Im Sommer 1999 kommt der österreichische Journalist Christian Allmayer, der seit den ersten Schüssen über den Zerfall Jugoslawiens berichtet hat, bei einem Hinterhalt im Kosovo um. Paul, ein verhinderter Schriftsteller und Verfasser von Reiseberichten, der ihn aus seiner Studienzeit kennt, nimmt das zum Anlass, einen Roman über Leben und gewaltsamen Tod dieses zum Fall gewordenen Mannes zu schreiben. Auf dessen Spuren fährt er gemeinsam mit seiner Freundin Helena, deren Eltern aus Dalmatien stammen, und dem namenlosen Ich-Erzähler durch frühere Kampfgebiete in Kroatien und in Bosnien, um sich inmitten der immer noch sichtbaren Verwüstungen ein Bild von der Arbeit eines Kriegsberichterstatters zu machen.
Dabei sucht Paul auch einen seither zum "Entertainer" aufgestiegenen ehemaligen Kriegsherrn auf, den Allmayer damals an der serbisch-kroatischen Front interviewt hat, und stellt ihm dieselbe Frage wie er: "Wie ist es, jemanden umzubringen?" Auch ohne eine Antwort öffnet sich durch die Begegnung für ihn der Abgrund einer Geschichte, deren düsteres Licht selbst auf den zunächst unbeteiligt erscheinenden Beobachter fällt. Am Ende muss er erkennen, dass man nicht ungestraft Erkundungen nach einem der letzten Dinge anstellt.
Das Handwerk des Tötens ist ein großer Roman über die jüngsten Kriege auf dem Balkan, in dem Norbert Gstrein immer neu das Dilemma auslotet, zwischen "vorheriger Hetze" und "nachträglichem Kitsch" über die schlimmsten Greuel schreiben zu wollen, obwohl "es von vornherein zu spät ist und sich mit dem Geschriebenen kein Toter mehr zum Leben erwecken lässt".
Dabei sucht Paul auch einen seither zum "Entertainer" aufgestiegenen ehemaligen Kriegsherrn auf, den Allmayer damals an der serbisch-kroatischen Front interviewt hat, und stellt ihm dieselbe Frage wie er: "Wie ist es, jemanden umzubringen?" Auch ohne eine Antwort öffnet sich durch die Begegnung für ihn der Abgrund einer Geschichte, deren düsteres Licht selbst auf den zunächst unbeteiligt erscheinenden Beobachter fällt. Am Ende muss er erkennen, dass man nicht ungestraft Erkundungen nach einem der letzten Dinge anstellt.
Das Handwerk des Tötens ist ein großer Roman über die jüngsten Kriege auf dem Balkan, in dem Norbert Gstrein immer neu das Dilemma auslotet, zwischen "vorheriger Hetze" und "nachträglichem Kitsch" über die schlimmsten Greuel schreiben zu wollen, obwohl "es von vornherein zu spät ist und sich mit dem Geschriebenen kein Toter mehr zum Leben erwecken lässt".
"Mit dem Handwerk des Tötens ist der Krieg in Kroatien und im ehemaligen Jugoslawien durch die Vordertür in die moderne deutschsprachige Literatur gekommen. Gstrein zeigt ihn als moralisches und existentielles Drama, das auch Unbeteiligte in seinen Sog ziehen kann."
(Nenad Popovic, Feral Tribune)
"Mit dem Handwerk des Tötens hat Norbert Gstrein sich endgültig als einer der allerersten Erzähler nicht nur der deutschen, sondern der europäischen Literatur etabliert. Es ist ein tiefer und schonungsloser Blick in das Herz unserer eigenen, noch kaum erhellten Finsternis."
(Richard Kämmerlings, Frankfurter Allgemeine Zeitung)
"Das Buch umfasst alles, was große Literatur ausmacht: Liebe und Wahn, Tod und Erlösung. Figuren, die sich einbrennen und gleichzeitig entziehen. Szenen von Gewalt und Entfremdung, aber auch von Zärtlichkeit und Intimität. Der Text achtet auf das Nächste und stellt letzte Fragen im Bewusstsein der "Demut, viel zu viel zu wissen und gleichzeitig gar nichts"."
(Andreas Breitenstein, Neue Zürcher Zeitung)
"Eine zivilere, friedlich-nachdenklichere Sprache hat wohl noch keiner gefunden, um über Kampfhandlungen zu schreiben ... Endlich ein Autor, der die Statur besitzt, den Ball der Brochs und Kafkas, der Musils und Thomas Manns aufzunehmen und ihn elegant ins 21. Jahrhundert hinüberzuspielen."
(Tilman Krause, Die Welt)
(Nenad Popovic, Feral Tribune)
"Mit dem Handwerk des Tötens hat Norbert Gstrein sich endgültig als einer der allerersten Erzähler nicht nur der deutschen, sondern der europäischen Literatur etabliert. Es ist ein tiefer und schonungsloser Blick in das Herz unserer eigenen, noch kaum erhellten Finsternis."
(Richard Kämmerlings, Frankfurter Allgemeine Zeitung)
"Das Buch umfasst alles, was große Literatur ausmacht: Liebe und Wahn, Tod und Erlösung. Figuren, die sich einbrennen und gleichzeitig entziehen. Szenen von Gewalt und Entfremdung, aber auch von Zärtlichkeit und Intimität. Der Text achtet auf das Nächste und stellt letzte Fragen im Bewusstsein der "Demut, viel zu viel zu wissen und gleichzeitig gar nichts"."
(Andreas Breitenstein, Neue Zürcher Zeitung)
"Eine zivilere, friedlich-nachdenklichere Sprache hat wohl noch keiner gefunden, um über Kampfhandlungen zu schreiben ... Endlich ein Autor, der die Statur besitzt, den Ball der Brochs und Kafkas, der Musils und Thomas Manns aufzunehmen und ihn elegant ins 21. Jahrhundert hinüberzuspielen."
(Tilman Krause, Die Welt)
Die Wirklichkeit, das Aas: Norbert Gstreins großer Roman über die Unmöglichkeit, sich ein wahres Bild vom Krieg zu machen
Am Sonntag, den 13. Juni 1999 wurden der "Stern"-Reporter Gabriel Grüner und sein Fotograf Volker Krämer im Kosovo, vierzig Kilometer südlich von Prishtina erschossen, nachdem sie im Troß der einrückenden Kfor-Truppen die Grenze überschritten hatten. Die genauen Umstände ihres Todes blieben unklar, doch offenbar wurden sie ermordet, nicht obwohl, sondern weil sie Journalisten waren. Der Fall erregte auch deshalb so großes Aufsehen, weil er auf drastische Weise zeigte, wie sehr die Berichterstatter von den Kämpfern längst als Handelnde betrachtet werden, derer man sich vielleicht an der Meinungsfront bedient, die man aber auch grausam bestraft, wenn die eigene Sache verloren scheint.
Norbert Gstrein hat seinen neuen Roman an das Schicksal Grüners angelehnt; die Widmung gilt dem Andenken des wie Gstrein aus Tirol stammenden Journalisten, "über dessen Leben und dessen Tod ich zu wenig weiß, als daß ich davon erzählen könnte". Christian Allmayer also ist nicht Grüner, der Roman nicht dokumentarisch. Im Gegenteil ist sein Thema gerade das Verhältnis der Kriegswirklichkeit zur literarischen Darstellung (vergleichbar der amerikanischen Vietnam-Literatur, etwa in Tim O'Briens großartigem Roman "Going After Cacciato"). Denn der Tod dieses Routiniers der Schlachtbeschreibung wird plötzlich zum Fokus, in dem das verwirrende und anonyme Kriegsgeschehen die Form einer Geschichte annehmen soll.
Vom Tod Allmayers ist vor allem sein Freund und Kollege, der Reisejournalist Paul, regelrecht besessen. Er sieht sich eigentlich als Romancier und glaubt, hier endlich seinen Stoff gefunden zu haben. Seine junge Lebensgefährtin, die aus Dalmatien stammende Helena, wird für ihn zusätzlich zur Projektionsfläche seiner Mutmaßungen und Konstruktionen rund um die zerrissene, aber ihn auf eigentümliche Weise faszinierende Biographie des Ermordeten, der sich schon seit den ersten kriegerischen Auseinandersetzungen im zerfallenden Jugoslawien aufgehalten hatte und dessen journalistisches OEuvre sich zu einer Chronik des Schreckens verbindet: Kroatien, Bosnien, Kosovo - Allmayer war an jeder Front, kaum heimgekehrt zu seiner Frau nach Hamburg, zog es ihn wieder in die Nähe der tödlichen Gefahr.
Erzählt wird der ganze Roman aus der Perspektive eines weiteren Kollegen, der Zeuge von Pauls zunehmend obsessiver Recherche nach Gründen für den Tod Allmayers ist: War es vielleicht kein Zufall, konnten die Mörder den Journalisten gekannt, in ihm vielleicht einen unliebsamen Zeugen zurückliegender Kriegsverbrechen an anderen Fronten erkannt haben? War hier vielleicht eine persönliche Rechnung zu begleichen? Paul gelingt es tatsächlich, in Kroatien einen früheren Interviewpartner Allmayers ausfindig zu machen, den dieser selbst zufällig später im Urlaub wiedergetroffen hatte. Im Krieg hatte der seine Macht genießende Kommandant das Material zu einer eindrücklichen Story geliefert, die um die Frage kreiste, wie es sei, einen Menschen im Fadenkreuz zu haben.
Paul glaubt, dem Leben den benötigten Plot selbst ablauschen zu können. In seinem Glauben an die romanhaften Strukturen der Wirklichkeit reflektiert Gstrein die eigene erzählerische Position. Die Selbstbescheidung seiner Widmung ist nicht nur Ausdruck von Pietät, sondern poetologischer Natur. Auch die größte Faktenfülle könnte nicht das Problem ersetzen, dem Geschehen einen Sinn verleihen zu müssen. "Ein Toter ergibt noch keinen Plot", so warnt gleich zu Beginn der Erzähler. Doch auch der mühsam recherchierte Stoff führt nicht zur selbstverständlichen Form. Die Geschichte vom Krieg ist nicht die Wirklichkeit, sondern seine Repräsentation nach den Erforderungen von Genre und Stil.
Gstrein findet eine geniale Lösung dieses Problems, indem er seine Erzählung in einer Dreieckskonstellation vorantreibt: Die von Paul und dem Ich-Erzähler umworbene Helena, eine großartig opake Frauengestalt, zwingt die beiden in eine Rivalität um die Rekonstruktion - oder eben die Erfindung - der Geschichte. Während Paul sie "den ersten Verbindungsoffizier zu seiner Romanwirklichkeit" nennt und über ihr Heimatland ausquetscht, macht sich ihr gemeinsamer Freund fleißig Notizen, besucht später Pauls Exfrau, die eine Affäre mit Allmayer gehabt haben soll. Schließlich unternehmen die drei eine gemeinsame Reise nach Kroatien, auf der sich der Bruch zwischen Paul und Helena schon andeutet. Auf diese Weise kann Gstrein in Gestalt des Ich-Erzählers seine Skrupel gegenüber dem nach einer spektakulären Story gierenden Paul deutlich machen, zugleich aber genau die zunehmende Verdichtung seiner Indizien als Spannungsbogen des Romans nutzen, gewissermaßen eine Story zweiter Ordnung erzählen, in die die zarte, unendlich verzögerte Liebesgeschichte zwischen dem Erzähler und Helena geschickt eingebettet ist.
Die Schlüsselszene des Romans ist das Interview, das Allmayer an der Front in Ostslawonien Ende 1991 mit Slavko führte. In der bekannten Version, die seine Reportage erzählte, endete die Szene friedlich mit einem Gefangenenaustausch. Das Band mit dem Gespräch, das die Witwe besaß, hören die drei gemeinsam ab, so daß auch der Leser in Echtzeit Zeuge dieser dramatischen Rückblende wird: Es entspinnt sich dort ein Machtspiel zwischen Slavko, dem Übersetzer und Allmayer, der Objekt einer Initiation in diese amoralische Männerwelt wird. Wie Gstrein das Abhören des Bands, die Simultanübersetzung Helenas und die Ahnungen des Lesers und der Figuren synchronisiert, ist ein dramaturgisches Meisterstück.
Der Krieg kennt keine unbeteiligten Beobachter; jeder, der zuschaut, greift zugleich ein. Für die Journalisten und Schriftsteller, die über Raketengeräusche fachsimpeln oder sich mit kugelsicheren Westen abfilmen lassen (während der Kameramann im T-Shirt daneben steht), hat Gstrein nur Spott übrig. Die unzähligen Klischees, die gerade der nahe Krieg im ehemaligen Jugoslawien produzierte, die Reaktionen zwischen zynischer Gleichgültigkeit und theatralischer Anteilnahme, durchziehen den Roman, der so noch einmal die Summe der Hilflosigkeit und Skrupellosigkeit seiner Beobachter zieht: Die Wirklichkeit, so heißt es einmal, sei das "Aas", aus dem die Hyänen ihre Geschichten machten.
Obwohl Gstrein sich nicht zu solch törichten Verteidigungen Serbiens hinreißen läßt wie sein Landsmann Peter Handke, ist auch bei ihm auffällig, wie in welch kritisches Licht die kroatische Seite gerückt wird - auch weil ein Großteil der Rückschau den frühen Neunzigern, also der Zeit vor dem Krieg in Bosnien gilt. So betont Gstrein mehrfach die Rolle der Ustascha, der kroatischen Faschisten während des Zweiten Weltkriegs. Die sehr kritische Haltung nicht nur gegenüber dem Tudjman-Regime verwundert um so mehr, als der Ich-Erzähler ja in Helena verliebt ist; fast scheint es so, als sei die inquisitorische Rolle gegenüber der vermeintlich unpolitischen, naiven Frau, die erst Allmayer und später Paul eingenommen hatten, auf den Erzähler übergegangen. Am Ende freilich bleibt der Eindruck, daß im Gewirr von Mythen, Legenden, Helden- und Opfergeschichten zum historischen Kern ohnehin kaum mehr vorgedrungen werden kann.
Man könnte dem Roman seine übermäßige Konstruiertheit vorwerfen, die ständige Reflexion der Fußangeln einer vermeintlich neutralen Repräsentation, der Bedingungen, unter denen Geschichten entstehen: "Du glaubst doch nicht an das Gerede von einem Plot. Ginge es nur darum, wäre es einfach", so der Erzähler einmal fast beiseite. Doch diese Engführung von action und dem Nachdenken über die Möglichkeit ihrer Darstellung ist gerade die Leistung. Denn die Aufhebung der historischen Fakten in einem unverbindlich-metafiktionalen Spiel wird vermieden. Die inneren und äußeren Wunden, die der Krieg geschlagen hat, bleiben auch nach seinem Ende gegenwärtig - in den traumatisierten Menschen, den Geisterdörfern, den immer noch schockierenden Berichten von Kriegsgreueln.
Vor diesem Hintergrund scheint die Faszination abstoßend, die vom Krieg als existentiellem Zustand gerade auf Intellektuelle ausgeht, die am liebsten die Schreibmaschine mit dem Gewehr vertauschen wollten. Dieser Männlichkeitswahn, die Macht über Leben und Tod, die auch sexuelle Attraktivität, die etwa der nach seinem Damaskuserlebnis nicht mehr zur Normalität fähige Allmayer auf seine Umgebung ausübte, ist der unterschwellige Antrieb der Geschichte. Und Gstrein zeigt in gewohnter stilistischer Souveränität, mit seinen unverwechselbar musikalischen und zugleich präzisen Satzgefügen, wie diese Projektionen die Beziehungen durchdringen. Die behutsame Annäherung von Helena und dem Erzähler ist die Kehrseite von Pauls Tragik, der unter seiner Entfernung vom "wahren" Leben leidet, das er in der Nähe zum Tod vermutet. Allmayer wird zum Inbegriff dieser Grenzerfahrung, die Paul vergeblich im Medium der Literatur nachholen will. Doch die Schrift bleibt stets nur ein Manöver; der Ernstfall tritt nie ein. Als Paul das erkennt, ist sein Schicksal besiegelt.
Daher ist nicht er es, der den Roman erzählt; eine Wendung, in der Gstrein dem Leser rückwirkend eine weitere Dosis Zweifel einflößt: Denn während Paul sich einen Plot ausgedacht hatte, der Helena auf einer Reise im Kosovo etwas zustoßen lassen sollte, könnte sich ja sein Konkurrent genau das Gegenteil, eben den Tod Pauls nur ausgedacht haben, um die Geschichte zu runden: Ein Vexierspiel, das Gstrein gelingt, ohne seine Erzählperspektive auch nur einmal zu durchbrechen. Und auch die Liebesgeschichte wird von diesen Zweifeln angenagt, hatte der Erzähler doch schon früh beklagt, daß Helena ihm "als Protagonistin einer Erzählung entgegentrat, die ich nicht steuern konnte". So ist der Roman auch die Geschichte einer geschickt eingefädelten Übernahme der Erzählermacht, eines Putsches der Figur gegen seinen eigentlich vorgesehenen Autor, freilich post festum: Die Geschichte schreiben wie immer die Sieger.
Man kann den Roman zuletzt auch lesen als Liebeserklärung an eine Landschaft, in der Gstrein nach eigenem Bekunden viel von seiner Tiroler Heimat wiederentdeckt hat - eine Liebe, die verbunden ist mit der Trauer über die Katastrophe der Geschichte, über die die wunderbare Natur leicht hinwegtäuschen könnte. Wenn auch der Tod Allmayers Anlaß der Suche wird, ist das eigentliche Rätsel, wie ein ganzes Land in den Krieg taumeln konnte. Die analytische Form, die Gstrein so meisterhaft beherrscht, die Inszenierung von Spannungsbögen findet Anwendung auf die schwerste aller Fragen: wie jahrzehntelange Nachbarn plötzlich zu Mördern und Vergewaltigern werden konnten. Doch will Gstrein keine Antwort geben, sondern lediglich die Frage als Erzählung so genau wie irgend möglich formulieren.
Norbert Gstrein, geboren 1961, hat schon in seinem Roman "Register" (1992), einem der wichtigsten deutschsprachigen Bücher der neunziger Jahre, bewiesen, daß er das Nachdenken über die Möglichkeiten des Erzählens im Medienzeitalter mit einer berührenden Geschichte verbinden kann; in seinem zweiten großen Roman "Die englischen Jahre" (1999) entfaltete er ein ernstes Spiel um die Biographie eines jüdischen Emigranten. Mit dem "Handwerk des Tötens" hat er sich endgültig als einer der allerersten Erzähler nicht nur der deutschen, sondern der europäischen Literatur etabliert. Es ist ein tiefer und schonungsloser Blick in das Herz unserer eigenen, noch kaum erhellten Finsternis.
Norbert Gstrein: "Das Handwerk des Tötens". Roman. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2003. 384 S., geb., 22,90 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Als "großen Roman über die Unmöglichkeit, sich ein wahres Bild vom Krieg zu machen" würdigt Richard Kämmerlings Norbert Gstreins "Das Handwerk des Tötens". Angelehnt an das Schicksal des "Stern"-Reporters Gabriel Grüner, der 1999 im Kosovo ermordet wurde, handelt der Roman von dem im Kosovo ermordeten Reporter Christian Allmayer und dem Versuch zweier ehemaliger Kollegen, des Reisejournalisten Paul und des Ich-Erzählers, zusammen mit Allmayers Freundin Helena dessen Tod rekonstruieren, berichtet Kämmerlings. Nicht um einen dokumentarischen Roman gehe es Gstrein dabei, sondern um die Reflexion des Verhältnisses von Kriegswirklichkeit und ihrer literarischen Darstellung. Zwar glaube Paul, besessen von der Idee, über Allmayers Tod einen Roman zu schreiben, "an die romanhaften Strukturen der Wirklichkeit". Doch Gstrein zeige, dass die Geschichte vom Krieg nicht die Wirklichkeit ist, so Kämmerlings, sondern seine von Genre und Stil geprägte Repräsentation. Die unzähligen Klischees, die Journalisten und Schriftsteller vom Krieg zeichneten, verdeutlichten für Gstrein ihre Hilflosigkeit und Skrupellosigkeit. Was bisweilen etwas konstruiert wirken mag, die Kombination von action und dem "Nachdenken über die Möglichkeit ihrer Darstellung", ist für Kämmerlings gerade das Herausragende an Gstreins Roman, den er auch wegen seiner "stilistischen Souveränität" lobt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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