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Sie sieht ihn zum ersten Mal an der Universität: Er ist wie sie jüdischer Abstammung, beide Familien haben traumatische Kriegserinnerungen, sie erkennt in ihm ihren Seelenverwandten. Mit aller Wucht schmeißt sich die junge Edna in die Katastrophe einer Liebe, die sie für die ihres Lebens hält. Ein bewegendes Buch über eine Frau, die erst lernen muss, ihr Leben und Lieben in die richtige Bahn zu lenken.

Produktbeschreibung
Sie sieht ihn zum ersten Mal an der Universität: Er ist wie sie jüdischer Abstammung, beide Familien haben traumatische Kriegserinnerungen, sie erkennt in ihm ihren Seelenverwandten. Mit aller Wucht schmeißt sich die junge Edna in die Katastrophe einer Liebe, die sie für die ihres Lebens hält. Ein bewegendes Buch über eine Frau, die erst lernen muss, ihr Leben und Lieben in die richtige Bahn zu lenken.
Autorenporträt
Jessica Durlacher, 1961 in Amsterdam geboren, ist mit ihren preisgekrönten Romanen 'Das Gewissen', 'Die Tochter' und 'Emoticon' in den Niederlanden eine Bestsellerautorin. Für 'Der Sohn' erhielt sie den Opzij-Literaturpreis 2010 als bestes Buch des Jahres. Der Roman wurde in den Niederlanden 2016 erfolgreich verfilmt. Sie ist Mutter von zwei erwachsenen Kindern und lebt mit ihrem Mann in den Niederlanden.
Rezensionen
"Die turbulente Geschichte um die zwanzigjährige Glückssucherin Edna Mauskopf, deren Denken und Handeln zu Beginn des Romans ausschließlich um den Kommilitonen Samuel Finken kreisen, trägt die klassischen Züge einer originellen Education sentimentale. Inszeniert wie ein Film von Eric Rohmer, blättert Jessica Durlacher im Kursbuch ihrer nach Liebe und Selbstverwirklichung strebenden ruhelosen Streunerin. Doch als sich Edna endlich am Ziel ihrer Träume sieht und sie und Samuel gegen alle Hindernisse ein Paar geworden sind, muß sie schmerzlich erkennen, daß sich ihr Leben unmerklich gewandelt hat. Mit ihrem ruhelosen Geschöpf ist der Autorin eine moderne Heldin der Neunziger geglückt: ein sprunghaftes Wesen, das all die disparaten Gefühle jener Generation in sich vereint, die an der Schwelle zum neuen Jahrtausend erkennen muß, eine Vergangenheit bekommen zu haben." (Vogue)

"Die klug gebaute Geschichte von Ednas Erwachsenwerden zwischen Männern, Vätern und jüdischer Vergangenheit liest sich sommerlich leicht, die Einblicke in die weibliche Psyche sind tief." (Süddeutsche Zeitung)

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.05.1999

Betrieb Liebe
Erleichtert: Jessica Durlacher wiederholt sich schon im Debütroman

Es ist eine richtige "Elle"-Story: er ein unkomplizierter Auflagenmillionär mit Charme und Vergangenheit, sie eine attraktive Frau, die es trotz, neben und mit diesem Mann (samt Kindern, versteht sich) geschafft hat. Und die inzwischen für ihren Romanerstling mit dem "Goldenen Eselsohr" - so etwas bekommt man in den Niederlanden für das bestverkaufte literarische Debüt - ausgezeichnet wurde. Was die Frauenzeitschrift unter dem Titel "Working Couple" über das Paar Leon de Winter und Jessica Durlacher daherplaudert, hat die 1961 in Amsterdam geborene Jungautorin selbst mit "geänderten Namen", wie die Redaktionen immer schreiben, noch einmal neu erzählt. So richtig zum Mitfühlen und Wiedererkennen.

"Das war kein Job von neun bis fünf", charakterisiert Jessica Durlachers Ich-Erzählerin Edna ihre große Liebe - eine Geschichte mit langen Pausen voller Seelenfledderei und Sehnsucht; eine Geschichte mit einem samtäugigen Kommilitonen, der gerne als einsamer Wolf posiert und mit Bindungen seine Probleme hat. Je weniger sich die zwei sehen, desto mehr ist die ganze Sache für Edna "ein Vierundzwanzigstundenbetrieb. Ich arbeitete auch, wenn ich ihn nicht sah, an seiner Freundschaft, an seiner Bewunderung, an seinem Vertrauen . . . Es ging ja auch nicht nur um ihn. Ich mußte ja schließlich verändert werden, er verkörperte das, was mein Leben zu werden hatte." Zu dieser mühevollen Arbeit gehören, ebenfalls klassisch, eine Menge Liebhaber, mit denen sich's mal über Kreuz, mal im Dreieck schläft, gehört das Literaturstudium, gehören die Anfänge als Kultur-Journalistin.

Aber weil "Het Geweten" (1997) - nun in flüssigem Deutsch unter dem Titel "Das Gewissen" erschienen - eben doch ein Roman ist, finden sich die zwei alten Antipoden einige verquälte Jahre später im gleichen Sendestudio wieder. Sie werden als das ideale Moderatorenpaar zusammengeworfen, lehnen den Traumjob gemeinsam ab, kaufen statt dessen eine Wohnung, basteln an ihrer Karriere, er als Buchhändler, sie als Journalistin, und lieben einander verzweifelt und süchtig, wie Edna es immer schon vorgesehen hatte. Sie entdecken, fast im Nebenbei, die Holocaust-Vergangenheit ihrer Väter - auch Jessica Durlachers und Leon de Winters Vater haben den Holocaust nur knapp überlebt -, ein Kapitel holländischer Geschichte, das im Land lange Zeit kein Thema war und nun für beide ein weiteres Stück Selbstfindung neben Liebe und Beruf wird.

Und der Leser entdeckt, daß Durlachs leichtfüßige Schwermütigkeiten, ihre tiefsinnigen Trivialitäten, ihre schlaubergerischen Schlichtheiten auf einmal greifen. Die traumatischen, verdrängten Erfahrungen aus zweiter (väterlicher) Hand lösen schon bei der kleinen Edna eine Beschützer-Obsession aus, die sie zu merkwürdigen Ritualen veranlaßt: "Hin und her bewegte ich den Kopf zu den hochgezogenen Schultern, auf daß der Krampf im Nacken das heranschnellende Unheil bannen würde, unterstützt von meinem hochschwingenden Arm". Irgendwann werden die spastischen, von unendlichem Gemurmel begleiteten Bewegungen des Mädchens unübersehbar, und Ednas autoritärer, aber liebevoller Vater durchschneidet beim sonntäglichen Familienfrühstück ein für allemal den Knoten - diesen einen Knoten. In andere bleiben Ednas und Samuels Familie ein Leben lang verstrickt; seinen wirklichen Nachnamen etwa - Finkelstein anstatt Finken - lernt Samuel erst nach dem Zusammenbruch seines Vaters kennen.

Gerade dem flachsig-grüblerischen, selbstironischen Ton, der die Liebe wie in einem well-made-play ausbuchstabiert, eignet eine Zurückhaltung, die einiges von den scheuen Rückblicken der zweiten Generation verrät. Die Glätte ist nicht mehr die des brillierenden Unterhaltungsromans, sondern die eines Schweigens, einer Sprachlosigkeit, die etwa Maarten t' Harts Retrospektiven in "Die Netzflickerin" ermangeln. Es hat etwas vom römischen "Cum tacent clamant", das sich da unversehens ins süffige Pointenpingpong einschleicht.

Wobei letzteres, bei allem seichten Zerebralismus, sich selbst und die Medienmaschinerie immerhin ein bißchen auf die Schippe nimmt. Auch die mittlerweile arrivierte Feuilletonistin Edna nimmt am Schluß ihre Arbeit nicht mehr ganz so ernst - um so ernster dafür wie eh und je den Vierundzwanzigstundenbetrieb Liebe. Auf einer Interview-Reise bekommt sie von Samuel Abstand und trifft mit Felix endlich jenen unkomplizierten Mann, für den sie eigentlich immer schon bestimmt war: den Auflagenmillionär mit Charme und Vergangenheit. ALEXANDRA M. KEDVES

Jessica Durlacher: "Das Gewissen". Roman. Aus dem Niederländischen übersetzt von Hanni Ehlers. Diogenes Verlag, Zürich 1999. 362 S., geb., 39,90 DM.

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»Die niederländische Autorin Jessica Durlacher ist eine grandiose Schriftstellerin.« Brigitte Brigitte