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Die Geschichte einer unmöglichen Liebe
Mit bewundernswerter Konsequenz erzählt Marica Bodrozic von einer ebenso unbedingten wie widersprüchlichen Liebe. Und von einer Frau, die Abschied nehmen muss von ihren Illusionen über ihre Beziehung zu einem verheirateten Mann. Und die sich fragen muss, wer sie am Ende ohne ihre Liebe ist.
Noch sind die Tage ungetrübt. Die junge Nadeshda fährt nach Amsterdam, um dort ihren Geliebten Ilja zu treffen. Sie hat Schuhe mit den höchsten Absätzen an und phantasiert sich Iljas Küssen entgegen. Doch was als lustvolle Reise beginnt, wirft Nadeshda völlig aus
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Produktbeschreibung
Die Geschichte einer unmöglichen Liebe

Mit bewundernswerter Konsequenz erzählt Marica Bodrozic von einer ebenso unbedingten wie widersprüchlichen Liebe. Und von einer Frau, die Abschied nehmen muss von ihren Illusionen über ihre Beziehung zu einem verheirateten Mann. Und die sich fragen muss, wer sie am Ende ohne ihre Liebe ist.

Noch sind die Tage ungetrübt. Die junge Nadeshda fährt nach Amsterdam, um dort ihren Geliebten Ilja zu treffen. Sie hat Schuhe mit den höchsten Absätzen an und phantasiert sich Iljas Küssen entgegen. Doch was als lustvolle Reise beginnt, wirft Nadeshda völlig aus dem Gleichgewicht, bringt sie an ihre Grenzen und verändert ihre ganze Wahrnehmung von ihrer Liebe und sich selbst. Denn Nadeshda muss erkennen, dass sie in ihre Träume, Sehnsüchte und merkwürdig robusten Hoffnungen verstrickt ist, obwohl sie es besser hätte wissen können. Obwohl sie hätte sehen müssen, dass ihr Wunsch, den verheirateten Ilja ganz für sich zu gewinnen, nie in Erfüllung gehen wird. Denn Ilja hat sie nie hinters Licht geführt: Von der ersten Begegnung an sprach er davon, dass ihre Liebe keine Zukunft haben könne. Das hindert ihn aber keineswegs daran, Nadeshda dennoch weiterhin seine Liebe zu erklären.

Marica Bodrozic hat den Roman einer ebenso unbedingten wie ausweglosen Liebe geschrieben. Einen Roman, der zugleich die Geschichte eines beispiellosen Verlusts erzählt. Denn Nadeshda muss am Ende nicht nur Abschied nehmen von dem Mann, den sie, das hatte sie sich geschworen, nie aufgeben würde. Sie muss vor allen Dingen auch Abschied nehmen von sich als der Liebenden dieses Mannes. Es ist ein Abschied, der sie zurückführt auf sich selbst, auf ihre Vergangenheit und den Libellen sammelnden Vater. Und all diese Abschiede wiegen deshalb so schwer, weil Nadeshda nicht absehen kann, wer sie ohne ihre Liebe ist.
Autorenporträt
Marica Bodrozic kam 1973 in Dalmatien zur Welt. 1983 siedelte sie nach Hessen über. Sie schreibt Gedichte, Romane, Erzählungen und Essays. Für ihre Bücher erhielt sie zahlreiche Preise und Stipendien, darunter den Förderpreis für Literatur der Akademie der Künste in Berlin, den Kulturpreis Deutsche Sprache, den Literaturpreis der Europäischen Union und zuletzt für den Band "Mein weißer Frieden" den Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung 2015. Marica Bodrozic lebt als freie Schriftstellerin in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.10.2011

Damals in Jugoslawien
Erinnerungsprosa: Marica Bodrozic versinkt in Bildern

Nadeshda liebt Ilja. Das klingt einfach, ist es aber nicht. Es ist sogar höchst kompliziert und ohne die Einbeziehung der halben abendländischen Philosophie nicht zu erzählen. Und wenn der Roman einfach anfängt, nämlich mit Nadeshda, die mit unmöglich hohen Absätzen im Zug sitzt, um zu Ilja zu fahren, dann sollte man sich davon nicht täuschen lassen.

"Meine Geschichte ist wie jede Geschichte nur eine Möglichkeit von vielen, ins Ungewisse meiner Biographie zu gehen. Nichts bleibt, wie es ist. Das ist die Vergänglichkeit", schreibt Nadeshda, die eigentlich ganz anders heißt, sich diesen Namen aber gab, "damit ich diese Geschichte erzählen kann". Und darum geht es eigentlich: Um die Möglichkeit des Erzählens einer Geschichte und um die Frage, wer das ist, der da erzählt. Wir wissen nicht viel: Nadeshda war einmal Physikerin, wurde dann Schriftstellerin, studierte Bibelwissenschaften, lebte einmal in Paris, hat eine Freundin namens Arjeta, eine Atheistin aus Sarajevo. Nadeshda ist eine Sinnsucherin, deren innere Lücke sich vorübergehend mit ihrer Liebe zu Ilja füllt. Vorher waren es die Physikformeln gewesen, nun ist es die Sprache: "Ich fühle Buchstaben und betrete mit Sätzen die Plätze dieser Welt."

Auf einem Kongress zum Thema "Kunst und Macht" lernen sie sich kennen, Nadeshda und der "happily married man", als der Ilja sich bezeichnet. "Das hier, das hat überhaupt keine Zukunft", sagt Ilja schon zu Beginn, und dieser Satz begleitet die ganz und gar nicht perfekte Affäre die ganze Zeit über. Immer ist es Ilja, der das sagt, und es ist Nadeshda, die den Satz nicht glauben will, es muss so etwas wie Notwehr sein, eine Lüge womöglich. Aber der Satz stimmt. Ilja lügt nicht und verschweigt nichts. Es ist Nadeshda, die Ilja nichts vom gemeinsamen Sohn erzählt.

Das Suchen, das Verschweigen und das Erschaffen von Wortbildern ist es, das die Erzählweise des Buches prägt. Roman mag man diesen Roman kaum nennen, auch wenn es auf dem Buchumschlag steht. Einen Erzählfluss, eine Chronologie gibt es nicht, nur Fragen, Erinnerungen, einen Bewusstseinsstrom, der um den Geliebten kreist. Ein sehr in die Erzählerin versunkenes Erzählen, das Empfindungen nachspürt und Zustände in Bilder zu kleiden versucht. "Meine Anfälligkeit für Visionen", heißt es, "hat sich ins Elementare verlegt."

Doch die Anfälligkeit für bildhafte Symbolik überwuchert alles. Mal glücken diese Bilder, wenn sie unerwartet und treffend sind, mal weniger, dann stammen sie aus dem Arsenal der allzu oft repetierten Traumsymbolik. Die Autorin Marica Bodrozic bedient sich häufig bei der Psychoanalytikerin Marica Bodrozic, und das tut dem Text nicht gut. "Das Lachen war für mich eine Brücke, immer ein Transitbereich, auf dem ich kurz unsichtbar werden konnte." - "Iljas Geheimnis verwandelte sich in eine Landschaft, zu der es mich magnetisch hinzog." - "Arjeta sagte, Poesie, das sei in solchen Umbruchzeiten manchmal wie verschimmeltes Brot." - "Ilja konnte mich damals wie ein Haus öffnen." "Ich stellte mir die Liebe als eine große körperlose Mutter vor."- Schließlich: "Die Liebe ist eine Axt."

Ein Bild türmt die Erzählerin, die Schriftstellerin ist, auf das nächste, um die eigentlich einfache Geschichte um den verflossenen Geliebten zu erfassen. Seite um Seite geht es so weiter mit Sternen und Wundern und Gedanken, die "wie ein Mantel aufgeknöpft" werden, was der Sachlage aber auch keinen Mehrwert verleiht. Und schließlich die Libellen, die der Vater getötet und in einem Album gesammelt hat, der ein Kindermörder war und zum Glück kaum anwesend. Er steht jedem unbeschwerten Gedanken an Nadeshdas Kindheit im damals noch vereinten Jugoslawien im Weg, erst mit Hilfe von Arjeta gelingt ihr das Erinnern und mit Hilfe von Ilja, denn er war "der erste Mensch, der den Schlüssel zu den verstaubten Zimmern in meinem Erinnerungsarchiv besaß".

Geradezu manisch breitet Nadeshda ihre Gedanken aus, bis sich die Bilder ändern, neue Bilder Einzug halten. Und schließlich alles benannt ist, was sie zu dem gemacht hat, was sie ist, nämlich Mutter, Vater, Tante, Heimat. Und der Geliebte natürlich. Wohin dieser metaphorisch vollmöblierte Erinnerungs- und Verarbeitungsaufwand führen soll, diese Frage lässt der Roman bis zum Schluss unbeantwortet. Er bleibt provozierend innerlich.

ANDREA DIENER

Marica Bodrozic: "Das Gedächtnis der Libellen". Roman.

Luchterhand Literaturverlag, München 2010. 256 S., geb., 19,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nicht wirklich geglückt scheint dieser Roman der Rezensentin Andrea Diener. Marica Bodrozic erzählt darin von der Liebe einer Frau zu einem verheirateten Mann, wobei man sich dieses Erzählen, baut Diener falschen Erwartungen an dieses als Roman deklariertes Buch vor, weniger als einen chronologisches Erzählfluss vorstellen muss denn als einen permanenten Bewusstseinsstrom. Bodrozic türmt Gedanken, Erinnerungen, Fragen aufeinander und lässt Assoziationen und Traumsymbolen solch freien Lauf, dass die Rezensentin hier eher die Stimme der Psychoanalytikerin Bodrozic erkannte als die der Erzählerin. Der Sachlage sei dies nicht immer dienlich, lässt die Rezensentin deutlich erkennen, der die Innerlichkeit des Buchs auch etwas zu "provozierend" war.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Es ist ein Buch von großer und origineller Humanität geworden." Süddeutsche Zeitung