Dies war mein erstes Buch von Michael E. Vieten, daher war ich gespannt darauf, was mich erwarten würde. Im Großen und Ganzen war ich positiv überrascht - mit kleineren Abstrichen. Die Geschichte zog mich schnell in ihren Bann und hielt mich dann mit interessanten Wendungen und spannenden Einfällen
bis zum Schluss mühelos gefangen. Dennoch gab es ein paar Dinge, die mich gestört haben.
Die…mehrDies war mein erstes Buch von Michael E. Vieten, daher war ich gespannt darauf, was mich erwarten würde. Im Großen und Ganzen war ich positiv überrascht - mit kleineren Abstrichen. Die Geschichte zog mich schnell in ihren Bann und hielt mich dann mit interessanten Wendungen und spannenden Einfällen bis zum Schluss mühelos gefangen. Dennoch gab es ein paar Dinge, die mich gestört haben.
Die Protagonistin, Christine Bernard, war mir direkt sympathisch. Sie ist ehrgeizig, dabei aber auch mitfühlend. Ihr Beruf hat sie noch nicht abgestumpft, und so vergießt sie die ein oder andere Träne, kann und will keine professionelle Distanz wahren und macht sich dadurch angreifbar.
Ich finde es gut, wenn ein Charakter nicht perfekt ist, aber manchmal reizt Christine das richtig aus! Sie verrennt sich total, schießt sich gegen alle Vernunft auf einen bestimmten Tatverdächtigen ein und ist danach völlig blind und taub für jeden anderen Ansatz. Im ganzen Buch zieht sie immer wieder voreilig Schlüsse und verfällt danach in sturköpfiges Scheuklappendenken. Da habe ich oft ungläubig den Kopf geschüttelt!
Ich hatte schnell das Gefühl, die verschiedenen Protagonisten zu kennen. Sie werden detailliert beschrieben, mit ihren Schrullen und Marotten, und erschienen mir vielschichtig und (meist) glaubwürdig.
Den Schreibstil fand ich sehr angenehm und abwechlungsreich, immer passend zu Stimmung und Atmosphäre der jeweiligen Szene: manche Szenen sind eher nüchtern geschrieben, mit kurzen, emotionslosen Sätzen, in anderen finden sich fast schon poetische Formulierungen.
Gelegentlich fand ich die Dialoge jedoch etwas zu förmlich, und was mich immer wieder stutzen ließ: die verschiedenen Charaktere werden auffallend oft mit vollem Namen oder Berufsbezeichnung benannt. Da ist Christine selten einfach nur Christine, meistens ist sie entweder Christine Bernard oder Kommissarin Bernard, auch wenn sie gerade erst einen oder zwei Sätze davor erwähnt wurde. Für mich hat das den Lesefluss gelegentlich empfindlich gestört. Eigentlich kennt man als Leser die wichtigsten Charaktere doch so weit, dass man nicht immer wieder daran erinnert werden muss, wer sie sind, gerade wenn sie, wie hier, lebendig und gut beschrieben wurden.
Manchmal hatte ich den Eindruck, dass die Ermittlungen eher chaotisch und planlos verlaufen. Die Kommissare stolpern durch einige Szenen wie kopflose Hühner und kommen zum Beispiel gar nicht auf den Gedanken, mal die Großeltern des Kindes zu verhören - bis sie denen zufällig begegnen. Überhaupt finden sie Vieles nur durch Zufall heraus, lassen sich erstaunlich einfach von Tatverdächtigen überrumpeln und begehen wirklich dämliche Fehler - da vergisst ein Einsatzkommando schon mal die Nachtsichtgeräte zuhause, und ein Kommissar lässt sein Auto unverschlossen am Straßenrand stehen...
Nicht alles machte in meinen Augen 100%igen Sinn. Zum Beispiel wird eine Person stundenlang bei gravierenden Minusgraden eingesperrt, liegt davon einen Großteil bewusstlos auf dem eisigen Boden, hat dann aber weder Erfrierungen noch andere schwerwiegende Schäden. Und obwohl vermutet wird, dass die Person vorher vom Täter betäubt wurde, veranlasst niemand, dass das Betäubungsmittel im Krankenhaus mal abgeklärt wird!
Das klingt jetzt alles ein bisschen negativ, aber tatsächlich fand ich das Buch sehr unterhaltsam und spannend. Ich wollte unbedingt herausfinden, wer denn nun der Mörder ist, und trotz der Dinge, die mich gestört haben, hat es mir viel Spaß gemacht, "Das Eisrosenkind" zu lesen.
Mit der Auflösung war ich allerdings nur so halbwegs zufrieden, denn ein paar Zufälle erschienen mir dann doch zu weit hergeholt... Außerdem wird die Geschichte für mein Empfinden künstlich herausgezögert: eigentlich ist der Täter schon so gut wie gefasst, aber dann beginnt für die Polizisten eine Reihe von Pleiten, Pech und Pannen - zum Beispiel wird Christine von einem Reh umgerannt (!!) und verliert dabei ihre Waffe.