Ein Evangelium ohne die Frohe Botschaft Christi
Der Autor sagt zwar über sich im dritten Teil seines Buches "Das Evangelium nach Pilatus", er habe in der Sahara seinen Glauben empfangen, dessen Spiritualität sich nach langer, eingehender Prüfung als christlich erweise (S.257), doch stimme ich dem
Attribut 'christlich' nicht zu. Wer sagt, er sei von der Gestalt Jesu besessen und habe diese…mehrEin Evangelium ohne die Frohe Botschaft Christi
Der Autor sagt zwar über sich im dritten Teil seines Buches "Das Evangelium nach Pilatus", er habe in der Sahara seinen Glauben empfangen, dessen Spiritualität sich nach langer, eingehender Prüfung als christlich erweise (S.257), doch stimme ich dem Attribut 'christlich' nicht zu. Wer sagt, er sei von der Gestalt Jesu besessen und habe diese Besessenheit später sein Christentum genannt (S.296), das Leben Christi sei zu kurz (S.272) und: "es gibt Wahrheiten" (S.295), der weist sich so in seinem Denken kaum als spirituell noch als Christ aus, sondern als leichtfertig und oberflächlich. Wer die Ewigkeit des Lebens Christi als zu kurz bezeichnet, der deutet das Leben irdisch, also gerade nicht spirituell. Wer meint, da seien mehrere Wahrheiten, hat den Christus als die einzige Wahrheit nicht erschlossen und unterlässt dem zur Folge auch die Bedenkung der Implikationen einer Pluralisierung der Wahrheit ("Die eine Wahrheit gibt es nicht; deshalb gibt es keine."(S.248)). Ergo ist nach Pilatus kein ewiger Christus, nur ein sterblicher Jeschua. Wo ist also die Frohe Botschaft?
Er habe zwei neue Evangelien geschrieben, sagt Schmitt (S.289), weil er dem "Evangelium nach Pilatus" das "Evangelium der Olivenbäume" voranstellt, das den ersten Teil des Buches bildet. Aber hier, in der Beschreibung des Szene des Jeschua im Garten Gethsemane in Erwartung der Häscher, wird nur ein Teil der Leidens- oder Passionsgeschichte Jesu neuerlich dargestellt, aber wiederum ohne erkennbare Frohe Botschaft, sprich: ohne Evangelium. Statt dessen wird von Angst bis Zweifel alles durchgespielt, was zwar menschlich verständlich ist, jedoch ohne Tröstung durch den Geist bleibt. Das letzte Wort dieses Pseudoevangeliums ist "Mein Vater, warum hast du mich verlassen?", ohne den Kontext des ganzen Psalms 23 zu würdigen, der in Hoffnung im Sinne einer positiven Gewissheit mündet.
Auch im Hauptteil bleibt lediglich der Titel als Anzeichen eines "Evangeliums", der Inhalt jedoch ist Passion mit einem Hauch Kriminologie und verfälschter Historie in Folge mangelhafter Recherche. Hier brüstet sich der erbarmungslose Judenhasser, -quäler und -mörder Pilatus, er habe den römischen Statthalter gespielt, der gerecht und unparteiisch auftreten müsse (S.246), hingegen habe Jeschua die Rolle des Opfers eines Justizirrtumes gespielt. Dieser Jeschua habe traurig und niedergeschlagen gewirkt, wie verbittert von der Einsicht in sein Scheitern (S.247). "Dieser Mann hatte Zweifel" (S.248). Ist daraus die Frohe Botschaft der Unschuld auch der scheinbar schlimmsten Sünder zu gewinnen?
"Was habe ich verstanden?" fragt sich Pilatus bezüglich der Lehre Jeschuas (S.245); "Nichts" ist seine eigene Antwort. Ist das die Frohe Botschaft?
Diese besteht doch nicht in der Passion Jesu, sondern in der Weisung des Weges aus der Hölle der Angst und der Schuld hinaus. Wer kann sich wehrlos kreuzigen lassen? Der Zweifelnde gewiss nicht, denn er wird sich aus Angst wehren, zu fliehen suchen, kämpfen, klagen, und seinen Nächsten nicht lieben, sondern ihm Schuld zuweisen. Einzig der Getröstete, der den Weg heim zur LIEBE erkennt, mag sich wehrlos und schuldzu-weisungslos kreuzigen lassen, dessen letztes Wort dann nicht aus einer hohlen Klage der vermeintlichen Verlassenheit vom Vater besteht, sondern in der liebevollen Verheißung zum Bruder: "Amen, ich sage dir: noch heute wirst du mit mir im Paradies sein!"