Um den Dichtern eine bürgerliche Existenz zu sichern, sei es gut, wenn man die Poesie zur Mechane der Alten erhebe. Der modernen Poesie fehle es am Handwerksmäßigen, beklagt Hölderlin in den Anmerkungen, seiner letzten poetologischen Äußerung, und verspricht eine Verfahrungsart zu lehren, die berechnet und immer zuverlässig wiederholt werden könne: das Gesetz. Diese Studie ist eine Interpretation der Sophokles Anmerkungen unter dem Gesichtspunkt des Gesetzes. Das Gesetz bestimmt die Beziehung zwischen dem Menschen und dem, was ihm entzogen ist: Aus der Beziehung des Menschen zu Gott, Natur, Geschichte gehen der schöpferische Prozeß und das Kunstwerk hervor. Auch alle weiteren Verhältnisse, die im Rahmen dieser Dichtungstheorie von Bedeutung sind, wie beispielsweise Poesie-Poetologie oder Werk-Rezipient, gehorchen dem einen Gesetz der Reflexion. Das Gesetz ist oberstes Prinzip. Es setzt alles Bestehende fest und führt aufgrund seiner eigentümlichen Art des Setzens über alles Gesetzte den Prozeß. Die Tragödie ist die Darstellung des Gesetzes.Der erste Teil der Arbeit befaßt sich mit den formalen Aspekten der Tragödie. Es geht um die für Hölderlin zentrale Frage der Zäsur, aber auch um das Gattungsproblem und um die Auszeichnung der Tragödie gegenüber den anderen Dichtarten. Im zweiten Teil wird die komplexe Beziehung zwischen dem Griechischen und dem Hesperischen ermittelt. Die Geschichte ist für Hölderlin nicht nur eine lineare Entwicklung, in deren Verlauf das Griechische durch das Hesperische überwunden und abgelöst würde. Beide sind vielmehr aufeinander angewiesen und können nur in ihrem Zusammenwirken verstanden werden, in dem sich erst das Gesetz manifestiert. Der dritte Teil beschäftigt sich zur Hauptsache mit der Übersetzung und situiert diese innerhalb von Hölderlins Spätwerk, das als Ausprägung des Hesperischen gilt. Mit dem Gesetz der Reflexion hat Hölderlin in den Anmerkungen einer Theorie von Dichtung und Erkenntnis Gestalt gegeben, die vor allem dem Prozeß des Erkennens und seiner Auswirkung auf den Status des Geschaffenen und Erkannten Beachtung schenkt. Die Studie trägt dieser Theorie zusätzlich dadurch Rechnung, daß sie aus ihrer Perspektive die Bedeutung der Sekundärliteratur für den literaturwissenschaftlichen Fortschritt bedenkt.
Zum Autor/Herausgeber: Monika Kasper, Studium der Fächer Germanistik, Vergleichende Literaturwissenschaft und Philosophie an der Universität Zürich. Von 1993 bis 1998 Assistentin, seit 1999 Oberassistentin am Seminar für Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Zürich.
Zielgruppe: Germanisten, Hölderlin-Forscher
Zum Autor/Herausgeber: Monika Kasper, Studium der Fächer Germanistik, Vergleichende Literaturwissenschaft und Philosophie an der Universität Zürich. Von 1993 bis 1998 Assistentin, seit 1999 Oberassistentin am Seminar für Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Zürich.
Zielgruppe: Germanisten, Hölderlin-Forscher