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Eine ungewöhnliche Autobiographie: Zwei Männer, die über vierzig Jahre zusammenleben und arbeiten, erzählen ungeniert von ihrer offenen Zweierbeziehung. In stetem Wechsel geschrieben, vermitteln ihre Geschichten sehr private Erfahrungen, geben aber zugleich persönliche Einblicke in die kulturelle Szene der letzten Jahrzehnte. Über dreißig Jahre besuchten sie als Berater des Medien-Moguls Leo Kirch zahlreiche Metropolen. Ihr Interesse galt vor allem der Subkultur, die sie selbst in Moskau und Tokio aufspürten. Obwohl sie ihre sexuelle Präferenz nie verleugnen, widmen sie Frauen wie Männern…mehr

Produktbeschreibung
Eine ungewöhnliche Autobiographie: Zwei Männer, die über vierzig Jahre zusammenleben und arbeiten, erzählen ungeniert von ihrer offenen Zweierbeziehung. In stetem Wechsel geschrieben, vermitteln ihre Geschichten sehr private Erfahrungen, geben aber zugleich persönliche Einblicke in die kulturelle Szene der letzten Jahrzehnte. Über dreißig Jahre besuchten sie als Berater des Medien-Moguls Leo Kirch zahlreiche Metropolen. Ihr Interesse galt vor allem der Subkultur, die sie selbst in Moskau und Tokio aufspürten. Obwohl sie ihre sexuelle Präferenz nie verleugnen, widmen sie Frauen wie Männern liebevolle Porträts. Zwar bestreiten die Autoren, daß ihr Lebensweg beispielhaft ist, doch erlauben ihre Erfahrungen immer wieder den Vergleich mit der Lebensführung anderer Paare. Ein oft widerspruchvolles Leben, dem aber Selbstkritik und Komik nicht fremd sind. Das Glück ist kein Haustier - daß es so ist, zeigt diese autobiografische Lebens- und Liebesreise zweier Männer.
Autorenporträt
Hans Stempel lebt als freier Journalist in München. Er schrieb mehrere Kinder- und Jugendbücher, drehte Dokumentarfilme und einen Spielfilm.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.02.2001

Szenen keiner Ehe
Hans Stempel und Martin Ripkens wollen das Nudelholz begraben

In einem kleinen Pariser Kino sitzt Ende der Fünfziger ein schwules Paar, das sich noch nicht lange kennt, und schaut Tod Brownings Klassiker "Freaks". In diesem berüchtigt radikalen Film aus dem Jahre 1932 verdienen sich die typische bärtige Dame und andere, größtenteils zwergenwüchsige Mitglieder einer eingeschworenen Gemeinde von mißgebildeten Außenseitern als Schauobjekte in einem Zirkus ihren Lebensunterhalt, bis ihnen von zwei gutaussehenden, aber heimtückischen "Normalen" übel mitgespielt wird.

Während Hans und Martin frisch verliebt im stillen über die metaphorische Parallele zu ihrer eigenen Situation reflektieren, sitzt in der Reihe hinter ihnen jemand, der andauernd unverschämt vor sich hin kichert. Warum ihn der Film so unbändig amüsiert, ist eine der schönsten Erkenntnisse, die man durch die Lektüre der im Tandem geschriebenen Autobiographie "Das Glück ist kein Haustier" gewinnt. Der vermeintlich Normale, der jemanden, der anders aussieht, denkt oder sich verhält, verurteilt, sagt damit mehr über sich aus als über den, auf den er angewidert mit dem Finger zeigt. So könnte man die Lehre aus dieser Geschichte zusammenfassen, ohne das eindeutigere Zitat Rosa von Praunheims bemühen zu müssen.

In 24 kleinen Episoden führt uns das Autorenpaar Hans Stempel und Martin Ripkens abwechselnd durch das bewegte gemeinsame Leben, angefangen mit dem Kennenlernen im Sommer 1957 in der Nähe einer "öffentlichen Bedürfnisanstalt" in Düsseldorf, eines typischen Treffpunkts für schnelle sexuelle Abenteuer. Doch aus dieser Begegnung wird eine Liebe, die bemerkenswerterweise bis zum heutigen Tage andauert.

Der Leser erfährt, daß zumindest unter Männern die "offene Beziehung" nicht unvereinbar mit gängigen Treuebegriffen sein muß, wenn man sich nur an feste Spielregeln hält. Zu denen etwa gehört, daß man sich nach einem gelegentlichen, auch mal beiderseitigen Abenteuer immer zum verabredeten Zeitpunkt und Ort einfinden muß. Ein ebenso einfaches wie einleuchtendes Versprechen, das in vielen (auch staatlich sanktionierten) Beziehungen viel Gram ersparen könnte. Die Frau, die mit dem Nudelholz auf den heimkehrenden Gatten lauert, der mal wieder den Kegelabend oder Bürotag verlängert hat, um sich gewisse (zumindest alkoholische) Freiheiten herauszunehmen, ist nicht nur ein oft verwendetes Motiv in Witzzeichnungen. Wo es doch zumindest in der Zeit des Mobilfunks ein absolutes Unding ist, jemanden voller Ungewißheit warten zu lassen.

Stempel und Ripkens machen kein Hehl daraus, daß sie sich nicht nur anderswo "Appetit holen", sondern auch "auswärts essen", aber da sie sich einig sind und beim schnellen Sex unter aufgeklärten Schwulen auch höchst selten romantische Verwicklungen entstehen, funktioniert alles bestens, selbst wenn sie mal im Urlaub an alternierenden Tagen an denselben gutgebauten Spanier geraten, dieses erst nach einigen Tagen bemerken und ihn dann kurzerhand zum Menü zu dritt einladen.

Doch die Geschichten erschöpfen sich nicht in Geheimrezepten für langjährige Bindungen, unterbrochen von geschmackvoll, aber nicht zu sachlich geschilderten Handgreiflichkeiten. Schon das Titelbild von Jean Cocteau weist darauf hin, daß man es mit Freunden der feinen Künste zu tun hat. Gleich beim ersten Gespräch ist es die Literatur, die den Journalisten Stempel und den Buchhändler Ripkens zusammenführen. Später schreiben sie einzeln und gemeinsam, auch unter Pseudonym Filmrezensionen, machen sich damit einen Namen und begutachten dann in einer Zeit, in der man noch keine Videokopien per FedEx verschicken konnte, in fremden Ländern Filme für den Medienmogul Leo Kirch.

Nicht nur schriftstellerisch sind die beiden Filmjournalisten tätig (erfolgreiche Kinder- und Jugendbücher, aber auch Lyrik), über die Fachkenntnis und Begeisterung für den Film kommen sie auch dazu, Interviews mit seinerzeit nicht überall bekannten Regisseuren wie Robert Bresson oder Yilmaz Güney für das Fernsehen zu erstellen, schließlich drehen sie sogar einen Kinospielfilm ("Eine Liebe wie andere auch"), der sich wie ihre TV-Dokumentation "Wie geht ein Mann?" mit ganz normalen homosexuellen Problemen beschäftigt. Alltagsgeschichten entfalten auch am Rande ihrer "Lebensreise" einen besonderen Charme: Wenn sie sich etwa in der Münchner Fußgängerzone bei einem Kaufhaus treffen wollen und erst nach bangen Stunden begreifen, daß es von der Kette zwei Filialen gibt, und sie daher keine zweihundert Meter voneinander entfernt beide Schlimmes befürchteten.

Neben Porträts von Bekannten, die dem Leser in wenigen Seiten völlig Unbekannte ans Herz wachsen lassen, schildern die Autoren ihre kleinen Abenteuer mit argwöhnischen Vermieterinnen und erzkatholischen Tanten, aber auch osteuropäischen Geheimdienstlern oder Tokioter Badbesuchern. Sie beschreiben ihren langjährigen Wohnort München ebenso charmant wie einige ausländische Hotelzimmer, von denen aus sie Expeditionen auf Trödelmärkte, zu Videotheken oder in die lokale Subkultur unternehmen. Selbst ihren Reisebegleitern, einem Paar Koffer, die sie "Vollmilch" und "Bitter" nennen, widmen sie ein eigenes Kapitel, wie auch dem Hund, den sie nie hatten.

Die Filmbegeisterung der Autoren hat es dem ähnlich veranlagten Rezensenten besonders angetan, und wenn die zwei Feingeiste Ingmar Bergman interviewen dürfen oder sich mit einer Moskauerin über Pasolini unterhalten, zeigt sich eine cinephile Leidenschaft, die sich selbst auf jemanden überträgt, der die französische Feinschmeckerküche ebensowenig zu schätzen weiß wie homoerotische Literatur. Aber es ist nicht das Anliegen der beiden, es jedem recht zu machen; der Tonfall des Buches schwankt zwischen (manchmal auch selbstkritischem) Humor und der melancholischen Nachdenklichkeit distinguierter alter Herren.

Abschließend ist noch eine Beobachtung hervorzuheben: Während es bei den ersten Kapiteln noch sehr gegenwärtig ist, welcher der beiden Autoren für welchen Text verantwortlich ist, ist es ebenso verblüffend wie einleuchtend, daß man beim Vertiefen der Lektüre schließlich nicht mehr auf die Initialen zu Beginn eines Kapitels achtet. Unmerklich vermengen sich die unterschiedlichen Stile der zwei Schriftsteller zu einer Einheit, was wohl auch ihre Beziehung versinnbildlicht. Nach dreiundvierzig Jahren Zusammenleben und -arbeiten denken und schreiben sie ähnlich. Darum möchte man sie fast beneiden.

THOMAS VORWERK

Hans Stempel, Martin Ripkens, "Das Glück ist kein Haustier". Eine Lebensreise. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2000. 260 S., br., 28 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Herausgekommer ist ein spannendes, aber auch sehr persönliches Buch, mit Becks bemerkenswertem Lebensfazit: 'Die ganze Welt habe ich nach dem abgesucht, was mich erfüllen könnte, und die ganze Zeit besaß ich es schon.'"'Deutsche Welle'

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Charmant, charmant findet der Rezensent Thomas Vorwerk nicht nur die Szenen einer schwulen Ehe, die Hans Stempel und Martin Ripkens gekonnt und unterhaltsam beschreiben, auch die "Filmbegeisterung" der Autoren springt auf den "ähnlich veranlagten" Rezensenten über. Förmlich aus dem Häuschen gerät der Rezensent, wenn "die zwei Feingeiste Ingmar Bergmann interviewen dürfen oder sich mit einer Moskauerin über Pasolini unterhalten". Da das Ganze, so Vorwerk, auch noch in einem humorvollen, teilweise melancholischen Tonfall erzählt wird, ist das Glück des Rezensenten perfekt. Weniger etwas für Liebhaber der französischen Küche und homoerotischer Literatur als für Kinoliebhaber, die Alltagsgeschichten zu genießen wissen, so das abschließende Fazit des Rezensenten.

© Perlentaucher Medien GmbH