Stammbücher, auch Freundschaftsbücher oder Alba Amicorum genannt, zählten um 1600 zu einer sehr beliebten und verbreiteten Sammelform. Das Große Stammbuch des Augsburger Kaufherrn, Kunstvermittlers und politischen Korrespondenten Philipp Hainhofer (1578-1647) jedoch ragt in mehrfacher Hinsicht heraus. Nicht nur die gesellschaftliche Stellung der Inskribent_innen, auch die künstlerisch gestalteten Seiten, teils von namhaften Malern und Stechern wie Lucas Kilian und Johann Matthias Kager gefertigt, lagen weit über dem Durchschnitt. Die Funktion des Albums war ebenfalls eine besondere. Auf Hainhofers zahlreichen Reisen an die Höfe Europas setzte er es als "Visitenkarte" und Netzwerkinstrument ein, gewann damit immer neue Blätter hinzu und berichtete voll Stolz über den steten Zuwachs an Kunstwert und Renommee. Das Stammbuch wurde so berühmt, dass Herzog August der Jüngere von Braunschweig-Lüneburg, für den Hainhofer langjährig tätig war, es mit dessen Nachlass für sich erhalten wollte. Dieses Vorhaben scheiterte. Nach Hainhofers Tod galt das Album lange als verschollen und tauchte erst Anfang des 20 Jahrhundert wieder im Kunsthandel auf, von wo es in Privatbesitz gelangte. Es ist ein Glücksfall für die Forschung und alle Buchliebhaber_innen, dass das kostbare Große Stammbuch 2020 für die Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel erworben werden konnte und nun in einer umfassenden digitalen Edition zugänglich gemacht wird. Die reich bebilderte Publikation präsentiert das einzigartige Album in seinen textlichen, bildlichen und kontextuellen Facetten.