'Scharfsinnig und mit schlagenden Argumenten beschreibt Hans-Werner Sinn das grüne Paradoxon. Mit seiner ökonomischen Betrachtung des Klimaproblems beseitigt der Bestseller-Autor die blinden Flecken in einer wichtigen Debatte.
'Die grüne Umweltpolitik ist voller Paradoxien: Windräder verschandeln unsere Landschaft, klimaschonende Atomkraftwerke werden abgeschaltet, der Biosprit in unseren Autos verursacht Hunger in armen Ländern. Alle nationalen Maßnahmen von Ökosteuer bis zur staatlichen Förderung grüner Energien gehen auf Kosten der Steuerzahler. Doch all das kann den Klimawandel nicht stoppen, sondern wird ihn sogar beschleunigen. Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo Instituts, klärt über die fatalen Irrtümer der Umweltpolitik auf und beseitigt die blinden Flecken in einer lebenswichtigen Debatte.
'Die grüne Umweltpolitik ist voller Paradoxien: Windräder verschandeln unsere Landschaft, klimaschonende Atomkraftwerke werden abgeschaltet, der Biosprit in unseren Autos verursacht Hunger in armen Ländern. Alle nationalen Maßnahmen von Ökosteuer bis zur staatlichen Förderung grüner Energien gehen auf Kosten der Steuerzahler. Doch all das kann den Klimawandel nicht stoppen, sondern wird ihn sogar beschleunigen. Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo Instituts, klärt über die fatalen Irrtümer der Umweltpolitik auf und beseitigt die blinden Flecken in einer lebenswichtigen Debatte.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.01.2009Wie ein Geisterfahrer
Hans-Werner Sinn attackiert die deutsche Umweltpolitik
Durch die Finanzkrise scheinen die Probleme der Umweltpolitik in den Hintergrund geraten zu sein. Doch der Schein trügt. Einige Ökonomen vertreten sogar die Auffassung, dass die Finanzkrise einen positiven Effekt auf die Umwelt hat, da das sinkende Wirtschaftswachstum den Kohlendioxid-Ausstoß verringere. Soll die Wirtschaft also nicht mehr wachsen, um das Umweltproblem zu lösen? Wohl kaum.
Das Buch von Hans-Werner Sinn ist genau zum richtigen Zeitpunkt erschienen. Zum einen war eine so klare Analyse der Umweltproblematik und Umweltpolitik längst überfällig. Zum anderen zeigt das Buch, dass die Maßnahmen zur Lösung der Finanzkrise und der Umweltkrise eines gemeinsam haben: Sie müssen gründlich überdacht werden. Der Autor fragt zunächst, "warum die Erde immer wärmer wird" und was daraus folgt. Er zeigt, dass die weltweite Emission von Kohlendioxid in den Jahrzehnten nach der Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls 1997 sogar gestiegen ist.
Sinn verdeutlicht die Sinnlosigkeit der deutschen Klimapolitik mit Hilfe von Beispielen und dokumentiert, wie absurd so manch gelobte Maßnahme ist. Wind- und Solarenergie werden vom Stromkunden hoch subventioniert. Um Deutschland durch Windenergie mit Strom zu versorgen, müssten riesige Landstriche dicht an dicht mit 150 Meter hohen Windrädern bestückt werden. Das ist sicher keine optische Bereicherung für die Landschaft. Wie paradox die Folgen der Windenergiepolitik sind, verdeutlicht der Autor mit Hilfe einer Schätzung des Naturschutzbundes: Jährlich kommen rund 100000 Vögel in den rotierenden Windrädern zu Tode. Das "Fertigfutter" lockt wiederum zusätzlich Füchse an.
Auf dem G-8-Gipfel im Juli 2008 wurde deutlich, dass Deutschland mit seiner Pro-Wind- und Solarenergiepolitik alleine dasteht. In Sachen Atomkraft verhält es sich wie ein Geisterfahrer: Alle anderen fahren falsch. Ein besonderes Problem zeigt Sinn beim Handel von Emissionszertifikaten auf. Bereits das Kyoto-Protokoll sah den Emissionshandel auf Länderebene vor. Um praktische Erfahrungen zu sammeln, hat die EU die Vorreiterrolle übernommen. Deutschland verpflichtete sich, seine Kohlendioxid-Emissionen bis 2012 gegenüber dem Basisjahr 1990 um 21 Prozent zu senken. Also her mit Wind- und Solarenergie, her mit Energiesparlampen zur Zielerreichung?
Nein, macht der Autor deutlich. Denn zum einen wandern die in Deutschand durch Energieeinsparung frei werdenden Zertifikate in andere Länder, und der eingesparte Kohlendioxid-Ausstoß wird dann von anderen europäischen Ländern in die Luft geblasen. Zum anderen wird bei der Berechnung des nationalen Zieles der Handel mit Zertifikaten nicht mitgerechnet. Der Ausstoß des Käuferlandes wird rechnerisch auf das verkaufende Land gebucht. Ein schlechtes Tauschgeschäft!
Schließlich hinterfragt Hans-Werner Sinn auch die Produktion von Biodiesel. Automobilhersteller wollen ihre Auflagen zur Kohlendioxod-Drosselung mildern, und Bauern erhoffen sich Gewinne beim Anbau von Pflanzen zur Biospritgewinnung. Doch die grüne Ideologie übersieht dabei, dass die Energiepflanzen den Anbau essbarer Pflanzen verdrängen und dadurch die Nahrungsmittelpreise in die Höhe gehen. Tanken statt essen - ethische Beschlüsse mit unethischen Folgen. Welch ein Paradoxon!
Sinn belässt es nicht bei reiner Kritik. "Was wir tun können" überschreibt er sein abschließendes Kapitel. Dass der Kohlendioxid-Ausstoß seit Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls sogar gestiegen ist, macht stutzig. Der Autor stellt zu Recht fest, dass ein Grund für diese Entwicklung darin liegt, dass die Umweltpolitik der Länder ausschließlich eine Nachfragepolitik ist. Die eingesetzten Maßnahmen sollen die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen reduzieren. Politiker scheinen zu glauben, dass dies ausreicht, um den Klimawandel zu verlangsamen.
Aber was ist mit der Angebotsseite? Die Querverbindung zwischen den "grünen" und den anderen Ländern über den Weltmarkt für fossile Brennstoffe bleibt unberücksichtigt. Märkte werden aber durch Nachfrage und Angebot bestimmt. Nachfragereduzierung allein genügt somit nicht. Das weltweite Angebot muss sehr preiselastisch sein, so dass die Anbieter der Nachfrage schon bei minimalen Preisänderungen folgen. Nur dann stimmt die Annahme, dass eine Nachfrageverringerung der grünen Länder direkt zu einer Verringerung der Kohlendioxid-Emissionen führt.
Eines macht Hans-Werner Sinn besonders deutlich. Es nutzt niemandem, wenn ein Land Kohlendioxid spart, während andere Länder das Gesparte in die Luft blasen. Nur ein weltweites Zertifikatesystem zwingt alle zum Handeln. Versöhnlich wird der Autor am Ende seines Buches. Noch sei es nicht zu spät für einen Kurswechsel. "Für die Entwicklung der grünen Republik, die wir alle wollen, sind Realismus und Augenmaß gefragt. Dazu soll dieses Buch einen Beitrag liefern." Das tut es ohne Frage! Das Buch sollte lesen, wer in der Verantwortung steht, aber auch jene, die alles glauben, was das Etikett Energiesparen trägt.
INDIRA GURBAXANI
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Hans-Werner Sinn attackiert die deutsche Umweltpolitik
Durch die Finanzkrise scheinen die Probleme der Umweltpolitik in den Hintergrund geraten zu sein. Doch der Schein trügt. Einige Ökonomen vertreten sogar die Auffassung, dass die Finanzkrise einen positiven Effekt auf die Umwelt hat, da das sinkende Wirtschaftswachstum den Kohlendioxid-Ausstoß verringere. Soll die Wirtschaft also nicht mehr wachsen, um das Umweltproblem zu lösen? Wohl kaum.
Das Buch von Hans-Werner Sinn ist genau zum richtigen Zeitpunkt erschienen. Zum einen war eine so klare Analyse der Umweltproblematik und Umweltpolitik längst überfällig. Zum anderen zeigt das Buch, dass die Maßnahmen zur Lösung der Finanzkrise und der Umweltkrise eines gemeinsam haben: Sie müssen gründlich überdacht werden. Der Autor fragt zunächst, "warum die Erde immer wärmer wird" und was daraus folgt. Er zeigt, dass die weltweite Emission von Kohlendioxid in den Jahrzehnten nach der Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls 1997 sogar gestiegen ist.
Sinn verdeutlicht die Sinnlosigkeit der deutschen Klimapolitik mit Hilfe von Beispielen und dokumentiert, wie absurd so manch gelobte Maßnahme ist. Wind- und Solarenergie werden vom Stromkunden hoch subventioniert. Um Deutschland durch Windenergie mit Strom zu versorgen, müssten riesige Landstriche dicht an dicht mit 150 Meter hohen Windrädern bestückt werden. Das ist sicher keine optische Bereicherung für die Landschaft. Wie paradox die Folgen der Windenergiepolitik sind, verdeutlicht der Autor mit Hilfe einer Schätzung des Naturschutzbundes: Jährlich kommen rund 100000 Vögel in den rotierenden Windrädern zu Tode. Das "Fertigfutter" lockt wiederum zusätzlich Füchse an.
Auf dem G-8-Gipfel im Juli 2008 wurde deutlich, dass Deutschland mit seiner Pro-Wind- und Solarenergiepolitik alleine dasteht. In Sachen Atomkraft verhält es sich wie ein Geisterfahrer: Alle anderen fahren falsch. Ein besonderes Problem zeigt Sinn beim Handel von Emissionszertifikaten auf. Bereits das Kyoto-Protokoll sah den Emissionshandel auf Länderebene vor. Um praktische Erfahrungen zu sammeln, hat die EU die Vorreiterrolle übernommen. Deutschland verpflichtete sich, seine Kohlendioxid-Emissionen bis 2012 gegenüber dem Basisjahr 1990 um 21 Prozent zu senken. Also her mit Wind- und Solarenergie, her mit Energiesparlampen zur Zielerreichung?
Nein, macht der Autor deutlich. Denn zum einen wandern die in Deutschand durch Energieeinsparung frei werdenden Zertifikate in andere Länder, und der eingesparte Kohlendioxid-Ausstoß wird dann von anderen europäischen Ländern in die Luft geblasen. Zum anderen wird bei der Berechnung des nationalen Zieles der Handel mit Zertifikaten nicht mitgerechnet. Der Ausstoß des Käuferlandes wird rechnerisch auf das verkaufende Land gebucht. Ein schlechtes Tauschgeschäft!
Schließlich hinterfragt Hans-Werner Sinn auch die Produktion von Biodiesel. Automobilhersteller wollen ihre Auflagen zur Kohlendioxod-Drosselung mildern, und Bauern erhoffen sich Gewinne beim Anbau von Pflanzen zur Biospritgewinnung. Doch die grüne Ideologie übersieht dabei, dass die Energiepflanzen den Anbau essbarer Pflanzen verdrängen und dadurch die Nahrungsmittelpreise in die Höhe gehen. Tanken statt essen - ethische Beschlüsse mit unethischen Folgen. Welch ein Paradoxon!
Sinn belässt es nicht bei reiner Kritik. "Was wir tun können" überschreibt er sein abschließendes Kapitel. Dass der Kohlendioxid-Ausstoß seit Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls sogar gestiegen ist, macht stutzig. Der Autor stellt zu Recht fest, dass ein Grund für diese Entwicklung darin liegt, dass die Umweltpolitik der Länder ausschließlich eine Nachfragepolitik ist. Die eingesetzten Maßnahmen sollen die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen reduzieren. Politiker scheinen zu glauben, dass dies ausreicht, um den Klimawandel zu verlangsamen.
Aber was ist mit der Angebotsseite? Die Querverbindung zwischen den "grünen" und den anderen Ländern über den Weltmarkt für fossile Brennstoffe bleibt unberücksichtigt. Märkte werden aber durch Nachfrage und Angebot bestimmt. Nachfragereduzierung allein genügt somit nicht. Das weltweite Angebot muss sehr preiselastisch sein, so dass die Anbieter der Nachfrage schon bei minimalen Preisänderungen folgen. Nur dann stimmt die Annahme, dass eine Nachfrageverringerung der grünen Länder direkt zu einer Verringerung der Kohlendioxid-Emissionen führt.
Eines macht Hans-Werner Sinn besonders deutlich. Es nutzt niemandem, wenn ein Land Kohlendioxid spart, während andere Länder das Gesparte in die Luft blasen. Nur ein weltweites Zertifikatesystem zwingt alle zum Handeln. Versöhnlich wird der Autor am Ende seines Buches. Noch sei es nicht zu spät für einen Kurswechsel. "Für die Entwicklung der grünen Republik, die wir alle wollen, sind Realismus und Augenmaß gefragt. Dazu soll dieses Buch einen Beitrag liefern." Das tut es ohne Frage! Das Buch sollte lesen, wer in der Verantwortung steht, aber auch jene, die alles glauben, was das Etikett Energiesparen trägt.
INDIRA GURBAXANI
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Nicht überall, wo Energiesparen draufsteht, ist auch eine vernünftige Klimapolitik drin, weiß Indira Gurbaxani nach dieser Lektüre. Der Autor Hans-Werner Sinn überzeugt die Rezensentin mit seiner Kritik der deutschen Umweltpolitik. Solar- und Windenergie sehen für Gurbaxani schließlich nicht mehr ganz so unproblematisch aus. Sie erscheinen als Teil einer grünen Ideologie mit durchaus unethischen Folgen. Dass Sinn nicht nur Kritik übt, sondern auch Vorschläge für einen Kurswechsel anbringt (weltweites Zertifikatesystem) und für Augenmaß und Realismus plädiert, macht das Buch laut Rezensentin zur Pflichtlektüre für Verantwortliche und Leichtgläubige.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH