Es ist seit langem bekannt, dass die Kunsttheorie der Frühen Neuzeit auf rhetorischen Grundlagen fußte. Wie Borinsky, Spencer, Bialostocki, Baxandall, Summers, Warncke und weitere Autoren dargelegt haben, machten die humanistischen Kunstliteraten gemäß des Horazschen Diktums "ut pictura poesis" und eines sprachanalogen Bildverständnisses zahlreiche terminologische und gedankliche Anleihen bei der antiken Rhetorik und verglichen immer wieder den Maler mit dem Redner und dem Dichter. Ist die rhetorische Fundierung der frühneuzeitlichen Theorie der Malerei weitgehend aufgearbeitet worden, so blieb gleichwohl fraglich, welche Relevanz sie für die künstlerische Praxis hatte, da man rhetorische Merkmale an Gemälden bisher nur punktuell nachweisen konnte. Von diesem Forschungsstand ausgehend, sucht der Autor die rhetorische Instrumentierung des Historienbildes des 16. und 17. Jahrhunderts zu belegen. Brassat behandelt in seiner perspektivischen Studie rhetorische Gestaltungsmerkmale undVerfahrensweisen in Werken von Raffael, Vasari, Salviati, Tintoretto, Rubens, Velázquez, Le Brun u.a. und erprobt damit erstmalig auf dem Terrain der Kunstgeschichte das Paradigma der Rhetorik in der "longue durée".