Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.10.1997Lametta lasziv
"Wer ein üppiges Mahl genossen hat, bedarf der sinnlichen Erheiterung, wer sich vom literarischen Bankett erhoben hat, besuche das erotische Kabinett": Mit dieser Empfehlung lädt Heinz Ludwig Arnold, Mitarbeiter im Literaturblatt dieser Zeitung, den Leser zu einem Spaziergang durch die "sieben Nischen" seines unzüchtigen Etablissements ein. Dort erwartet den Flaneur ein Kaleidoskop lüsterner Literaten: Paul Fleming tut auf barocke Weise kund, "wie er wolle geküsset sein" (nämlich "nicht mit gar zu fauler Zungen"), Frank Wedekind läßt "Ilse" ihre Defloration schildern ("als ich zum erstenmal erfahren / wie süß der Liebe Freuden sind"), und Joseph von Westphalen erzählt, wie "Lametta Lasziv" einen "brüllenden Literaturkritiker" befriedigt, nachdem dieser sich durch die Lektüre einer "kiloschweren Weihnachtsliteraturbeilage" in Stimmung gebracht hat. Goethe, Heine und August Graf von Platen tragen ebenso ihr Scherflein zum derben Textkorpus bei wie Brecht, Tucholsky und Robert Gernhardt. Von den "Priapischen Oden" der Herren Bürger, Voss und Stolberg bis hin zu F.W. Bernstein, der "aus dem Schmatzkästlein des schweinischen Hausfreundes" plaudert, gibt die deutsche Literaturgeschichte Horst Bienek recht, der am Schluß des - von Tomasz Jura mit zahlreichen "Stellungsvorschlägen" illustrierten - Bandes resümiert: "ich glaub / lieber Arnold / jeder seriöse autor / möchte vertreten sein / in einer anthologie pornographischer literatur . . .". ("Das erotische Kabinett". Eingerichtet von Heinz Ludwig Arnold. Gustav Kiepenheuer Verlag, Leipzig 1997. 224 S., geb., 39,90 DM.) F.A.Z.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Wer ein üppiges Mahl genossen hat, bedarf der sinnlichen Erheiterung, wer sich vom literarischen Bankett erhoben hat, besuche das erotische Kabinett": Mit dieser Empfehlung lädt Heinz Ludwig Arnold, Mitarbeiter im Literaturblatt dieser Zeitung, den Leser zu einem Spaziergang durch die "sieben Nischen" seines unzüchtigen Etablissements ein. Dort erwartet den Flaneur ein Kaleidoskop lüsterner Literaten: Paul Fleming tut auf barocke Weise kund, "wie er wolle geküsset sein" (nämlich "nicht mit gar zu fauler Zungen"), Frank Wedekind läßt "Ilse" ihre Defloration schildern ("als ich zum erstenmal erfahren / wie süß der Liebe Freuden sind"), und Joseph von Westphalen erzählt, wie "Lametta Lasziv" einen "brüllenden Literaturkritiker" befriedigt, nachdem dieser sich durch die Lektüre einer "kiloschweren Weihnachtsliteraturbeilage" in Stimmung gebracht hat. Goethe, Heine und August Graf von Platen tragen ebenso ihr Scherflein zum derben Textkorpus bei wie Brecht, Tucholsky und Robert Gernhardt. Von den "Priapischen Oden" der Herren Bürger, Voss und Stolberg bis hin zu F.W. Bernstein, der "aus dem Schmatzkästlein des schweinischen Hausfreundes" plaudert, gibt die deutsche Literaturgeschichte Horst Bienek recht, der am Schluß des - von Tomasz Jura mit zahlreichen "Stellungsvorschlägen" illustrierten - Bandes resümiert: "ich glaub / lieber Arnold / jeder seriöse autor / möchte vertreten sein / in einer anthologie pornographischer literatur . . .". ("Das erotische Kabinett". Eingerichtet von Heinz Ludwig Arnold. Gustav Kiepenheuer Verlag, Leipzig 1997. 224 S., geb., 39,90 DM.) F.A.Z.
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