Der bekannte Kinderbuchillustrator David Macaulay erklärt uns den menschlichen Körper auf seine unverwechselbare Art und Weise: Der Blutkreislauf ist eine Achterbahn, Verdauen gleicht einer Wildwasserfahrt und Blut hat etwas von einem Swimmingpool. In diesem einzigartigen Körperbuch der Extraklasse wird Sachinformation nicht knochentrocken erklärt, sondern mit vielen witzigen Details aufgepeppt So werden alle Informationen und Fakten über den menschlichen Körper und seine Funktionen wie nebenbei vermittelt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.10.2009Mein Körper, meine Kathedrale
David Macaulay erklärt, wie Atmung, Verdauung oder Herzklopfen funktioniert. Und baut dafür Städte, Achterbahnen und Recyclinganlagen.
Von Julia Voss
Dieses Buch des berühmten englischen Architekten und Kunsthistorikers David Macaulay könnte Kinder von einem der eindrücklichsten Schrecken der frühen Jahre befreien. "Blutet es?", fragen sie mit angstgeweiteten Augen, wenn sie sich am Kopf gestoßen haben und nun einen Erwachsenen bitten, die Wunde, die sie nicht sehen können, zu untersuchen. Nichts scheint dabei schlimmer, als dass tatsächlich Blut austritt - als könne der Körper lecklaufen und wie ein beschädigtes Tetrapack als Hülle zurückbleiben.
"Das große Buch vom Körper" nimmt Kinder nun auf eine Expedition mit ins Innere. Und weil es die anschaulichen Metaphern sind, die einem am besten in Erinnerung bleiben, beginnt Macaulays Reise in New York: "Stell dir vor", heißt es im Buch, "im Battery Park an der Spitze von New York jagt ein Hund hinter einem Tennisball her. Wenn dieser Tennisball ein Atom wäre, hätte eine menschliche Körperzelle im Vergleich dazu acht Kilometer Länge. Das entspricht der Entfernung zum Central Park oder knapp zwei Runden um den Formel-1-Kurs in Hockenheim." Aus der Vogelperspektive überblickt man dabei New York und sieht die Schnauze eines Hundes, der gerade einen gelben Tennisball aufnimmt.
Damit, große unübersichtliche Systeme in kleine anschauliche Einheiten herunterzubrechen, hat Macaulay, geboren 1946, Erfahrung. Beruflich war er als Architekt und Lehrer tätig, bis 1973 sein Jugendbuchklassiker "Sie bauten eine Kathedrale" erschien; es folgten preisgekrönte Bücher über die Entstehung römischer Städte, der Pyramiden und den Bau mittelalterlicher Burgen.
So kann es auch nicht weiter verwundern, wenn die Bildvergleiche des neuesten Bandes aus Architektur und Technik stammen: Den Atem- und Blutkreislauf zeichnet Macaulay auf einer Doppelseite als eine Achterbahn mit ineinanderverschlungener Streckenführung. Die Milz wird als eine Recyclinganlage vorgestellt, in der ein großer Hammer die verbrauchten Blutkörperchen zerschlägt, Aminosäuren und Eisen auf einem Förderband zur Wiederverwertung abtransportiert werden und der unbrauchbare Rest in die Leber abfließt. Das Zusammenspiel von Knochen, Muskeln, Bändern und Sehnen wird schließlich als ein kathedralenhafter Bau vor Augen geführt, der riesenhaft vor der Kulisse von Venedig aus dem Wasser ragt. "Unser Körper", schreibt Macaulay, "ist ein ganz besonderes Wunderwerk."
Ein Kind, das mit diesem schönen Buch sein Körperinneres kennengelernt hat, wird vielleicht, wenn es sich das nächste Mal stößt, weniger erschrecken und an Achterbahnen, Recyclingbänder und Kathedralen denken.
David Macaulay: "Das große Buch vom Körper". Aus dem Englischen von Wolfgang Hensel. Ravensburger Buchverlag, Ravensburg 2009. 336 S.,geb., 24,95 [Euro]. Ab 8 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
David Macaulay erklärt, wie Atmung, Verdauung oder Herzklopfen funktioniert. Und baut dafür Städte, Achterbahnen und Recyclinganlagen.
Von Julia Voss
Dieses Buch des berühmten englischen Architekten und Kunsthistorikers David Macaulay könnte Kinder von einem der eindrücklichsten Schrecken der frühen Jahre befreien. "Blutet es?", fragen sie mit angstgeweiteten Augen, wenn sie sich am Kopf gestoßen haben und nun einen Erwachsenen bitten, die Wunde, die sie nicht sehen können, zu untersuchen. Nichts scheint dabei schlimmer, als dass tatsächlich Blut austritt - als könne der Körper lecklaufen und wie ein beschädigtes Tetrapack als Hülle zurückbleiben.
"Das große Buch vom Körper" nimmt Kinder nun auf eine Expedition mit ins Innere. Und weil es die anschaulichen Metaphern sind, die einem am besten in Erinnerung bleiben, beginnt Macaulays Reise in New York: "Stell dir vor", heißt es im Buch, "im Battery Park an der Spitze von New York jagt ein Hund hinter einem Tennisball her. Wenn dieser Tennisball ein Atom wäre, hätte eine menschliche Körperzelle im Vergleich dazu acht Kilometer Länge. Das entspricht der Entfernung zum Central Park oder knapp zwei Runden um den Formel-1-Kurs in Hockenheim." Aus der Vogelperspektive überblickt man dabei New York und sieht die Schnauze eines Hundes, der gerade einen gelben Tennisball aufnimmt.
Damit, große unübersichtliche Systeme in kleine anschauliche Einheiten herunterzubrechen, hat Macaulay, geboren 1946, Erfahrung. Beruflich war er als Architekt und Lehrer tätig, bis 1973 sein Jugendbuchklassiker "Sie bauten eine Kathedrale" erschien; es folgten preisgekrönte Bücher über die Entstehung römischer Städte, der Pyramiden und den Bau mittelalterlicher Burgen.
So kann es auch nicht weiter verwundern, wenn die Bildvergleiche des neuesten Bandes aus Architektur und Technik stammen: Den Atem- und Blutkreislauf zeichnet Macaulay auf einer Doppelseite als eine Achterbahn mit ineinanderverschlungener Streckenführung. Die Milz wird als eine Recyclinganlage vorgestellt, in der ein großer Hammer die verbrauchten Blutkörperchen zerschlägt, Aminosäuren und Eisen auf einem Förderband zur Wiederverwertung abtransportiert werden und der unbrauchbare Rest in die Leber abfließt. Das Zusammenspiel von Knochen, Muskeln, Bändern und Sehnen wird schließlich als ein kathedralenhafter Bau vor Augen geführt, der riesenhaft vor der Kulisse von Venedig aus dem Wasser ragt. "Unser Körper", schreibt Macaulay, "ist ein ganz besonderes Wunderwerk."
Ein Kind, das mit diesem schönen Buch sein Körperinneres kennengelernt hat, wird vielleicht, wenn es sich das nächste Mal stößt, weniger erschrecken und an Achterbahnen, Recyclingbänder und Kathedralen denken.
David Macaulay: "Das große Buch vom Körper". Aus dem Englischen von Wolfgang Hensel. Ravensburger Buchverlag, Ravensburg 2009. 336 S.,geb., 24,95 [Euro]. Ab 8 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Grandios findet Rezensentin Elisabeth von Thadden das neue Buch des englischen Architekten und Kunsthistorikers David Macaulay, der sich nach Büchern über die Bauweise von Burgen oder Pyramiden dieses Mal den menschlichen Körper vorgenommen hat. Zutiefst dankbar ist die Rezensentin dem Autor, weil es ihm gelungen sei, mit seinen kurzweiligen und informativen Texten und den originellen und dabei präzisen Zeichnungen ihr bis dahin dunkel gebliebene Funktionsweisen der menschlichen Physis zu erhellen. Und dass Macaulay, auch wenn er keine Vorkenntnisse voraussetzt, seine Leser nicht unterschätzt und so auch nicht mit Fachausdrücken verschont, trägt ihm noch mehr Wertschätzung der Rezensentin ein. Der menschliche Körper erscheint beim Autor als "natürliches Kunststück" und wird mit Klugheit und Raffinesse dem kindlichen wie auch dem erwachsenen Leser bis zum Appendix auf der letzten Seite nahe gebracht, lobt die restlos überzeugte Rezensentin.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH