Als mir eine Freundin dieses Buch als Sommerschmökerkrimi für den heimischen Balkon in die Hand drückte, war ich zuerst sehr skeptisch. Inzwischen hat ja fast jeder Verlag mindestens einen Commissario aus Italien im Programm, und da ist ja wirklich zum Teil ein rechter Blödsinn dabei. Also beschloss
ich, dieses Buch aus Höflichkeit etwas anzulesen und dann wieder wegzulegen. Als ich es allerdings…mehrAls mir eine Freundin dieses Buch als Sommerschmökerkrimi für den heimischen Balkon in die Hand drückte, war ich zuerst sehr skeptisch. Inzwischen hat ja fast jeder Verlag mindestens einen Commissario aus Italien im Programm, und da ist ja wirklich zum Teil ein rechter Blödsinn dabei. Also beschloss ich, dieses Buch aus Höflichkeit etwas anzulesen und dann wieder wegzulegen. Als ich es allerdings anfing, habe ich es in einem Zug durchgelesen. Das Buch ist nämlich wirklich gut: Eine alte reiche Frau wird tot in ihrer Villa in Florenz aufgefunden. Alles sieht nach einem Asthma-Anfall aus, und die mutmaßlichen Erben haben alle ein Alibi. Dennoch lässt der etwas schrullige Kommissar Casini nicht locker und ermittelt zusammen mit seinem Gehilfen Piras so ausdauernd, dass er tatsächlich am Schluss einen Täter verhaften kann. Dabei handelt es sich um einen klassischen „whodunit“- Krimi. Der Täter hat sich eine Menge einfallen lassen, um seine Spuren zu verwischen, aber Casini durchschaut seine kunstvolle Konstruktion letztlich. Aber der Fall an sich ist nicht das einzige, was den Leser fesselt: Es ist außerdem die Atmosphäre: Die Geschichte spielt im Florenz der sechziger Jahre in der größten Augusthitze; man hört Celentano und benutzt das giftige DDT noch, um die Mücken kleinzukriegen: Und es sind die Figuren, angefangen mit Casini. Der leidet enorm unter der Hitze, raucht Kette und fährt auch schon mal angetrunken mit seinem VW Käfer durch die Landschaft – das stört aber keinen, anscheinend waren die 60er Jahre da noch nicht so streng... Was Casinis Denken prägt, sind die Kriegserinnerungen aus seiner Zeit im bewaffneten Kampf gegen die deutsche Besatzung sowie sein Frauenproblem. Und er hat einen recht interessanten Freundeskreis: Mehrere ehrenwerte Kleingauner, die er aus sozialen Gründen immer wieder laufen lässt, ein scharfsinniger Pathologe, eine schon etwas ältliche Prostituierte, für die er die Blumen im Urlaub gießt, und ein Erfinder, der mit Mäusen spricht. Ein solches Kuriositätenkabinett kannte ich bislang allenfalls aus den „Pepe Carvalho“ Krimis des Spaniers Montalban. Den charakterlichen Höhepunkt stellt Rodrigo, der noch viel schrulligere Cousin Casinis und seines Zeichens Chemielehrer, dar: Ziemlich am Anfang des Buchs wird ein Besuch Casinis beim Cousin geschildert, und diese Schilderung ist ohne Zweifel das lustigste, was ich in den letzten Jahren lesen durfte. Allein schon diese Szene wäre es wert, das Buch zu kaufen. Wer es tut, wird nicht enttäuscht sein. Und man kann sogar mitraten, wie bei den guten alten Sherlock-Holmes-Büchern. Gute Unterhaltung!