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Beim Regierungsantritt Ludwigs XVI. im Jahr 1774 wähnt ganz Frankreich sich an der Schwelle eines neuen Zeitalters. Die Bourgeoisie des Ancien Régime entfaltet eine rege kaufmännische Tätigkeit. Enorme Beträge fließen durch die Hände der Unternehmer und Spekulanten, die Bedürfnisse und Hoffnungen der Menschen wachsen. Ein optimistisches Lebensgefühl bereitet den Boden für Wunder, für mystische Begegnungen und alchimistische Zauberkunststücke, für einen überfeinerten Lebensstil und für einen der wohl berühmtesten Hofskandale der europäischen Geschichte: die Halsbandaffäre der Jahre 1785-86, in…mehr

Produktbeschreibung
Beim Regierungsantritt Ludwigs XVI. im Jahr 1774 wähnt ganz Frankreich sich an der Schwelle eines neuen Zeitalters. Die Bourgeoisie des Ancien Régime entfaltet eine rege kaufmännische Tätigkeit. Enorme Beträge fließen durch die Hände der Unternehmer und Spekulanten, die Bedürfnisse und Hoffnungen der Menschen wachsen. Ein optimistisches Lebensgefühl bereitet den Boden für Wunder, für mystische Begegnungen und alchimistische Zauberkunststücke, für einen überfeinerten Lebensstil und für einen der wohl berühmtesten Hofskandale der europäischen Geschichte: die Halsbandaffäre der Jahre 1785-86, in die die größten Namen Frankreichs verwickelt sind und die zugleich auch die Gesellschaft am Vorabend der Revolution wie kein anderes Ereignis erschüttert.

Hier kreuzen sich die Schicksale der unglücklichen Königin Marie Antoinette und ihres Gemahls Ludwig XVI., des ehrgeizigen Kardinals Rohan, der gewissenlosen Abenteurerin Jeanne de La Motte, der schillernden Figur des Grafen Cagliostro, d
Autorenporträt
Antal Szerb (1901-1945), Schriftsteller und Literaturwissenschaftler, ist in seinem Heimatland Ungarn einer der meistgelesenen ungarischen Autoren des 20. Jahrhunderts. Sein kurzes Leben war geprägt von der Liebe zur europäischen Kultur und Literatur. Antal Szerb wird am 1. Mai 1901 in Budapest als Sohn eines assimilierten jüdischen Kaufmanns geboren und katholisch getauft. Nach dem Abitur 1919 besucht er zunächst Vorlesungen der klassischen, später der modernen Philologie in Graz. 1920 kehrt er nach Budapest zurück und immatrikuliert sich in den Fächern Hungarologie und Germanistik, später auch Anglistik. Bereits vier Jahre später promoviert er mit einer Dissertation über den Dichter der ungarischen Nationalhymne, Ferenc Kölcsey. Um Geld zu verdienen, arbeitet er zunächst als Lehrer für Ungarisch und Englisch an einer Vorstadtschule, ab 1928 an einer höheren Lehranstalt für kaufmännische Berufe. Seit Mitte der zwanziger Jahre führt Antal Szerb das Leben eines Schriftstellers. Es erscheinen Rezensionen, Essays und Erzählungen in den führenden literarischen Zeitschriften des Landes. Studienreisen und Stipendien führen ihn in den Zwanzigern nach Italien, Paris und England - Eindrücke, die in seinen beiden ersten Romanen >A Pendragon-legenda< (1934; u.d.T. >Die Pendragon-Legende< 2004 bei dtv) und >Utas és holdvilág< (1937; u.d.T. >Reise im Mondlicht< 2003 bei dtv) ihren Niederschlag finden. Zweimal wird er in dieser Lebensphase mit dem renommierten Baumgarten-Preis ausgezeichnet: 1935 und 1937. Der Literatur bleibt Szerb zeit seines Lebens nicht nur als Autor, sondern auch als Wissenschaftler verbunden. So erhält er 1932 bei einem Wettbewerb den Zuschlag eine ungarische Literaturgeschichte zu verfassen. Das Werk erscheint 1934. Szerb ist da bereits seit einem Jahr Vorsitzender der Literarischen Gesellschaft Ungarns (und bleibt es bis 1936). Das Werk wird unter dem Titel >A magyar irodalomtörténet< bis 1943 in einer Auflage von 23.000 Exemplaren gedruckt und 1944 verboten. 1941 folgt eine Geschichte der Weltliteratur (>A világirodalom története<), in der er literatursoziologische und kulturphilosophische Ansätze verbindet und sein Thema leicht lesbar aufbereitet. Diese Literaturgeschichte gilt als sein wissenschaftliches Hauptwerk. Aufgrund seiner jüdischen Herkunft bleibt ihm die Universitätslaufbahn verschlossen, wenngleich er sich noch 1937 mit Hilfe einflussreicher Gönner an der Universität Szeged habilitieren kann und bis 1943 dort lehren darf. 1943 veröffentlicht Szerb noch zwei Romane: Zum einen unter dem Pseudonym A.H. Redcliff das Buch >VII. Olivér<, das als sein »leichtestes« Werk gilt, zum zweiten >A királyné nayklánca< (u.d.T. >Das Halsband der Königin< 2005 bei dtv), das die Halsband-Affäre um den italienischen Abenteurer Cagliostro im Vorfeld der Französischen Revolution zum Stoff hat. 1943/44 entsteht zudem der zweisprachige Band >Száz vers< (>Einhundert Gedichte<) mit Gedichten, die Antal Szerb besonders wichtig waren. Im März 1944 wird Ungarn von deutschen Truppen besetzt, die rechtsgerichteten Hórthy-Regierung gestürzt und eine faschistische unter Führung der »Pfeilkreuzler« eingesetzt. Antal Szerb wird im Sommer 1944 zum Arbeitsdienst eingezogen und in das westungarische Lager Balf bei Ödenburg verlegt, wo er am 27. Januar 1945 ermordet wird. Er wird in einem Massengrab beerdigt. (Nach Informationen von Gábor Durós, Ferenc Szász und der Hungarian Book Foundation/Budapest.)
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.12.2005

Was der Königin gefällt
Lauter fixe Ideen: Antal Szerb untersucht die Halsband-Affäre

"Schon im Jahre 1785 erschreckte mich die Halsbandsgeschichte wie das Haupt der Gorgone. Durch dieses unerhört frevelhafte Beginnen sah ich die Würde der Majestät untergraben, schon im voraus vernichtet, und alle Folgeschritte von dieser Zeit an bestätigten leider allzusehr die furchtbaren Ahnungen", schreibt Goethe rückblickend in der "Campagne in Frankreich". Nicht nur ihm galt die berühmte Halsbandaffäre als Vorzeichen der kommenden Revolution, als Fanal, das aller Welt die Morbidität des französischen Königtums deutlich vor Augen führte.

Der Ungar Antal Szerb (1901 bis 1945), der mit den Romanen "Die Reise im Mondlicht" (F.A.Z. vom 29. November 2003) und "Die Pendragon-Legende" (F.A.Z. vom 24. Dezember 2004) jüngst für den deutschen Buchmarkt wiederentdeckt wurde, hat dieser Geschichte sein letztes Buch gewidmet, das 1943 erschien. Es ist wohl am ehesten als großangelegter Essay zu bezeichnen, der das Porträt einer im Untergang begriffenen Epoche zeichnet und der symbolischen Aussagekraft des Ereignisses nachspürt.

Wie in einem Tableau arrangiert Szerb zunächst sein Personal, das er mit spitzer Feder skizziert. Da gibt es die Goldschmiede Boehmer und Bassenge, die ein Collier herstellen, "das nicht schöner, sondern teurer war als alle anderen"; die armselig aufgewachsene Gräfin Jeanne de La Motte, "die nie zufrieden sein kann"; den ehrgeizigen Kardinal Prinz Louis de Rohan, der verzweifelt versucht, die Gunst der Königin zu gewinnen; die Königin Marie Antoinette, deren Ausschweifungen Szerb in mildes Licht taucht, und schließlich den Hochstapler Cagliostro, dessen Name bis heute unlösbar mit der Affäre verknüpft ist, obwohl er hineingeriet "wie Pilatus ins Credo".

Es bedarf nach Szerb nur eines kleinen Schrittes, daß sich dieses Ausgangspotential zu einer Staatskrise verdichtet: "Es besteht kein Zweifel, daß Rohan wie unter einer Zwangsvorstellung an der Sehnsucht litt, das Wohlwollen der Königin zu erwerben. Das ist die zweite fixe Idee unserer Geschichte. Nach Carlyle war die erste Boehmers Geschichte mit dem Collier. Wenn zwei so fixe Ideen einander begegnen, werden Kräfte frei, mit denen man ganze Länder sprengen kann." Das verbindende Glied besteht in Jeanne de La Mottes rastlosem Treiben. Sie suggeriert Rohan durch fingierte Briefwechsel und ein nächtliches Stelldichein eine Aussöhnung mit der Königin und bringt ihn dazu, dieser das teure Collier zu besorgen, das sie in Wahrheit selbst Stück für Stück verkauft. Als der Handel aufzufliegen droht, versucht sie kurzerhand, Cagliostro die Schuld in die Schuhe zu schieben, so daß ein öffentlicher Prozeß Licht ins Dunkel bringen muß, der das so ahnungslose wie unbeteiligte Königspaar beschädigt zurückläßt.

Daß das Buch in einer Krisenzeit, auf dem Höhepunkt des Zweiten Weltkrieges, entstanden ist, merkt man ihm kaum an, und doch konnte es so wohl nur vor 1945 geschrieben werden. Es nimmt in souveräner Weise einen europäischen Standpunkt ein: Die Namen deutscher, französischer oder auch russischer Schriftsteller und Gelehrter, darunter vieler Exilierter wie Thomas Mann oder Stefan Zweig, stehen gleichberechtigt nebeneinander, und die umfassende Belesenheit des Autors läßt ein Panorama weltbürgerlicher Bildung aufblitzen, das in größtem Kontrast zu den ausufernden Nationalismen der Zeit steht. Man kommt zudem kaum umhin, einigen Passagen eine aktuelle Bedeutung zuzusprechen, wenn etwa von der Überzeugung die Rede ist, "daß unter allen Sternbildern die Freiheit mehr gilt als die Knechtschaft". Und bezieht sich der Zweifel am "großen deutschen Weltgeist" wirklich nur auf Hegel?

Genützt haben Antal Szerb diese Zweifel allerdings wenig. Schon länger in seiner Arbeit behindert, wurde der Sohn eines assimilierten jüdischen Kaufmanns im Sommer 1944 zum Arbeitsdienst eingezogen und ist im Januar 1945 im Lager Balf ums Leben gekommen.

THOMAS MEISSNER

Antal Szerb: "Das Halsband der Königin". Aus dem Ungarischen übersetzt von Alexander Lenard. Überarbeitet von Ernö und Renate Zeltner. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2005. 282 S., br., 9,50 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

" Rezensent Thomas Meissner mochte dieses Buch, das seinen Informationen zufolge die Halsband-Affäre um die französische Königin Marie-Antoinette zum Gegenstand hat. Der Rezensent beschreibt das Buch als "Porträt einer im Untergang begriffenen Epoche". Wie in einem Tableau arrangiere Antal Szerb in seinem "großangelegten Essay" zunächst sein "mit spitzer Feder" skizziertes Personal, um die Ereignisse dann zur Staatskrise zu verdichten und der "symbolischen Aussagekraft" des Ereignisses nachzuspüren. Beeindruckt registriert der Rezensent auch die Grundierung des Buchs durch ein "Panorama weltbürgerlicher Bildung". Auch merke man dem Text nicht an, dass er mitten im Zweiten Weltkrieg entstanden sei. Antal Szerb selbst sei 1945 im KZ ums Leben gekommen.

© Perlentaucher Medien GmbH"