Das Gartenreich Dessau-Wörlitz - Kulturlandschaft entlang der Elbe
Das Gartenreich Dessau-Wörlitz ist eine in ganz Europa bekannte Kulturlandschaft entlang der Elbe. Sie umfasst Landschaftsparks nach englischem Vorbild sowie einige Schlösser, darunter Mosigkau, Luisum und Wörlitz.
Das Gartenreich ist ein herausragendes Beispiel für die Umsetzung der Prinzipien der Aufklärung in einer Landschaftsgestaltung, die Kunst, Erziehung und Wirtschaft harmonisch miteinander verbindet. Jährlich ziehen die Schönheiten dieser Landschaft eine Dreiviertel Million Besucher an. Für sie und alle Liebhaber von Landschaftsparks haben Hansjörg Küster und sein Koautor Ansgar Hoppe dieses reich bebilderte Landschaftslesebuch geschrieben, das sich mit Kulturgeschichte und mit Ökologie befasst, das sich sowohl als Geographiebuch wie auch als Parkführer lesen lässt. Es zeigt Zusammenhänge zwischen Gegebenheiten der Natur, der Jahrtausende währenden Landschaftsgestaltung und den Ideen undMetaphern auf, die sich Zeitgenossen und Nachgeborene zu den Landschaften machten und machen.
Das Gartenreich Dessau-Wörlitz ist eine in ganz Europa bekannte Kulturlandschaft entlang der Elbe. Sie umfasst Landschaftsparks nach englischem Vorbild sowie einige Schlösser, darunter Mosigkau, Luisum und Wörlitz.
Das Gartenreich ist ein herausragendes Beispiel für die Umsetzung der Prinzipien der Aufklärung in einer Landschaftsgestaltung, die Kunst, Erziehung und Wirtschaft harmonisch miteinander verbindet. Jährlich ziehen die Schönheiten dieser Landschaft eine Dreiviertel Million Besucher an. Für sie und alle Liebhaber von Landschaftsparks haben Hansjörg Küster und sein Koautor Ansgar Hoppe dieses reich bebilderte Landschaftslesebuch geschrieben, das sich mit Kulturgeschichte und mit Ökologie befasst, das sich sowohl als Geographiebuch wie auch als Parkführer lesen lässt. Es zeigt Zusammenhänge zwischen Gegebenheiten der Natur, der Jahrtausende währenden Landschaftsgestaltung und den Ideen undMetaphern auf, die sich Zeitgenossen und Nachgeborene zu den Landschaften machten und machen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.07.2010Und hinter den Kanälen und Wäldchen ein künstlicher Vulkan
Wie sich unter fürstlichem Regime das Schöne mit dem Nützlichen verband: Hansjörg Küster und Ansgar Hoppe schreiben die Landschaftsgeschichte des Gartenreichs Dessau-Wörlitz
Am Nordufer des Wörlitzer Sees liegt der Tempel der Wassergöttinnen. Wenn man hier zu lange verweilt und den Blick durch das Gartenreich schweifen lässt, kann es sein, dass die Parkführerin vorbeikommt und den Besucher durch lautes Verlesen eines berühmten Goethe-Wortes verschreckt: "Hier ists ietzt unendlich schön. Mich hats gestern Abend, wie wir durch die Seen Canäle und Wäldgen schlichen sehr gerührt wie die Götter dem Fürsten erlaubt haben einen Traum herum um sich zu schaffen." Den Zeitgenossen des 18. Jahrhunderts galt die von Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau zu einem Kunstwerk gestaltete Auenlandschaft seines kleinen Fürstentums als ein Wunder, sein Umgang mit der Natur wirkte stilbildend.
Der Fürst hatte 1758 ein Territorium übernommen, in dem Agrarwirtschaft und Landesverschönerung bereits Tradition hatten. Vorangegangene Generationen hatten bereits unter niederländischem Einfluss Be- und Entwässerungssysteme angelegt und im Land an Elbe und Mulde Deiche bauen lassen. Der barocke Park um das Schloss von Oranienbaum und die Gartenanlagen von Schloss Mosigkau waren entstanden. Fürst Franz verband diese in seiner fast sechzigjährigen Regierungszeit mit englischen Gärten, in die sein Freund und Architekt Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff die Landhäuser Wörlitz, Georgium, Luisium und verschiedene Kleinarchitektur einbettete. Bis heute gilt das Ensemble als so einmalig, dass die Unesco es im Jahr 2000 zum Welterbe erklärte. Rentnergruppen bewegen sich mit sanften Ruderschlägen über die Wasserflächen. Die mit Solitär-Eichen bestandenen Wiesen wechseln mit einheimischen und exotischen Gehölzgruppen. Sichtachsen lenken den Blick auf kuriose Grotten und einen künstlichen Vulkan.
Hansjörg Küster und Ansgar Hoppe haben über das Gartenreich von Dessau und Wörlitz ein Reise- und Handbuch geschrieben, das sich nicht allein auf die Gestaltung im 18. Jahrhundert konzentriert, sondern vom eiszeitlichen Gletscherschmelzwasser erzählt, das jenes Urstromtal schuf, in dem die Elbe von Wittenberg bis Magdeburg fließt. Sie informieren über die klimatischen und geologischen Bedingungen der Region und zeichnen darüber hinaus das Wechselspiel von Vegetation, früher Besiedlung und Landschaftsnutzung nach. Die Autoren folgen der Siedlungsgeschichte der Gegend, schildern Jägerlager und die Ausbildung der staatlichen und wirtschaftlichen Ordnung im Mittelalter - immer den Zusammenhang von natürlichen Gegebenheiten, agrarischer, politischer, ökonomischer und kultureller Entwicklung vor Augen. Dies gilt auch für die Schaffung des Gartenreichs, das hier als Versuch verstanden wird, auf die Krise des Landes nach den Verwüstungen durch den Dreißigjährigen Krieg und die mittelalterliche Übernutzung von Wäldern und Äckern zu reagieren.
Durch das Nachzeichnen der frühen kulturellen und natürlichen Spuren fügen die Autoren dem bisher dominierenden kunsthistorischen Blick auf Dessau-Wörlitz eine erhellende Perspektive hinzu. Ansgar Hoppe und Hansjörg Küster sind Biologen, der Pflanzenökologe Küster ist zudem erfolgreicher Autor eine Reihe von Büchern: "Die Elbe", "Die Ostsee", "Geschichte des Waldes. Von der Urzeit bis zur Gegenwart" - in allen seinen Darstellungen zeigt Küster, wie eng natürliche Faktoren und von Menschen vorgenommene Veränderungen zusammenhängen. Dies spielte in den bisherigen Darstellungen wie dem repräsentativen Katalogbuch "Weltbild Wörlitz" kaum eine Rolle. Am ehesten schaute Erhard Hirsch in seiner großen Monographie zu Dessau-Wörlitz auf solche Zusammenhänge. Prägend blieben stilgeschichtliche Untersuchungen.
Über deren Ergebnisse informieren die Autoren in Kapiteln, die sich den einzelnen Schloss- und Parkanlagen rund um die ehemalige Residenz Dessau widmen. Von ihren europäischen Bildungsreisen hatten Fürst Franz und Erdmannsdorff nicht nur die Idee des englischen Gartenstils mitgebracht, der Wiesen und Äcker in die Parkgelände einbezog, das Schöne mit dem Nützlichen verband. Sie ließen sich auch architektonisch inspirieren.
Von den italienischen Reiseeindrücken sprechen das Wörlitzer Schloss und eine Reihe weiterer frühklassizistischer Bauwerke. Daneben erwies Franz der deutschen Tradition mit seinem "Gotischen Haus" und neugotischen Sakralbauten seine Reverenz, so dass in Wörlitz ein einmaliger architektonischer Synkretismus entstand. Die Welt sollte im Kleinen abgebildet, das Land zu einem Muster werden - in ästhetischer, ökonomischer und pädagogischer Hinsicht. Durch unzählige persönliche Kontakte und Lektüren war der reformfreudige Regent an die intellektuellen Strömungen der mittleren Aufklärung angeschlossen. Etwas mehr hätte man von Hoppe und Küster gern über die Gedanken erfahren, die das praktische Wirken des Fürsten begleiteten.
Heute, auf dem Weg vom Großparkplatz zur nahe gelegenen A9, vorbei an Industrieruinen und durch kleine Ortschaften, sind die Veränderungen sichtbar, die das 19. und 20. Jahrhundert dem Gartenreich gebracht haben. Ihnen widmen Küster und Hoppe die letzten Kapitel ihres Buches und blicken mit Vorschlägen zur infrastrukturellen Gestaltung der Region in die Zukunft. Auch für diese muss ein Ausgleich gefunden werden - zwischen Natur-, Landschafts- und Denkmalschutz, der Wirtschaftsentwicklung und der Förderung des Tourismus. Denn zum Glück kommen Menschen, um die einmalige Kulturlandschaft zu erkunden, klettern über die Brücken und wandeln durch Obstbaumalleen, bevor sie nach Hause fahren, dort eilig die Gartengeräte forträumen und die große Vase in die Sichtachse rücken.
SANDRA KERSCHBAUMER
Hansjörg Küster und Ansgar Hoppe: "Das Gartenreich Dessau-Wörlitz". Landschaft und Geschichte. Verlag C. H. Beck, München 2010. 224 S., Abb., br., 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wie sich unter fürstlichem Regime das Schöne mit dem Nützlichen verband: Hansjörg Küster und Ansgar Hoppe schreiben die Landschaftsgeschichte des Gartenreichs Dessau-Wörlitz
Am Nordufer des Wörlitzer Sees liegt der Tempel der Wassergöttinnen. Wenn man hier zu lange verweilt und den Blick durch das Gartenreich schweifen lässt, kann es sein, dass die Parkführerin vorbeikommt und den Besucher durch lautes Verlesen eines berühmten Goethe-Wortes verschreckt: "Hier ists ietzt unendlich schön. Mich hats gestern Abend, wie wir durch die Seen Canäle und Wäldgen schlichen sehr gerührt wie die Götter dem Fürsten erlaubt haben einen Traum herum um sich zu schaffen." Den Zeitgenossen des 18. Jahrhunderts galt die von Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau zu einem Kunstwerk gestaltete Auenlandschaft seines kleinen Fürstentums als ein Wunder, sein Umgang mit der Natur wirkte stilbildend.
Der Fürst hatte 1758 ein Territorium übernommen, in dem Agrarwirtschaft und Landesverschönerung bereits Tradition hatten. Vorangegangene Generationen hatten bereits unter niederländischem Einfluss Be- und Entwässerungssysteme angelegt und im Land an Elbe und Mulde Deiche bauen lassen. Der barocke Park um das Schloss von Oranienbaum und die Gartenanlagen von Schloss Mosigkau waren entstanden. Fürst Franz verband diese in seiner fast sechzigjährigen Regierungszeit mit englischen Gärten, in die sein Freund und Architekt Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff die Landhäuser Wörlitz, Georgium, Luisium und verschiedene Kleinarchitektur einbettete. Bis heute gilt das Ensemble als so einmalig, dass die Unesco es im Jahr 2000 zum Welterbe erklärte. Rentnergruppen bewegen sich mit sanften Ruderschlägen über die Wasserflächen. Die mit Solitär-Eichen bestandenen Wiesen wechseln mit einheimischen und exotischen Gehölzgruppen. Sichtachsen lenken den Blick auf kuriose Grotten und einen künstlichen Vulkan.
Hansjörg Küster und Ansgar Hoppe haben über das Gartenreich von Dessau und Wörlitz ein Reise- und Handbuch geschrieben, das sich nicht allein auf die Gestaltung im 18. Jahrhundert konzentriert, sondern vom eiszeitlichen Gletscherschmelzwasser erzählt, das jenes Urstromtal schuf, in dem die Elbe von Wittenberg bis Magdeburg fließt. Sie informieren über die klimatischen und geologischen Bedingungen der Region und zeichnen darüber hinaus das Wechselspiel von Vegetation, früher Besiedlung und Landschaftsnutzung nach. Die Autoren folgen der Siedlungsgeschichte der Gegend, schildern Jägerlager und die Ausbildung der staatlichen und wirtschaftlichen Ordnung im Mittelalter - immer den Zusammenhang von natürlichen Gegebenheiten, agrarischer, politischer, ökonomischer und kultureller Entwicklung vor Augen. Dies gilt auch für die Schaffung des Gartenreichs, das hier als Versuch verstanden wird, auf die Krise des Landes nach den Verwüstungen durch den Dreißigjährigen Krieg und die mittelalterliche Übernutzung von Wäldern und Äckern zu reagieren.
Durch das Nachzeichnen der frühen kulturellen und natürlichen Spuren fügen die Autoren dem bisher dominierenden kunsthistorischen Blick auf Dessau-Wörlitz eine erhellende Perspektive hinzu. Ansgar Hoppe und Hansjörg Küster sind Biologen, der Pflanzenökologe Küster ist zudem erfolgreicher Autor eine Reihe von Büchern: "Die Elbe", "Die Ostsee", "Geschichte des Waldes. Von der Urzeit bis zur Gegenwart" - in allen seinen Darstellungen zeigt Küster, wie eng natürliche Faktoren und von Menschen vorgenommene Veränderungen zusammenhängen. Dies spielte in den bisherigen Darstellungen wie dem repräsentativen Katalogbuch "Weltbild Wörlitz" kaum eine Rolle. Am ehesten schaute Erhard Hirsch in seiner großen Monographie zu Dessau-Wörlitz auf solche Zusammenhänge. Prägend blieben stilgeschichtliche Untersuchungen.
Über deren Ergebnisse informieren die Autoren in Kapiteln, die sich den einzelnen Schloss- und Parkanlagen rund um die ehemalige Residenz Dessau widmen. Von ihren europäischen Bildungsreisen hatten Fürst Franz und Erdmannsdorff nicht nur die Idee des englischen Gartenstils mitgebracht, der Wiesen und Äcker in die Parkgelände einbezog, das Schöne mit dem Nützlichen verband. Sie ließen sich auch architektonisch inspirieren.
Von den italienischen Reiseeindrücken sprechen das Wörlitzer Schloss und eine Reihe weiterer frühklassizistischer Bauwerke. Daneben erwies Franz der deutschen Tradition mit seinem "Gotischen Haus" und neugotischen Sakralbauten seine Reverenz, so dass in Wörlitz ein einmaliger architektonischer Synkretismus entstand. Die Welt sollte im Kleinen abgebildet, das Land zu einem Muster werden - in ästhetischer, ökonomischer und pädagogischer Hinsicht. Durch unzählige persönliche Kontakte und Lektüren war der reformfreudige Regent an die intellektuellen Strömungen der mittleren Aufklärung angeschlossen. Etwas mehr hätte man von Hoppe und Küster gern über die Gedanken erfahren, die das praktische Wirken des Fürsten begleiteten.
Heute, auf dem Weg vom Großparkplatz zur nahe gelegenen A9, vorbei an Industrieruinen und durch kleine Ortschaften, sind die Veränderungen sichtbar, die das 19. und 20. Jahrhundert dem Gartenreich gebracht haben. Ihnen widmen Küster und Hoppe die letzten Kapitel ihres Buches und blicken mit Vorschlägen zur infrastrukturellen Gestaltung der Region in die Zukunft. Auch für diese muss ein Ausgleich gefunden werden - zwischen Natur-, Landschafts- und Denkmalschutz, der Wirtschaftsentwicklung und der Förderung des Tourismus. Denn zum Glück kommen Menschen, um die einmalige Kulturlandschaft zu erkunden, klettern über die Brücken und wandeln durch Obstbaumalleen, bevor sie nach Hause fahren, dort eilig die Gartengeräte forträumen und die große Vase in die Sichtachse rücken.
SANDRA KERSCHBAUMER
Hansjörg Küster und Ansgar Hoppe: "Das Gartenreich Dessau-Wörlitz". Landschaft und Geschichte. Verlag C. H. Beck, München 2010. 224 S., Abb., br., 19,95 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Als auf weite Strecken so lehrreiches wie augenöffnendes Vergnügen hat der Rezensent Burkhard Müller die Lektüre dieses Bandes sichtlich empfunden. Geschildert wird darin nicht weniger als die Geschichte eines recht einzigartigen Falls von Natur- und Menschengeschichte einer Landschaft, nämlich des Gartenreichs Dessau-Wörlitz. Das Wirken von Gletschern wie aber auch von Menschenideen und Menschenhänden bei der Einrichtung dieser heute recht singulär dastehenden Gartenreich-Landschaft werde überaus kenntnisreich geschildert. Der Plan, der hinter dem Aus- und Umbau der versteppten Gebiete lag, war aufklärerisch im Geist und unermüdlich waren die Ausführenden während eines ganzen Jahrhunderts. Heraus kam ein "agrarischer Musterstaat", in dem Natur nach dem Bilde des Gartens gebildet wurde. Etwas mühsam findet Müller einzig den beschreibenden zweiten Teil, alles andere hat er, das wird in der Rezension spürbar, mit angehaltenem Atem gelesen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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