"Der Wiener ist sentimental und der Schmeichelei zugänglich wie kaum ein zweiter Großstädter. Diesen beiden Eigenschaften des Wieners danken wir das alte Wort vom 'goldenen Wiener Herzen'. Es ist lange her, seit es geprägt wurde, so lange, dass der Wiener nun selbst schon daran glaubt, vor allem darum, weil es ihm schmeichelt, als 'guter Kerl' ausgeschrieen zu werden. Dennoch passt das Sprüchlein, dass nicht alles Gold ist, was glänzt, für nichts besser, als für das 'goldene Wiener Herz'.Der Wiener Journalist Max Winter (1870-1937) zeigt in seinen Reportagen, was sich unter dem Glanz verbirgt, nämlich die Herzlosigkeit der Großstadt um 1900. Seine Recherchen führen uns ins Wöchnerinnenheim, ins Asyl für Obdachlose, schildern einen Weihnachtstag im Armenamt sowie die Mühen der Werkhausarbeiter und der 'Freiwilligen Rettungsgesellschaft'. Winter porträtiert Wien und die Wiener in einer Zeit, die vom Wohlstand des 21. Jahrhunderts noch weit entfernt war.