Zur Expo 1998 in Lissabon: Ein prächtig illustrierter Bildband über das kleine Land mit der großen Seefahrer-Vergangenheit. Das große Kompendium bietet neben der Schilderung der abwechslungsreichen Landschaft vom grünen Norden bis zur felsigen Südküste der Algarve eine einfühlsame Beschreibung von Land und Leuten sowie eine kenntnisreiche Darstellung der architektonischen Sehenswürdigkeiten und wird somit zur wichtigen Lektüre für jeden Portugal-Interessierten. Portugal ist alljährlich das Ziel Hunderttausender von Reisenden, die das vielfältige Angebot dieses kleinen Landes mit großer Vergangenheit zu schätzen wissen: Vom üppig grünen Nordteil über das bergige Binnenland bis zur beliebten Algarveküste im Süden mit ihren bizarren Felsformationen besitzt das nur 92 000 Quadratkilometer große Portugal so abwechslungsreiche Landschaften, daß jeder der zahlreichen Besucher auf seine Kosten kommt. Beate Schümann porträtiert Land und Leute in einfühlsamen und kenntnisreichen Schilderungen. Sie zeigt den Lesern nicht nur die vielen architektonischen und landschaftlichen Sehenswürdigkeiten, sondern vermittelt das ganz besondere Lebensgefühl dieses Landes auf der Iberischen Halbinsel, in dem noch vieles an die große Vergangenheit der Seefahrer- und Entdeckernation erinnert. Norbert Kustos hat die vielen reizvollen Facetten des Landes am "Anfang Europas" in eindrucksvollen Fotos festgehalten.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.08.1999Bildbände
"Das große Portugal-Buch" von Norbert Kustos und Beate Schümann. Ellert & Richter Verlag, Hamburg, 1998. 272 Seiten, 266 Abbildungen, eine Karte. Gebunden, 78 Mark. ISBN 3-89234-690-9.
Dem Verlag ist ein großer Wurf gelungen. Nicht, weil die Texte zum Bildband besonders sachkundig und informativ wären. Sie sind nicht besser und nicht schlechter als die in vielen anderen Portugal-Büchern, auch wenn Beate Schümann besser auf die larmoyante unud etwas hochmütige Anklage des Massentourismus und auf die schönfärberische Bewunderung von "Armut und archaischen Traditionen" in den Bergregionen verzichtet hätte. Nein, es sind die Bilder, die den besonderen Wert des Buches ausmachen. Sie fordern den Betrachter, aus dem Urlaub zurückgekehrt, auf, seine Reiseeindrücke von Land und Leuten zu bestätigen, zu korrigieren, zu vertiefen. Der Fotograf Norbert Kustos verfolgt ein Programm, mit dem er sich gegen das Klischee von dem verträumten, rückwärtsgewandten Land am Rande Europas wendet. Er weiß, dass Portugal zwar aus seiner Vergangenheit lebt. Aber ähnlich wie das bekannte Ensemble "Madredeus" greift er Traditionen und Symbole auf, taucht sie in stimmungsvolle Farben oder stellt sie in das grelle Licht der Gegenwart und gelangt so zu einem quasi neuen Portugal-Bild. Eindrucksvoll werden die leuchtend farbigen Fotografien mit Schwarzweißbildern aus der Frühzeit der Fotografie konfrontiert, das Gestern wird mit dem Heute verglichen und der Atem einer Landschaft, die Schönheit einer Stadt und der Sinn eines Kunstwerks werden spürbar. Auffallend ist, dass fast auf allen Schwarzweißbildern Menschen zu sehen sind, wie sie miteinander sprechen, essen und trinken, klöppeln, Schafe hüten, Felder pflügen, Wein ernten und keltern. Immer wird am Einzelnen das Allgemeine sichtbar gemacht. Auf den Farbbildern fehlen in der Regel die Menschen, und wenn sie auf dem einen oder anderen Bild doch auftauchen, dann sind sie oft allein wie etwa der Fischer beim Flicken der Fischernetze, die Frau bei der Heuernte oder der alte Mann auf einer Bank im Park. Zeichen der Zeit im modernen Portugal? Wenn man an dem "großen Portugal-Buch" überhaupt etwas aussetzen will, dann die Tatsache, dass Norbert Kustos die moderne Arbeitswelt in Portugal ganz außer acht gelassen hat. Der Industriestandort Portugal, der von der internationalen Industrie ausgiebig genutzt wird, wäre durchaus ein paar Bilder wert gewesen. (A.W.)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Das große Portugal-Buch" von Norbert Kustos und Beate Schümann. Ellert & Richter Verlag, Hamburg, 1998. 272 Seiten, 266 Abbildungen, eine Karte. Gebunden, 78 Mark. ISBN 3-89234-690-9.
Dem Verlag ist ein großer Wurf gelungen. Nicht, weil die Texte zum Bildband besonders sachkundig und informativ wären. Sie sind nicht besser und nicht schlechter als die in vielen anderen Portugal-Büchern, auch wenn Beate Schümann besser auf die larmoyante unud etwas hochmütige Anklage des Massentourismus und auf die schönfärberische Bewunderung von "Armut und archaischen Traditionen" in den Bergregionen verzichtet hätte. Nein, es sind die Bilder, die den besonderen Wert des Buches ausmachen. Sie fordern den Betrachter, aus dem Urlaub zurückgekehrt, auf, seine Reiseeindrücke von Land und Leuten zu bestätigen, zu korrigieren, zu vertiefen. Der Fotograf Norbert Kustos verfolgt ein Programm, mit dem er sich gegen das Klischee von dem verträumten, rückwärtsgewandten Land am Rande Europas wendet. Er weiß, dass Portugal zwar aus seiner Vergangenheit lebt. Aber ähnlich wie das bekannte Ensemble "Madredeus" greift er Traditionen und Symbole auf, taucht sie in stimmungsvolle Farben oder stellt sie in das grelle Licht der Gegenwart und gelangt so zu einem quasi neuen Portugal-Bild. Eindrucksvoll werden die leuchtend farbigen Fotografien mit Schwarzweißbildern aus der Frühzeit der Fotografie konfrontiert, das Gestern wird mit dem Heute verglichen und der Atem einer Landschaft, die Schönheit einer Stadt und der Sinn eines Kunstwerks werden spürbar. Auffallend ist, dass fast auf allen Schwarzweißbildern Menschen zu sehen sind, wie sie miteinander sprechen, essen und trinken, klöppeln, Schafe hüten, Felder pflügen, Wein ernten und keltern. Immer wird am Einzelnen das Allgemeine sichtbar gemacht. Auf den Farbbildern fehlen in der Regel die Menschen, und wenn sie auf dem einen oder anderen Bild doch auftauchen, dann sind sie oft allein wie etwa der Fischer beim Flicken der Fischernetze, die Frau bei der Heuernte oder der alte Mann auf einer Bank im Park. Zeichen der Zeit im modernen Portugal? Wenn man an dem "großen Portugal-Buch" überhaupt etwas aussetzen will, dann die Tatsache, dass Norbert Kustos die moderne Arbeitswelt in Portugal ganz außer acht gelassen hat. Der Industriestandort Portugal, der von der internationalen Industrie ausgiebig genutzt wird, wäre durchaus ein paar Bilder wert gewesen. (A.W.)
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