Eine große Stärke des Buches ist ohne Zweifel der dichte und atmosphärisch stimmige historische Hintergrund, den die Autorin wirklich breit gefächert beschreibt. Man erfährt viel über die fragile Politik der europäischen Länder, aber auch interessantes und Kurioses aus dem alltäglichen Leben, so
wird z.B. in englischen Reiseführern vor der Erstickungsgefahr gewarnt, die von deutschen Federbetten…mehrEine große Stärke des Buches ist ohne Zweifel der dichte und atmosphärisch stimmige historische Hintergrund, den die Autorin wirklich breit gefächert beschreibt. Man erfährt viel über die fragile Politik der europäischen Länder, aber auch interessantes und Kurioses aus dem alltäglichen Leben, so wird z.B. in englischen Reiseführern vor der Erstickungsgefahr gewarnt, die von deutschen Federbetten ausgeht. Hier bekommt man wirklich ein gelungenes Bild der Zeit um die vorletzte Jahrhundertwende und es sind die vielen kleinen Details, die zusammen mit größeren politischen Zusammenhängen insgesamt einen bunten Bilderbogen ergeben, der viel Lokalkolorit und zeitgemäßes Flair verbreiten.
Nicht ganz so gelungen fand ich den erzählerischen Aufbau der Geschichte. Während Victoria in Deutschland unterwegs ist und versucht Freundin Rosalyn zu helfen, das Geheimnis rund um ihre Mutter zu lüften und mit ihrer herrischen Großmutter auszukommen, ermittelt Butler Hopkins in London weiter und auch Jeremy, der ja neben seiner Reportertätigkeit auch für den Geheimdienst arbeitet, will unbedingt wissen was hinter dem Anschlag auf ihn steckt. So ergeben sich verschiedene Erzählstränge, die jeder für sich recht spannend sind. Das Wechseln zwischen den einzelnen Handlungsebenen reist den Leser aber immer recht abrupt aus dem gerade aktuellen Geschehen und man braucht eine Weile bis man sich wieder hinein findet. Zudem werden gerade die Passagen rund um Victoria sehr ausführlich und weitschweifig erzählt, alles was die eigentliche Krimihandlung betrifft, ist dagegen recht knapp gehalten, ebenso wie das Ende, das doch sehr überstürzt daherkommt und im Gegensatz zum Rest auf nur wenigen Seiten abgehandelt wird, hier wäre gerade rund um die Verschwörung doch etwas mehr Raum schön gewesen. Natürlich versucht die Autorin sämtliche roten Fäden zusammen zu führen, das führt aber dazu, dass einiges doch ein wenig arg konstruiert wirkt, letztendlich kann man das aber bei der ansonsten gelungen erzählten Geschichte verschmerzen.
Sehr schön ist aber wieder die Figurenzeichnung! Vor allem auch die Nebencharaktere sorgen für ein stimmiges Bild und vor allem Butler Hopkins trägt dazu bei, dass man beim Lesen auch mal breit grinsen kann! Nachdem Victoria schon im ersten Teil einem Familiengeheimnis auf die Spur gekommen ist, scheint es nun auch rund um ihre Mutter Rätsel zu geben, die es zu lösen gilt. Zudem liebt sie zwar ihren Jeremy, glaubt aber nicht dass sie eine gemeinsame Zukunft haben, da sie keinesfalls bei den Suffragetten aufhören will und Jeremy seine Geheimdiensttätigkeit liebt. Als selbstsichere und sympathische Person geht sie natürlich sämtliche Herausforderungen zielstrebig ab und denkt gar nicht daran, sich von Jeremy beschützen zu lassen und so gibt es auch reichlich Reibungspunkte zwischen dem Paar. Ein wenig hat mir hier aber das Knistern zwischen den Beiden gefehlt, dafür gibt's eine fast schon obligatorische Sexszene, die ich nicht wirklich passend fand, aber das ist wohl Geschmackssache!
Sicher ist es nicht unbedingt notwendig, den Vorgänger zu kennen, da die Autorin am Anfang eine kurze Zusammenfassung der Geschehnisse aus Teil 1 gibt, zum besseren Verständnis der Zusammenhänge und der Charaktere kann ich aber nur empfehlen, hier der Reihe nach zu lesen.
FaziT: ein spannender und vor allem viel zeitgemäßes Flair verbreitender historischer Krimi mit sympathischen Charakteren und einer dichten Handlung, dem man kleine Schwächen gern nachsieht.