Studienarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Theologie - Biblische Theologie, Note: 1, Universität Kassel (Religionswissenschaften), Veranstaltung: Einleitung in das Neue Testament, Sprache: Deutsch, Abstract: Der offensichtliche Konflikt zwischen Güte und Gerechtigkeit fällt schon beim ersten Lesen der Perikope ins Auge Die Reaktion der Arbeiter, die den ganzen Tag im Weinberg gearbeitet hatten, scheint auch heute noch für den Leser verständlich und nachvollziehbar. Der Unmut dieser scheint im ersten Augenblick durchaus berechtigt, er erscheint als legitime Antwort auf die wahrgenommene Ungerechtigkeit. Indem der Gutsbesitzer gütig gegenüber den Letzten ist, verstößt er scheinbar gegen den Grundsatz der (Verteilungs-)Gerechtigkeit. Um so mehr verblüfft die Antwort des Hausherrn, der sich auf Recht und (sein Recht auf) Güte beruft. Hier wird nach unseren Maßstäben eine Diskrepanz sichtbar, zum einen zwischen dem, was Recht, und dem, was gerecht ist, zum anderen zwischen Gerechtigkeit und Güte. Das Gleichnis aber löst diesen Konflikt nicht weiter auf, es endet mit der klaren Reaktion des Hausherrn und lässt den Leser nun mit diesem Konflikt allein. Und genau hier fesselt das Gleichnis seine Leser, hier wird es zur 'Bibel interaktiv' par Excellenze: Der Leser muss den Konflikt weiter denken, um ihn zu lösen, in dem 'ungeschriebenem Schluss' des Gleichnisses liegt es am Leser, das Gleichnis und seinen Konflikt aktiv mit- und zu Ende zu denken, der Leser wird gefordert, die mit "Du" formulierte Schlussfrage in Vers 15 selbst zu beantworten. Konnte er den Unmut der Arbeiter der ersten Stunde verstehen, so ist nun die Antwort des Hausherren auch keineswegs unverständlich - die Sympathie des Lesers weiß nun nicht mehr wohin. Das Handeln und die Argumentation des Gutsbesitzers machen klar: Gottes Gerechtigkeit ist eine andere als unsere menschliche Gerechtigkeit. Gerecht ist das, was der Einzelne bedarf, nämlich einen Platz im Himmelreich (wofür hier der Denarsteht). Aufgrund seiner Güte lässt Gott Gerechtigkeit widerfahren. In seiner Allgewalt ist dies sein gutes Recht (worauf sich der Gutsbesitzer in seiner Antwort auch beruft) - er kann verfahren, wie ihm beliebt (und er tut ja nichts Böses!). Unrecht tut er keinem.
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