Das Frankfurter Holzhausenviertel gilt unter den zahlreichen Villengebieten der Mainmetropole als bevorzugtes Wohnquartier und dies nicht allein deshalb, weil es sich um den historischen Park der bedeutendsten Patrizierfamilie der Stadt mit Weiher und Wasserschloss gruppiert: Als grüne und ruhige Enklave des Nordends, der flächenmäßig größten Vorstadt, zeichnet es sich aus durch ca. 700 noble Einfamilien- und Etagenhäuser, deren Entwürfe mehr als 250 Architekten lieferten, darunter Friedrich Bluntschli, Bruno Paul, Friedrich Pützer, Franz Roeckle, Martin Weber und Ernst May. Jene trotz Weltkrieg und Wirtschaftswunder zumeist noch erhaltenen Bauten bieten eine qualitätvolle Motiv- und Materialvielfalt vom ausgehenden Historismus bis zur frühen Moderne und sind somit typisch für die Entwicklung einer deutschen Großstadt.
2010 jährt es sich zum 100. Mal, dass ein Bebauungsplan endgültig Straßenverlauf und Gebäudedimension im Holzhausenviertel festlegte - Anlass genug, um dieses zwischen breiten Ausfallstraßen nur 15 Gehminuten vom Stadtkern entfernte Wohnquartier in einer gründlichen städtebaulichen Studie mit Häuser- und Architektenkatalog zu würdigen.
2010 jährt es sich zum 100. Mal, dass ein Bebauungsplan endgültig Straßenverlauf und Gebäudedimension im Holzhausenviertel festlegte - Anlass genug, um dieses zwischen breiten Ausfallstraßen nur 15 Gehminuten vom Stadtkern entfernte Wohnquartier in einer gründlichen städtebaulichen Studie mit Häuser- und Architektenkatalog zu würdigen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.09.2010Von Anfang an eine noble Gegend
Der frühere Stadtkonservator Heinz Schomann schreibt über das Holzhausenviertel
Wer Heinz Schomann zuhört, könnte meinen, er kenne jeden Stein und jeden Baum im Holzhausenviertel. Vermutlich ist das sogar so. Zumindest kennt der frühere Frankfurter Stadtkonservator die Geschichte dieses Quartiers mit dessen repräsentativen Wohnhäusern in- und auswendig - und hat sie nun auch in einem sehr lesenswerten und reich bebilderten Buch beschrieben. Im Holzhausenschlösschen - wo sonst? - stellte er das 290 Seiten starke Werk auf Einladung des Kuratoriums Kulturelles Frankfurt vor.
Die ersten Seiten des Werks sind dem Holzhausenschlösschen gewidmet, das die Familie Holzhausen 1771 zu ihrem Wohnsitz hatte werden lassen. Dieser Bau und seine Vorläufer - deren Geschichte reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück - waren das Zentrum der Holzhausen'schen Oede, eines Landguts. Aus dieser damals vor den Stadtgrenzen gelegenen Oede und dem nördlich an es angrenzenden Knoblauchfeld, einem nach dem 1357 verstorbenen Patrizier Jacob Knoblauch benanntem Gut, sollte später das heutige Wohnviertel werden, als Frankfurt wuchs und wuchs.
Diese Wurzeln des Quartiers zeichnet Schomann in seinem Buch genauso detailliert nach wie die Phasen der Bebauung, die in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts einsetzte. Einen regelrechten Boom gab es nach 1910, denn mit einem Stadtverordnetenbeschluss wurde vor 100 Jahren die Struktur des Viertels gesichert, nachdem es zuvor mehrere Planungsvarianten gegeben hatte, vor allem, was den Straßenverlauf anging.
Eines stand aber von Anfang an fest: Das Viertel sollte eine noble Wohngegend werden. Nicht nur die Villen, sondern auch die Mietshäuser entsprachen im Grundriss und Außengestaltung diesem Ziel. Schomann dokumentiert in seinem Band die Bauten ausführlich. In dem Viertel stehen 620 historische Gebäude und 110 Neubauten, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs errichtet wurden.
Im letzten Teil des Buches schildert der Autor die Entwicklung des Viertels seit 1945 und lässt auch den massiven Protest nicht unerwähnt, den es in den sechziger Jahren gegen Pläne der Stadt gab: Am Rand des Quartiers sollten Hochhäuser errichtet werden, um es vor dem Lärm einer Hochstraße zu schützen, die über einen Teil des Hauptfriedhofs und entlang der Adickesallee gebaut werden sollte.
Dieses Vorhaben wurde ad acta gelegt - wobei nicht zuletzt Verträge aus dem Jahr 1910 halfen. Im "Knoblauchfeldvertrag" und dem "Holzhausenservitut" wurde damals festgehalten, dass die Häuser dort nur bis zu 27 Meter hoch sein dürfen. Auch die Ansiedlung von Gewerbebetrieben wurde untersagt, um das Viertel "leise und grün zu halten", wie Schomann sagt.
Besondere Ehren hat nach seiner Ansicht der Darmstädter Architekt Friedrich Pützer verdient, dessen Einsatz im Jahr 1910 es zum Beispiel zu verdanken ist, dass es den Holzhausenpark rund um das Schlösschen gibt. So gibt Schomann am Schluss des Buches der Stadt einen Rat: das Kastanienrondell am Oeder Weg, im Winkel von Wolfsgang- und Lersnerstraße, genau 100 Jahre später nach Pützer zu benennen.
toe.
Das Buch von Heinz Schomann "Das Frankfurter Holzhausenviertel" ist im Michael Imhof Verlag erschienen und kostet 39,95 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der frühere Stadtkonservator Heinz Schomann schreibt über das Holzhausenviertel
Wer Heinz Schomann zuhört, könnte meinen, er kenne jeden Stein und jeden Baum im Holzhausenviertel. Vermutlich ist das sogar so. Zumindest kennt der frühere Frankfurter Stadtkonservator die Geschichte dieses Quartiers mit dessen repräsentativen Wohnhäusern in- und auswendig - und hat sie nun auch in einem sehr lesenswerten und reich bebilderten Buch beschrieben. Im Holzhausenschlösschen - wo sonst? - stellte er das 290 Seiten starke Werk auf Einladung des Kuratoriums Kulturelles Frankfurt vor.
Die ersten Seiten des Werks sind dem Holzhausenschlösschen gewidmet, das die Familie Holzhausen 1771 zu ihrem Wohnsitz hatte werden lassen. Dieser Bau und seine Vorläufer - deren Geschichte reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück - waren das Zentrum der Holzhausen'schen Oede, eines Landguts. Aus dieser damals vor den Stadtgrenzen gelegenen Oede und dem nördlich an es angrenzenden Knoblauchfeld, einem nach dem 1357 verstorbenen Patrizier Jacob Knoblauch benanntem Gut, sollte später das heutige Wohnviertel werden, als Frankfurt wuchs und wuchs.
Diese Wurzeln des Quartiers zeichnet Schomann in seinem Buch genauso detailliert nach wie die Phasen der Bebauung, die in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts einsetzte. Einen regelrechten Boom gab es nach 1910, denn mit einem Stadtverordnetenbeschluss wurde vor 100 Jahren die Struktur des Viertels gesichert, nachdem es zuvor mehrere Planungsvarianten gegeben hatte, vor allem, was den Straßenverlauf anging.
Eines stand aber von Anfang an fest: Das Viertel sollte eine noble Wohngegend werden. Nicht nur die Villen, sondern auch die Mietshäuser entsprachen im Grundriss und Außengestaltung diesem Ziel. Schomann dokumentiert in seinem Band die Bauten ausführlich. In dem Viertel stehen 620 historische Gebäude und 110 Neubauten, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs errichtet wurden.
Im letzten Teil des Buches schildert der Autor die Entwicklung des Viertels seit 1945 und lässt auch den massiven Protest nicht unerwähnt, den es in den sechziger Jahren gegen Pläne der Stadt gab: Am Rand des Quartiers sollten Hochhäuser errichtet werden, um es vor dem Lärm einer Hochstraße zu schützen, die über einen Teil des Hauptfriedhofs und entlang der Adickesallee gebaut werden sollte.
Dieses Vorhaben wurde ad acta gelegt - wobei nicht zuletzt Verträge aus dem Jahr 1910 halfen. Im "Knoblauchfeldvertrag" und dem "Holzhausenservitut" wurde damals festgehalten, dass die Häuser dort nur bis zu 27 Meter hoch sein dürfen. Auch die Ansiedlung von Gewerbebetrieben wurde untersagt, um das Viertel "leise und grün zu halten", wie Schomann sagt.
Besondere Ehren hat nach seiner Ansicht der Darmstädter Architekt Friedrich Pützer verdient, dessen Einsatz im Jahr 1910 es zum Beispiel zu verdanken ist, dass es den Holzhausenpark rund um das Schlösschen gibt. So gibt Schomann am Schluss des Buches der Stadt einen Rat: das Kastanienrondell am Oeder Weg, im Winkel von Wolfsgang- und Lersnerstraße, genau 100 Jahre später nach Pützer zu benennen.
toe.
Das Buch von Heinz Schomann "Das Frankfurter Holzhausenviertel" ist im Michael Imhof Verlag erschienen und kostet 39,95 Euro.
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