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Schlaglichter einer globalen Katastrophe: In Indien bricht die Pest aus. Ärzte fliehen aus Angst vor Ansteckung, die Behörden erklären die Stadt Surat zum Sperrgebiet. Tausende von Menschen sterben aus Unwissenheit in einem Land mit einem der höchsten Rüstungsetats der Welt. In Zaire, der heutigen Volksrepublik Kongo, und in Uganda greift 1995 das EbolaVirus um sich. Die Sterbenden bringt man in die überfüllten Krankenhäuser des unterentwickelten Landes, wo die Viren monatelang wie in einem Inkubator auf andere Patienten übergreifen. In den Ländern der ehemaligen Sowjetunion trifft Laurie…mehr

Produktbeschreibung
Schlaglichter einer globalen Katastrophe: In Indien bricht die Pest aus. Ärzte fliehen aus Angst vor Ansteckung, die Behörden erklären die Stadt Surat zum Sperrgebiet. Tausende von Menschen sterben aus Unwissenheit in einem Land mit einem der höchsten Rüstungsetats der Welt. In Zaire, der heutigen Volksrepublik Kongo, und in Uganda greift 1995 das EbolaVirus um sich. Die Sterbenden bringt man in die überfüllten Krankenhäuser des unterentwickelten Landes, wo die Viren monatelang wie in einem Inkubator auf andere Patienten übergreifen.
In den Ländern der ehemaligen Sowjetunion trifft Laurie Garrett auf umweltverseuchte sibirische Städte, tuberkulöse Gefängnisse, biologische Kriegslaboratorien aus der Zeit der UdSSR, Heime für verwahrloste Kinder und Jugendliche ohne jede medizinische Versorgung oder Vorsorge, defekte Operationssäle und Klinikräume. Ihren Bericht über die Lage in diesen Ländern, packende Reportage und eindringliche Analyse zugleich, vergisst man nicht.
Eine Gefahr han sich bislang noch nicht vergegenwärtigt: die Entwicklung biomedizinischer Waffen, die einzelne Regime ihre Forscher durch Viren und Bakterien schon entwickeln lassen und gezielt einsetzen könnten. Wenn die Gesundheit der Welt davon abhinge, jedem ihrer Bewohner ein einziges Glas reines Wasser zu trinken zu geben, so würde sie schon daran scheitern. Über zwei Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu reinem Trinkwasser.
In den USA wird die medizinische Versorgung immer stärker einkommensabhängig. Medizinische Fortschritte kommen nur wenigen zugute, während die anderen von Behandlung und Prävention ausgeschlossen bleiben, eine Kluft, die sich im globalen Maßstab zwischen den reichen Ländern des Nordens und den armen Ländern des Südens wiederholt.
Dies ist eines der wichtigsten Bücher der letzten Jahre. Die gegenwärtige Situation ist katastrophal. Aber die Zukunft wird noch größere Katastrophen bringen: Unser Leben bedrohen Viren, Bakterien, Seuchen und neue unheilbare Krankheitene vor keiner Grenze dieser Welt Halt machen.
Autorenporträt
Laurie Garrett studierte Biologie mit dem Schwerpunkt Bakteriologie und Immunologie. Diese Fächer wurden zum Zentrum ihrer Arbeit, seit sie für die Zeitschrift "Newsday" als Wissenschaftsjournalistin arbeitet. Ihr vielfach preisgekröntes Buch Die kommenden Seuchen wurde noch im Jahr des Erscheinens mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet und kam 1994 auf Deutsch heraus. In Amerika wurde The Coming Plague über 300 000 Mal verkauft.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.04.2001

An Latex soll die Welt genesen
Sauberkeit ist eine Zier: Laurie Garrett warnt vor neuen Seuchengefahren und plädiert für eine globale Gesundheitsvorsorge

Das neueste Buch der mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten amerikanischen Medizinjournalistin Laurie Garrett liefert zwar keinen Bericht über "die medizinische Lage in der Welt", wie der Untertitel der deutschen Übersetzung verspricht. Das mindert aber nicht den Wert dieser aufrüttelnden Reportage über die epidemiologischen Gefahren, die inzwischen die Gesundheit jeder Nation bedrohen. Während Deutschland immer noch über ein verzweigtes und trotz aller Klagen durchaus funktionierendes öffentliches Gesundheitswesen verfügt, sieht dies in vielen Staaten (darunter auch Industrienationen) anders aus. In Ländern, die einst mit Recht stolz auf ihre medizinischen Leistungen sein konnten, haben sich im vergangenen Jahrzehnt zum Teil dramatische Veränderungen ergeben, allen voran in der ehemaligen Sowjetunion, deren als Errungenschaft des Sozialismus gepriesenes Gesundheitssystem fast völlig zusammengebrochen ist. Dort breiten sich Volksseuchen wie Tuberkulose, Syphilis und Diphtherie wieder ungehemmt aus. Auch in den Vereinigten Staaten, die regelmäßig Nobelpreise für Medizin einheimsen und auf vielen Gebieten der medizinischen Forschung weltweit führend sind, steht es inzwischen mit dem öffentlichen Gesundheitswesen nicht mehr zum besten. In manchen Bundesstaaten wie North Carolina und einigen amerikanischen Großstädten wie New York gibt es epidemiologische Probleme, die man ansonsten nur in der Dritten Welt beobachten kann.

Garretts engagiertes Plädoyer für eine globale Perspektive der Gesundheitsfürsorge beginnt mit einem Rückblick auf den jüngsten Ausbruch der Pest in Indien im Jahre 1994 - einer Seuche, die in Europa seit dem 18. Jahrhundert nicht mehr aufgetreten ist, aber auf dem indischen Subkontinent und in Asien im 20. Jahrhundert noch mehrmals Angst und Panik verbreitet und Tausende von Todesopfern gekostet hat. Was 1994 in der indischen Stadt Surat passierte, könnte einem Lehrbuch für Medizingeschichte entnommen sein: der Zusammenhang zwischen Pest und Armut, die panische Reaktion der Bevölkerung, die Flucht der Elite und des medizinischen Personals, die Reaktionen der Nachbarstaaten (von Quarantäne- bis hin zu Boykottmaßnahmen), die Verschwörungstheorien und schließlich die enormen wirtschaftlichen Folgen, die in keinem Verhältnis zu der Zahl der nachweislich an der Pest gestorbenen Einwohner - es waren 192 - stehen. Experten bezifferten die Einnahmeausfälle im Tourismus und im Handel auf 1,3 Milliarden Dollar. Doch nicht nur der indischen Gesundheitsbürokratie stellt Garrett, die vor Ort sehr sorgfältig recherchiert hat, ein Armutszeugnis aus. Auch die für die Seuchenkontrolle zuständigen Behörden westlicher Länder werden von der Autorin kritisiert, weil sie einerseits einfache Verhaltensvorschriften nicht beachtet haben und andererseits in wenig hilfreichen Aktionismus verfielen.

Was oft einfache hygienische Grundregeln in Verbindung mit ausreichender Ernährung und guter Trinkwasserversorgung auszurichten vermögen, zeigt das Kapitel über die Ebola-Epidemie in Kikwit (Kongo). Garretts Darstellung unterscheidet sich wohltuend von den reißerischen Schilderungen dieses Seuchenausbruchs, die 1995 in der Weltpresse zu lesen waren und oft mehr mit dem Thriller "Hot Zone" als mit seriösem Journalismus gemeinsam hatten. Ihre Reportage macht deutlich, wie gefährlich dieser gefürchtete Virus tatsächlich ist und wie einfach doch im Grunde seine Eindämmung und Bekämpfung ist, wenn man das Einmaleins der Epidemiologie beherrscht, einfache Latexhandschuhe und Schutzkleidung trägt sowie durch systematisches und planvolles Vorgehen die Infektionskette aufspürt und unterbindet. Doch dazu war und ist das öffentliche Gesundheitswesen im ehemaligen Zaire ohne massive ausländische Hilfe nicht in der Lage. Während die Industrienationen im Durchschnitt zwölf Prozent ihres Staatshaushalts für den Gesundheitssektor verwenden, ist es in diesem afrikanischen Land gerade einmal ein Prozent.

Afrika ist für viele Deutsche weit weg, und die dramatische Ausbreitung von Aids auf diesem Kontinent führt höchstens zu einer größeren Spendenbereitschaft. Wir verschließen aber auch die Augen vor dem, was sich fast unmittelbar vor unserer Haustür abspielt, nämlich eine sehr ernst zu nehmende epidemiologische Gefahr, die von dem maroden Gesundheitssystem der ehemaligen Sowjetunion ausgeht. Nicht nur der Alkoholismus und die steigende Selbstmordrate sind inzwischen für Rußland zu einem großen sozialen, wirtschaftlichen und demographischen Problem geworden. Epidemiologen aus aller Welt sehen mit Sorge, wie sich überall in den GUS-Staaten Seuchen, die man bislang weitgehend unter Kontrolle halten konnte, rasant ausbreiten und jährlich Hunderttausende von Todesopfern fordern. In der Ukraine gab es vor 1994 lediglich 294 Fälle von HIV-Infektion. Zwei Jahre später wurden bereits siebentausend neue Fälle registriert. Nach Schätzungen von Experten wird es bald zwanzigtausend Aids-Fälle in diesem Land geben - eine erschreckende Zahl.

Noch mehr Sorge bereitet der Weltgesundheitsorganisation WHO aber das Wiederaufleben fast besiegt geglaubter Volksseuchen. Die Zahl der Syphilis-Fälle hat sich in den 1990er Jahren in der Russischen Föderation verfünfzigfacht. Nicht weniger besorgniserregend ist die Zunahme der Tuberkulose, die auf die Verarmung breiter Bevölkerungsschichten zurückzuführen ist. Besonders in den überfüllten russischen Gefängnissen finden therapieresistente Tbc-Erreger einen guten Nährboden. Was auch westliche Gesundheitsexperten mit Schrecken erfüllt, ist die Tatsache, daß viele dieser infizierten Häftlinge, bei denen Antibiotika nicht mehr anschlagen, ungeheilt in ein praktisch nicht mehr existierendes staatliches Gesundheitssystem entlassen werden.

Fachleute rechnen damit, daß in wenigen Jahren in Rußland über 1,7 Millionen Menschen jährlich an Tuberkulose sterben werden. Wer dann noch das glänzend recherchierte Kapitel über die unzureichende Aufbewahrung und Sicherung todbringender, gegen Antibiotika resistenter Mikroben liest, die in russischen Labors für biologische Kriegführung entwickelt wurden, der dürfte keinen Zweifel mehr daran haben, daß die "asiatische Hydra", als die man einst die Cholera bezeichnet hat, nichts ist im Vergleich zu der epidemiologischen Zeitbombe, die in den Städten und Steppen der ehemaligen Sowjetunion tickt.

Der Leser wünscht sich nach der Lektüre, daß sich Politiker und Gesundheitsbehörden in aller Welt an eine Grundweisheit erinnern mögen, die der Medizinnobelpreisträger Joshua Lederberg einmal formuliert hat: "Daß die Gesundheit jeder einzelnen Nation von der aller anderen abhängt, ist kein frommer, leerer Wunsch, sondern ein epidemiologisches Faktum."

ROBERT JÜTTE.

Laurie Garrett: "Das Ende der Gesundheit". Bericht über die medizinische Lage der Welt. Aus dem Englischen von Thorsten Schmidt, Ulrich Enderwitz, Rolf Schuber, Monika Noll und Bernd Leinsweber. Siedler Verlag, Berlin 2001. 541 S., geb., 48,- DM.

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Zuviel des Guten meint der Rezensent Werner Bartens und hätte das vorliegende Buch gerne bei Seite 258 - knapp der Hälfte seines Umfangs - geschlossen. Denn bis dahin bescheinigt er der Autorin einen tadellosen Beitrag im besten Sinne einer "gut recherchierten Aufklärung" geleistet zu haben. "Umfangreiches Wissen über Infektionswege und Keimnachweise" erhält der Leser und damit nicht genug: "Der Autorin gelingt es, den Zusammenhang von Armut und Krankheit, politischer Entwicklung und Vorsorge anschaulich zu machen", lobt der Rezensent. Dies gilt aber eben nur bis Seiten 258. Bis hierhin ein "spannend geschriebener und gut recherchierter Beitrag über die Ausbreitung von Epidemien in politisch wie wirtschaftlich instabilen Regionen." Der Rest, der von Amerika und biologischen Waffen handelt, so der Rezensent, ersticke in "Zahlenhuberei" und vor allem in dem etwas anmaßenden Anspruch der Autorin, "die medizinische Lage der Welt" erklären zu wollen. Manchmal scheint weniger wohl doch mehr zu sein, zumindest für den Rezensenten.

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