Als sein Vater am 27. August 1987 auf der Straße in Medellin lag, ermordet von vorbeirasenden Paramilitärs, fand Héctor Abad in der Jacke des Toten ein Gedicht, das dieser offenbar kurz vorher abgeschrieben hatte - Unterschrift J.L.B. Überzeugt, es handele sich um ein Gedicht von Jorge Luis Borges, und genötigt von einem Chor von Menschen, die das Gegenteil behaupteten, machte sich der Sohn auf die Suche nach der Wahrheit hinter diesem Fundstück. Dass daraus eine Reise um die halbe Welt wurde, die sein eigenes mehrjähriges Exil in Turin mit einschloss, konnte er nicht ahnen. Das Gedicht ist von Borges, klarer Fall, zumindest für den Autor. Der Leser dieser wunderbaren poetischen Reise durch die Geographie der lateinamerikansichen Seele könnte aber zu ganz anderen Schlüssen kommen.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Sehr eingenommen berichtet Volker Breidecker von diesem Buch des kolumbianischen Autors Hector Abad, den er seit dessen "Brief an einen Schatten" sehr schätzt. Darin hatte Abad die Geschichte seines geliebten Vaters erzählt, eines Arztes und Menschenrechtlers, der 1987 von einer Todesschwadrone ermordet wurde. In seiner Tasche trug der ermordete Vater ein Gedicht mit dem Titel "Das Vergessen, das wir werden" und den Initialen "JLB". Dass es sich dabei um ein Gedicht von Jorge Luis Borges handelt, bestreitet dessen Witwe und Nachlassverwalterin, Abad jedoch schildert im vorliegenden Buch seine Recherchen und Beweisführung, die ihn mehrmals rund um die Welt führten. Breidecker ist dem Autor bei seiner kriminalistisch-philologischen Spurensuche gern gefolgt, schlüssig findet er sie, und am besten gefällt ihm der Vorstellung, dass es sich bei dem Poem um eine von Borges verfasste Borges-Parodie handelt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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