Jörg Friedrich legt ein bisher einzigartiges Buch vor: Die Enzyklopädie des Verhaltens des Menschen im Krieg. Dort ist er wie ausgewechselt, zertrümmert begeistert Besitz und Kulturgut, quält gelassen wehrlose Familien, wirft seinen Leib ins Granatfeuer. Was ist das Gesetz dieser Verwandlung, wer befiehlt diesen Zustand, wie lauten seine Regeln? Um die Antwort zu finden, hat der Autor eine minutiöse Fallstudie betrieben: Ein Krieg: der größte der Geschichte, der in Rußland von 1941 - 45. Eine Befehlskette: Kommandostäbe, Feldmarschälle, Panzergeneräle, die gefürchteten Meister ihres Metiers, 13 deutsche Militärs. Eine Quellenbasis: der unerschlossene Aktenberg des Nürnberger Prozesses gegen die Wehrmachtsführer aus dem Jahr 1948. Dort legen die Verursacher von 30 Millionen Toten Rechenschaft ab. Wir hören aus den Prozeßprotokollen zum ersten Mal aus dem Munde der Täter, wie sie Leningrad aushungerten, wozu die Juden auf der Krim ausgerottet wurden, was die Kollaboration der Balten und der Ukrainer anlockte, wie Völkermord das Publikum befriedigt, Verwüstung nottut und Terror siegt. Hier ist eine Kriminologie des Militärhandwerks entstanden, die wissenschaftliches Neuland und packender Lesestoff in einem bietet. Der Leser geht durch das Inferno der Kriegsgefangenenlager, den Hinterhalt der Partisanenwälder, erlebt die Hast des Schanzenbaus, die Panik der Rückzüge, die Fata Morgana des Sieges, den Durst der Rache und erkennt die Transformation des Menschen im totalen Krieg. Mit fesselnder Akribie ist die Technik der Ideologisierung der Truppe geschildert, die Psychologie des Gehorsams und Offizierseids. Die Rechtfertigung der angeklagten Befehlshaber verweist auf die gegnerische Kampfpraxis, den grimmigen sowjetischen Volkskrieg, das angloamerikanische Luftbombardement, den Feuersturm in den deutschen Großstädten. Das vom II. Weltkrieg ausgehende Terrorprinzip durchwirkt beides, den Ansturm des Aggressors wie seine Unterwerfung. Der Autor hat bei all seiner Vorliebe für geschichtliches Erzählen, für Charaktere, Landschaften, Begebenheiten ein zeitloses Kompendium geschrieben. Es faßt wie im Brennglas jahrhundertelanges Nachdenken über Recht und Gewalt im Kriege in die Ereignisse eines Feldzugs ein.