindruckt fest. Die Übersetzung von Hans-Christian Oeser gibt all das mit hohem Gespür für "metaphorische Sensibilitäten" wieder, lobt der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.04.2013

Ein Sommer, der bleibt
Jeffrey Eugenides und Richard Ford schwärmen für ihre Literatur: Claire Keegan erzählt in "Das dritte Licht" vom Schweigen

Der Originaltitel dieser Erzählung lautet "Foster". "To foster a child" kann sowohl "ein Kind in Pflege geben" wie "ein Kind in Pflege nehmen" heißen, und beides geschieht in dieser neuen Erzählung von Claire Keegan. Die Autorin ist wohl die interessanteste Stimme der gegenwärtigen irischen Literatur, wird aber außerhalb des angelsächsischen Sprachraums noch immer nur zögerlich wahrgenommen, auch bei uns, obwohl der Steidl Verlag ihr Werk von Beginn an auf Deutsch publiziert hat. 2004 erschien der Erzählungsband "Wo das Meer am tiefsten ist" ("Antarctica"), im Jahr 2008 folgte "Durch die blauen Felder" ("Walk the Blue Fields"), und mit Hans-Christian Oeser als Übersetzer hat Keegan eine erstklassige und angemessene deutsche Stimme gefunden.

Das ist in ihrem Fall besonders wichtig, denn diese Autorin arbeitet nicht nur mit der Sprache, sondern auch mit der Pause, dem Verstummen, dem Schweigen. Ihre Erzählungen sind hochmusikalisch, deshalb kommt es auf das genaue Hinhören an, auf die Tonhöhe, in der etwas gesagt wird, auf die Länge der Pause, auf die zarte Andeutung.

Das Schweigen ist in der neuen, hundert Seiten langen Erzählung sogar das alles grundierende Thema. Ein Mädchen, schätzungsweise sieben bis neun Jahre alt, wird von seinen Eltern in den Ferien zu entfernten Verwandten gebracht, die, kinderlos, im County Wexford eine kleine Landwirtschaft betreiben. Der Vater des Mädchens ist ein Trinker, die Mutter schon wieder schwanger, genug Kinder sind bereits da, da ist es eine Erleichterung, wenn die Älteste mal eine Weile weg ist. Am liebsten eigentlich für immer, so hat es das Mädchen einem Gespräch der Eltern vor der Abreise abgelauscht. Für Liebe ist wenig Platz und Kraft übrig in diesem Haushalt.

Der Vater fährt sie also zu den Pflegeeltern, dem Ehepaar Kinsella. Diese Verwandten sind so "entfernt", dass das Mädchen ihre Pflegemutter bis zum Schluss mit "Sie" ansprechen wird und die Erzählerin - das erwachsene Mädchen, das aus der Rückschau erzählt, aber, und das ist wichtig, durchgängig im Präsens - sie immer nur "die Frau" nennen wird. "Den ganzen Tag helfe ich der Frau im Haushalt." Der Mann wird dagegen beim Familiennamen genannt: "Kinsella kommt herein, macht uns allen Tee und trinkt seinen im Stehen, dazu isst er eine Handvoll Kekse, dann geht er wieder hinaus."

Das Mädchen hilft im Haushalt und holt täglich die Post aus dem Briefkasten am Ende der Auffahrt zum Haus. Es darf baden, und zwar in schönem heißem Wasser, das nicht vor ihr schon andere zum Baden benutzt haben, wie sie es von zu Hause gewohnt ist. Die Eltern haben zwar vergessen, ihr Kleidung mitzugeben, aber auch Kinderkleidung gibt es merkwürdigerweise hier im Haus, gebraucht, aber gut, nicht ganz passend, aber passend gemacht. Kurz: Das Mädchen wird aus seiner leichten häuslichen Verwahrlosung herausgeholt und verlebt einen wunderbaren Sommer bei den Kinsellas.

Was es im Haus allerdings nicht geben soll, ist so etwas wie ein Geheimnis. Das wird gleich am Anfang klar, als das Mädchen dieses Wort ganz unschuldig ausspricht. Die Reaktion der Pflegemutter ist ungewöhnlich scharf. "Sie dreht mich zu sich um, damit ich ihr das Gesicht zuwende. Bis jetzt habe ich ihr noch nicht richtig in die Augen gesehen. Ihre Augen sind dunkelblau und mit anderen Blautönen gesprenkelt. In diesem Licht hat sie einen Damenbart. - ,In diesem Haus gibt es keine Geheimnisse, hörst du?'"

Diese heftige Reaktion, deren Nuancen Keegan im Fortgang des Dialogs noch etwas ausmalt, weist natürlich darauf hin, dass es doch ein Geheimnis gibt, und das hängt mit der Kinderkleidung im Haus zusammen. Die Kinsellas hatten einen Jungen, der in einer Jauchegrube ertrunken ist. Das darf hier deshalb verraten werden, weil dies eben nicht das skandalöse, tragische Zentrum des Buches ist. Claire Keegan umgeht alle schrillen Effekte und dramatischen Möglichkeiten, die man aus der Konstellation herausholen könnte: die tendenzielle Verwahrlosung, die das Kind zu Hause bei den leiblichen Eltern erfährt, das Unglück, das die Kinsellas getroffen hat, das wird so sparsam wie möglich und mit so wenig Worten wie möglich abgehandelt. Es gibt keine Auseinandersetzungen mit den Pflegeeltern, auch keine Weigerung, am Ende der Ferien nach Hause zurückzukehren, schließlich keine ausgesprochenen Konflikte zwischen den beiden erwachsenen Paaren.

Diese großartige Erzählung spricht in ihrem Kern tatsächlich vor allem von einem schönen, einem glücklichen Sommer, den ein Mädchen bei Pflegeeltern verbringt, bei denen es neue Erfahrungen macht. Auch diese, und das ist schon fast die expliziteste Stelle im ganzen Buch: "Kinsella nimmt meine Hand in seine. Ich merke, dass mein Vater kein einziges Mal meine Hand gehalten hat, und ein Teil von mir will, dass Kinsella mich loslässt, damit dieses Gefühl vergeht. Es ist ein hartes Gefühl, aber als wir weitergehen, beruhige ich mich und lasse den Unterschied zwischen meinem Leben zu Hause und dem, das ich hier führe, auf sich beruhen."

Das tut das Kind, um in der Gegenwart dieses Sommers zu bleiben. Die Erzählerin, die Erzählung lassen den Unterschied natürlich nicht auf sich beruhen. Das Ende ist sehr offen, das darf nun wirklich nicht verraten werden. Auch da aber wird einfach erzählt, nicht bewertet. Erzählen kann Claire Keegan so gut, dass Richard Ford der Keimzelle dieser Novelle, einer Kurzgeschichte im "New Yorker", den hochdotierten Davy Byrnes Irish Writing Award gab. Und Jeffrey Eugenides schrieb: "Herzzerreißend, jedes einzelne Wort steht am richtigen Platz, und alles ist voller Doppeldeutigkeiten." In einem Literaturbetrieb, in dem die Stimmen von Stars wichtiger sind als alles andere, zitiere ich das gern. Vielleicht veranlasst es den einen oder anderen, zur deutschen Ausgabe von Claire Keegans bisherigem Meisterstück zu greifen. Die öffentlichkeitsscheue Autorin selbst gehört nämlich zu denen, bei denen Klappern nicht zum Handwerk gehört. Auch das macht die Qualität ihrer Prosa aus.

JOCHEN SCHIMMANG

Claire Keegan: "Das dritte Licht". Erzählung.

Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser. Steidl Verlag, Göttingen 2013. 100 S., geb., 16,- [Euro].

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»Die Drastik des Bandes ist stilecht, erschütternd, und ich finde, das ist ein überragendes Werk.« Deutschlandfunk Kultur