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Ob wir spazieren gehen, einkaufen oder uns unterhalten - ständig teilen wir die Lebewesen und Dinge, die uns umgeben, ein in verschiedene Kategorien: Bäume und Blumen, Milchprodukte und Gemüse, sympathische Menschen und unsympathische. So schaffen wir Ordnung und finden uns in der Welt zurecht wie in einer Bibliothek - alles hat seinen Platz. Diese Ordnung kommt ins Wanken, sagt David Weinberger. Unser Denken in festen Kategorien führt uns auf Dauer nicht weiter, wir müssen lernen, mit Chaos, Unordnung und Unschärfe umzugehen. Nur so lässt sich verstehen, warum Projekte wie Wikipedia…mehr

Produktbeschreibung
Ob wir spazieren gehen, einkaufen oder uns unterhalten - ständig teilen wir die Lebewesen und Dinge, die uns umgeben, ein in verschiedene Kategorien: Bäume und Blumen, Milchprodukte und Gemüse, sympathische Menschen und unsympathische. So schaffen wir Ordnung und finden uns in der Welt zurecht wie in einer Bibliothek - alles hat seinen Platz. Diese Ordnung kommt ins Wanken, sagt David Weinberger. Unser Denken in festen Kategorien führt uns auf Dauer nicht weiter, wir müssen lernen, mit Chaos, Unordnung und Unschärfe umzugehen. Nur so lässt sich verstehen, warum Projekte wie Wikipedia funktionieren, warum YouTube, Flickr und iTunes so populär und erfolgreich sind. Das ist nicht weniger als eine Revolution: Denn auf einmal verlieren Experten ihre Macht, soziale Netzwerke werden immer einflussreicher, Kunden und Bürger entscheiden selbst, weil sie am besten wissen, was sie wollen. Jeder besorgt sich genau die Informationen, die er braucht, und bringt sie in die Ordnung, die ihm am besten nützt. Ein faszinierendes Panorama der digitalen Welt von einem der profiliertesten Internet-Vordenker.
Autorenporträt
David Weinberger forscht und lehrt am Berkman Center for the Internet & Society in Harvard, er schreibt für Zeitschriften wie 'Wired' und 'Harvard Business Review' und viele Tageszeitungen. Er schrieb sieben Jahre lang für Woody Allen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.08.2008

Wirtschaftsbuch
Kopf über Wasser in der Datenflut
Vor einem viertel Jahrhundert prophezeite der US-Zukunftsforscher John Naisbitt, die Welt von morgen werde in Informationen ertrinken und nach Wissen dürsten. Heute ist diese Zukunft real. Das weltweite Netz wächst täglich um schätzungsweise sieben Millionen neue Internetseiten, und mit der Datenflut steigt auch die Konfusion der Nutzer. Für David Weinberger ist die Unordnung im digitalen Raum jedoch kein Makel. Aufräumen, so die These des amerikanischen Web-Philosophen, nützt nur im begrenzten Raum der physischen Welt. Im grenzenlosen virtuellen Universum dagegen ist das Durcheinander die erfolgreichere Strategie.
Der Online-Musikladen iTunes etwa, ein ungeordneter Haufen von etwa 3,5 Millionen Songtiteln, verzichtet bewusst auf ein ausgefeiltes Klassifikationssystem. Stattdessen können die Nutzer individuelle Abspiellisten zusammenstellen, eigene Kategorien schaffen und alle anderen an der eigenen Musiksortierung teilhaben lassen. Das Prinzip ist auf vielen digitalen Marktplätzen üblich: nicht die Anbieter, sondern die Kunden bringen Ordnung in das Informationsangebot – nach individuellen Vorstellungen und für alle anderen Nutzer sichtbar. Diese neue Art der Wissensorganisation, so Weinberger, funktioniert deshalb so gut, weil das Internet kein seelenloses Datensilo ist, vielmehr ist es ein soziales Medium. Es bringt Menschen miteinander ins Gespräch, fördert den freien Wissensaustausch und verlagert die Deutungsmacht von der Zentrale an die Basis.
Wie kreativ die Internetnutzer bei der Selbstorganisation des Wissens sind, belegt der Web-Visionär mit einer Fülle von Beispielen. Bei Delicious.com etwa listen die Nutzer ihre favorisierten Webseiten auf und verschlagworten sie mit Begriffen, um sich selbst und anderen das Suchen und Finden zu erleichtern. Wer ein Stichwort eingibt, erhält neben der eigenen Liste nämlich auch alle Seiten, die andere mit diesem Wort versehen haben. Dieses sogenannte Tagging oder Bookmarking ist eine sehr freie und dennoch effektive Möglichkeit, Inhalte zu ordnen, und zwar ohne Verwendung von starren Kategorien, hierarchischen Taxonomien und normativen Vorgaben.
Womit Weinberger den Kern der digitalen Wissensrevolution benennt. Es geht um das Ende der Definitionshoheit, der Beglaubigungsinstanzen und des Schubladendenkens, kurz: um das Ende des traditionellen Wissensbegriffs. Über Jahrhunderte war das Ordnen des Wissens Expertensache, ebenso die Bewertung, welches Wissen wahr und wichtig war. Wissen aber ist von Natur aus mehrdeutig und vielfältig, es ist ungeregelt und veränderlich, subjektiv und verhandelbar. In der unordentlichen Vielfalt des Webs kann sich diese Wissensqualität nun frei entfalten. Wissen, so der Autor, wird zum sozialen Akt: „Es ist nicht nur in unseren Köpfen, sondern zwischen uns.” Davon können Unternehmen und Bildungsinstitutionen profitieren, wenn sie Vielfalt zum Imperativ machen und einen größtmöglichen Austausch zwischen allen Wissensträgern zulassen. Nicht das Rechthaben ist gefragt, sondern der offene Austausch unterschiedlicher Standpunkte.
David Weinberger beschreibt, wie sich das Bild von Wissen und damit auch das Bild von der Welt derzeit verschiebt. In der digitalen Infrastruktur wird das Wissen aus dem Elfenbeinturm befreit und zur Massenware ausgewildert. „Wissen bedeutet nicht mehr, das Einfache zu sehen, sondern im Komplexen zu schwimmen”, schreibt er. Das bewahrt vor dem Ertrinken in der Datenflut und stillt den Durst nach Wissen. Gundula Englisch
David Weinberger: Das Ende
der Schublade. Die Macht der
neuen digitalen Unordnung.
Carl Hanser Verlag, München 2008, 320 Seiten, 19,90 Euro.
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