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Ein Bildhauer im New York der 20er Jahre und eine Schriftstellerin auf seinen Spuren - verbunden durch die Frage, was Kunst wirklich ist
Voller Hoffnungen und Sehnsüchte reist der junge und aufstrebende Bildhauer Constantin Avis 1926 nach New York. Ein einflussreicher Galerist will ihn unter seine Fittiche nehmen und in dieser Stadt der Träumer und Macher ganz groß herausbringen. Beflügelt von einer aufkeimenden Liebe und der Aussicht auf Erfolg, schwebt er durch dieses neue Leben und droht dabei, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Denn wie weit kann ihn seine Kunst wirklich tragen?…mehr

Produktbeschreibung
Ein Bildhauer im New York der 20er Jahre und eine Schriftstellerin auf seinen Spuren - verbunden durch die Frage, was Kunst wirklich ist

Voller Hoffnungen und Sehnsüchte reist der junge und aufstrebende Bildhauer Constantin Avis 1926 nach New York. Ein einflussreicher Galerist will ihn unter seine Fittiche nehmen und in dieser Stadt der Träumer und Macher ganz groß herausbringen. Beflügelt von einer aufkeimenden Liebe und der Aussicht auf Erfolg, schwebt er durch dieses neue Leben und droht dabei, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Denn wie weit kann ihn seine Kunst wirklich tragen?
Ein ganzes Jahrhundert später versucht Dora, diese Frage zu beantworten. Im beginnenden Frühling an der ligurischen Küste schreibt sie an einem Roman über Constantin Avis. Gemeinsam mit ihrem Sohn und dem Kindermädchen sucht sie hier die Ruhe, die ihr im Alltag als Künstlerin und Mutter stets fehlt. Doch je tiefer sie sich hinabgleiten lässt in diese andere Welt, desto stärker vermischtsich ihre Geschichte mit der von Constantin, und sie begreift, dass sie seine Fragen nur mit ihrem eigenen Leben beantworten kann.
Mit unvergleichlichem Charme erzählt Dana Grigorcea von der Verquickung des Lebens mit der Kunst, in einer Sprache von überwältigender Kraft und schwebender Leichtigkeit.
Autorenporträt
Dana Grigorcea wurde 1979 in Bukarest geboren, sie ist Germanistin und Nederlandistin und lebt seit vielen Jahren mit ihrer Familie in Zürich. Die Werke der rumänisch-schweizerischen Schriftstellerin wurden in mehrere Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem 3sat-Preis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb. Ihr Roman 'Die nicht sterben' wurde 2021 für den Deutschen Buchpreis nominiert und 2022 mit dem Schweizer Literaturpreis ausgezeichnet. Dana Grigorcea ist Trägerin des rumänischen Kulturverdienstordens im Rang einer Ritterin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

In ihrem neuen Roman verbindet Dana Grigorcea zwei Erzählstränge über ein ganzes Jahrhundert hinweg: In der heutigen Zeit lernt Kritikerin Katharina Granzin die Protagonistin Dora kennen, eine Schriftstellerin, die gerade ein Stipendium in Italien antritt und ihren Sohn und ein Kindermädchen mitnimmt. Um den Sohn kümmert sie sich allerdings weniger als um ihren Roman, der in den 1920er Jahren spielt und von einem Bildhauer handelt, der in die USA emigriert und sofort einen Prozess mit dem Zoll um seine Kunst führen muss, erfahren wir. Granzin liest darin vor allem Fragen um das Wesen und die Entstehungsbedingungen von Kunst, die glücklicherweise offen bleiben und von der Leserin auch nach Beendigung dieses poetischen Romans weitergesponnen werden können.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Ein Roman wie ein Tanz: Dana Grigorcea erzählt in 'Das Gewicht eines Vogels beim Fliegen' klug und unterhaltsam vom Wesen der Kunst.« SWR 2, Carsten Otte

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.03.2024

Die Kunst, von der Kunst zu schreiben
Dana Grigorceas Roman "Das Gewicht eines Vogels beim Fliegen" bedient sich Constantin Brâncusis

Was ist Kunst? Um diese Frage prozessierte der rumänisch-französische Bildhauer Constantin Brâncusi zwischen 1926 und 1928 mit der amerikanischen Zollbehörde, die seine Bronzeskulptur "Oiseau dans l'espace" (Vogel im Raum) als Manufakturware verzollte, statt sie als Kunst zollfrei passieren zu lassen. Dana Grigorcea hat der Kunst, ein zentnerschweres Stück Bronze zum Schweben zu bringen, einen federleichten Roman gewidmet.

Im Februar reist die Schriftstellerin Dora in einen ligurischen Ferienort am Meer. Hier soll endlich ihr Roman das Licht der Welt erblicken über den Bildhauer Constantin, dessen Zeit in New York und eine dort unter ungewöhnlichen Umständen entstandene "Onyx"-Statuette mit phantasmagorischem Innenleben. Im Gepäck hat Dora ihren achtjährigen Sohn Loris und ein unübersehbar symbolisch aufgeladenes Kindermädchen, das zugleich polyglott und keiner Sprache vollständig mächtig ist. In einer Suite mit Aussicht beginnt der Boheme-Traum jeder alleinerziehenden Künstlerin, bei Frühstücksspezialitäten via Roomservice mit Blick aufs Meer und gelegentlichem Seitenblick auf den brav spielenden Sohn zu schreiben: "Wozu noch Kunst, wenn nicht, um die Sinne zu schärfen, für ein gutes und schönes Leben?" Die einzige Gefahr droht von einem zugleich ersehnten und auf Abstand gehaltenen Liebhaber mit sprechendem Namen "Regis".

Zu erwarten wäre nun mindestens eine Schreibblockade. Doch "Wörter flogen ihr zu, Sätze, Rhythmen. Sie schrieb sich in einen Rausch - ein schneller Tanz, in heimlicher Freude über ihre Allmacht, jeden Akkord und auch jeden Schritt in diesem Raum vorherbestimmt zu haben." Der Tanz führt ins New York der Roaring Twenties, zu Stummfilm-Diven, City-Girls und einer mondänen Lebedame mit einer echten Kobra als Halskette, die als frischgebackene Erbin der wichtigsten New Yorker Galerie die Künstler wie Puppen tanzen lässt. Statt mit "überlieferten Zeugnissen" und "Werkinterpretation" nähert sich Dora Brâncusi in künstlerischer Einfühlung. Statt "Vorreiter der aktuellen Diskurse" wird er zu ihrer Muse, fiktionalisiert zu Constantin "Avis" - Literatur gewordener "Hinweis" auf einen Kunstbetrieb, in dem Stein und Schein nur zwei Buchstaben trennen.

Die hundert Jahre auseinanderliegenden Welten verbindet die Schein- und erste Massenkunst Kino mit der aus dem kleinen ligurischen Ort stammenden Diva Alba Fantoni. Für deren letzten Stummfilm wird der gegenüber Zeitgenossen wie Man Ray oder Duchamp eher orientierungslos durch New York tappende Constantin am Ende eine Attrappe seiner Kunst schaffen - und eine herbe Enttäuschung erleben. Der Kreis schließt sich mit einer Schweizer Stiftung, die für die literarische Metamorphose der Statuette Hotel und Dolce Vita spendiert. Sie alle tragen denselben Titel: Damenwahl - das zentrale Motiv des Romans.

Mit seiltänzerischer Sicherheit führt Grigorcea knapp, treffend und mit humorvoller Lakonie die Beziehungsgeschichten eines halben Dutzends Frauen zusammen. Die Galerieassistentin Lidy verführt Constantin, nicht zuletzt mit einer flammenden Rede über den Sinn der Kunst; Laura erzählt beim Kaffee, wie sie sich im Sizilien der späten Fünfziger erst ihren Tullio angelte und später einen glamouröseren Liebhaber, und Dora wird sich in einer überraschenden Volte von dem sie seit zwanzig Jahren beherrschenden Mann befreien. Es sind feministisch unverdächtige Frauen, die sich ebenso dezent wie konsequent aus den vorgeschriebenen Rollenmodellen eines ganzen Jahrhunderts herauswinden und am Ende dem Hund, dem eigenen Sohn oder der Kunst ihre Liebe zuwenden. Hierin liegt die große Stärke von Grigorceas Erzählkunst.

Der Kunstdiskurs wirkt demgegenüber eher aufgesetzt. Die Analogie zum bildhauerischen "Befreien aus dem Stein" - seit seiner Begründung durch den Renaissancebildhauer Donatello ohnehin zur Plattitüde herabgesunkenen - bleibt Metapher. So beredt der Roman über sein Entstehen ist, wenn der Fleck vor dem Hotel der ligurischen Gegenwart zu einer New Yorker Katze wird und diese wieder zum Fleck, so sprachlos ist er vor dem bildnerischen Prozess. Symptomatisch blendet der Text aus, wenn der Bildhauer seine Werkzeuge ausgebreitet hat, um (wie Dora) im Hotelzimmer einen harten Flusskiesel zu bearbeiten, und kehrt erst wieder mit dem Staub, der anschließend alles bedeckt. Die unfertige Skulptur bleibt unter der Bettdecke verborgen.

Kaum ein Bildhauer der Moderne hatte ein innigeres Verhältnis zu seinem Material als Brâncusi. Darum ist es ein stimmiger Einfall, ihn eine Skulptur- Attrappe aus Pappmaché erschaffen zu lassen, die nicht nur als missing link die Handlungsstränge verbindet, sondern in der bedrucktes Papier zu scheinbarem (Edel-)Stein wird, um wiederum in beschriebenes Papier zu münden. Doch auch hier klafft zwischen Kleisteranrühren und Bemalen eine Leerstelle, die den durch den Roman schwebenden Überlegungen zum Sinn von Kunst und Kunstschaffen einen Körper hätte geben können.

Was also ist das Ziel der Kunst? "Joy" bereitet sie Lidy, Constantin befriedigt die täuschende Imitation eines Vogelrufs, und Dora will mit ihr das Böse untergehen lassen. So sympathisch die optimistisch-hedonistischen Antworten sind, die "Das Gewicht eines Vogels beim Fliegen" seine Figuren geben lässt, mit seiner Feier der Lebenskunst streift der Roman - nicht zuletzt in der elaborierten Beschreibung der ligurischen Spezialitäten - zuweilen die Kulinarik. TINA HARTMANN

Dana Grigorcea: "Das Gewicht eines Vogels beim Fliegen". Roman.

Penguin Verlag,

München 2024.

224 S., geb., 24,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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