Unter dem tatkräftigen und kunstsinnigen Abt Berthold erlebte das Skriptorium des Benediktinerklosters Weingarten in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts seine Hochblüte. Den eindrucksvollen Beweis dafür liefern zwei Handschriften, die in ihrer originellen und kostbaren Ausstattung zum Schönsten gehören, was uns von der romanischen Buchkunst erhalten geblieben ist. Neben dem berühmten Berthold-Sakramentar ist dies ein nur wenig jüngerer, ebenfalls liturgischer Codex, der unter dem Namen Hainricus sacrista-Sakramentar bekannt ist. Seinen Namen verdankt er dem Mönch Hainricus, der sich nicht nur auf dem Prachteinband, sondern auch in der Handschrift selbst in fünf Darstellungen verewigen ließ. Welche Rolle Hainricus bei der Herstellung des Codex spielte, ob er als Illuminator oder Silberschmied selbst die künstlerische Ausstattung besorgte oder als Stifter fungierte, ist bis heute ungeklärt. Die künstlerische Ausstattung des Hainricus-Sakramentars ist von erlesener Qualität. In den 24 Kalendermedaillons, den fünf ganzseitigen Miniaturen und den 34 historisierten Initialen mit Episoden aus der Heilsgeschichte, aus dem Leben Mariens und einiger Heiliger bewirken lebhaft bewegte, plastisch modellierte Figuren eine starke emotionale Akzentuierung des Geschehens. Die 20 Tier- und Rankeninitialen und die unzähligen Fleuronnée-Initialen bestechen durch ihren phantasievollen Formenreichtum und ihre präzise Zeichnung.Zu all dem bietet der in Deckfarbenmalerei ausgeführte Buchschmuck eine Palette von Farben, deren Strahlkraft durch die nahezu verschwenderische Verwendung von Gold und Silber erhöht wird. Inhaltlich stellt die Handschrift eine Zwischenstufe in der Entwicklung des Messbuches vom reinen Sakramentar zum Vollmessbuch dar, das neben den mit den Sakramenten verbundenen gesprochenen Texten der Messe auch die gesungenen enthält. Der Duktus von Schrift und Neumen ist von einer Klarheit und Regelmäßigkeit, die auch den reinen Textseiten einen hohen ästhetischen Wert verleiht. Diese künstlerisch und auch materiell überaus kostbare Ausstattung macht das Hainricus sacrista-Sakramentar zu einem Spitzenwerk der europäischen Buchkunst des frühen 13. Jh.s. DAS FAKSIMILE Codices selecti Vol. CX. Die Handschrift wird vollständig, im Originalformat, mit dem originalen Lagenverlauf, dem originalen Randbeschnitt und bis ins kleinste Detail farbgetreu wiedergegeben. Einband: Der Ganzledereinband wird von Hand gefertigt. – Faksimile in einer Kassette. Kommentar: Ein Team von Wissenschaftlern unter der Leitung von H. U. Rudolf behandelt alle Aspekte der Entstehung und Besitzgeschichte, des Inhalts, der Ausstattung und der Bedeutung der Handschrift.