Eine gefühlvolle Familiengeschichte, in der motorradfahrende und feministische Bären, weiße Vergewaltiger und schwarze Rächer, ein Wiener Hotel voller Huren und Anarchisten, ein Familienhund mit Flatulenz im Endstadium, Arthur Schnitzler, Moby Dick, der große Gatsby, Gewichtheber, Geschwisterliebe und Freud vorkommen – nicht der Freud, sondern Freud der Bärenführer.
"Leben, beobachtet mit so viel Phantasie und phantastischer Vorstellungskraft, daß es einen magisch in den Buchstabenstrudel zieht. Wie wenn man im Kino nach einer amerikanischen Schnulze benommen sitzen bleibt und nicht will, daß sie einen in die Wirklichkeit entläßt, so klebt man nach 600 Seiten Irving an den letzten Silben fest und will die Figuren nicht ihrem Leben überlassen. Mit Irving war man in New Hampshire, Wien, New York - und kehrt zum Schluß wieder an den Ausgangsort zurück, man hat Zeiten durchstreift und Generationen überflogen - und fühlt sich wie zu Hause. Ist das vielleicht Kitsch? Nein, nur Seelenbalsam."
(Tages-Anzeiger)
"Irrsinnig komisch, meisterhaft erzählt, bezaubernd; als ob die Brüder Grimm und die Marx Brothers beschlossen hätten, gemeinsam einen draufzumachen."
(The New York Times)
"Nur hierzulande will dieser wüste, zwerchfellerschütternde 600-Seiten-Roman voller Aberwitz und Verrücktheiten, grotesker Sexszenen und schwüler Gefühlsburlesken, dieser raffinierte, artifizielle Ver- und Entwicklungsroman auf keinem vorderen Hitlistenplatz landen - meiner Meinung nach völlig unerklärlich, insbesondere, wenn man sieht, wer bei uns die Sellerlisten anführt ..."
(Lui Deutschland)
"John Irving hat in seinem Roman eine eigene Ausdrucksform gefunden, die in einer merkwürdigen Schwebe zwischen den verschiedensten Elementen vom Märchen bis zum Slapstick, von Literatur bis Pop das Realistische verfremdet und stets neue erzählerische Überraschungsmomente präsentiert."
(Frankfurter Allgemeine Zeitung)
"Eine üppig wuchernde Phantasie treibt skurrile Blüten, ein ausuferndes Bilderbuch, wild fabulierend und von köstlicher Ironie durchsetzt."
(Der Tagesspiegel)
(Tages-Anzeiger)
"Irrsinnig komisch, meisterhaft erzählt, bezaubernd; als ob die Brüder Grimm und die Marx Brothers beschlossen hätten, gemeinsam einen draufzumachen."
(The New York Times)
"Nur hierzulande will dieser wüste, zwerchfellerschütternde 600-Seiten-Roman voller Aberwitz und Verrücktheiten, grotesker Sexszenen und schwüler Gefühlsburlesken, dieser raffinierte, artifizielle Ver- und Entwicklungsroman auf keinem vorderen Hitlistenplatz landen - meiner Meinung nach völlig unerklärlich, insbesondere, wenn man sieht, wer bei uns die Sellerlisten anführt ..."
(Lui Deutschland)
"John Irving hat in seinem Roman eine eigene Ausdrucksform gefunden, die in einer merkwürdigen Schwebe zwischen den verschiedensten Elementen vom Märchen bis zum Slapstick, von Literatur bis Pop das Realistische verfremdet und stets neue erzählerische Überraschungsmomente präsentiert."
(Frankfurter Allgemeine Zeitung)
"Eine üppig wuchernde Phantasie treibt skurrile Blüten, ein ausuferndes Bilderbuch, wild fabulierend und von köstlicher Ironie durchsetzt."
(Der Tagesspiegel)
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.05.2004 Band 10
Melodram im Slapstick-Tempo
John Irvings Roman „Das Hotel New Hampshire”
Es kommt hier, wie es in allen Büchern Irvings kommen muss: Es wimmelt von Gestalten, die bizarr aus der Reihe fallen und mit Lust oder Starrsinn über die Stränge der Normalität schlagen, aber mit großer Selbstverständlichkeit ihren Platz in eben dieser Normalität beanspruchen. „Für mich”, so erklärt einmal eine Nebenfigur, eine junge Wienerin mit dem sprechenden Namen „Fehlgeburt”, dem Ich-Erzähler des Romans, „für mich ist das einzige Element in der amerikanischen Literatur, das sie von anderen Literaturen der Welt unterscheidet, eine Art übermütige, unlogische Zuversicht.”
Mit diesem nur schwer zu verwüstenden Eigensinn entfalten Irvings Figuren eine grandiose Vitalität – oder zumindest einen grandiosen Fatalismus, der ihnen, wenn nicht das Überleben, so doch immerhin einen starken Abgang, ein erinnerungswürdiges Ende ermöglicht. Allein der Sinn für das Krumme, Komische und Unwahrscheinliche, das lehren uns diese anarchischen und anrührenden Gestalten, liefert den Schlüssel für ein Jahrhundert wie das zwanzigste, in dem das Unmögliche meist plausibler war als das Mögliche.
Hier geht es um die Geschichte der amerikanischen Familie Berry, über zwei Generationen hinweg, von den vierziger bis in die siebziger Jahre. Handlungsorte sind die tiefe Provinz an der amerikanischen Ostküste und das Wien der Nachkriegszeit, das Irving einmal mehr mit seiner notorischen Hassliebe für die ehemalige Hauptstadt Kakaniens porträtiert. Vater Berry ist schon als junger Mann von der fixen Idee besessen, an kuriosen Orten, wo der geschäftliche Misserfolg von Anfang an mit Händen zu greifen ist, gemeinsam mit seiner Frau und seinen fünf Kindern ein Hotel zu betreiben, das er stets, nach seiner Heimat, „New Hampshire” nennt.
Drei Hotels werden es im Laufe der Zeit, während die Kinder – untereinander verschworen, frech und frühreif – heranwachsen. Das zweite Hotel in jenem mit skurrilen Ausschweifungen und Sarkasmen beschriebenen Wien endet wie das erste in New England im Desaster, das dritte und letzte steht an verlassen-idyllischer Stelle wieder an Amerikas Ostküste und könnte – das lässt der Roman am Ende offen – vielleicht sogar funktionieren. Bis dahin aber ist der Vater bei einem Anschlag, den Bekannte seiner Kinder in Wien verüben, erblindet, die begabteste Tochter hat Selbstmord begangen, nachdem sie es – ganz und gar nicht depressiv, aber sehr klein, fast zwergwüchsig geblieben – als Schriftstellerin zu schnellem Ruhm gebracht hat, eine weitere Tochter ist zusammen mit der Ehefrau bei einem Flugzeugabsturz zu Tode gekommen, eine dritte als junges Mädchen von ihren Mitschülern vergewaltigt worden und später in Liebe einem ihrer Brüder, dem Ich-Erzähler, verfallen.
Das klingt nach Melodram, und in der Summe der Katastrophen ist es das auch. Und doch hält die hemmungslose Erzähllust Irvings jede melodramatische, überhaupt jede sentimentale Stimmung auf Distanz. Dadurch, dass der Erzähler dem Dramatischen lediglich die Sprache des Trivialen zubilligt, vor allem aber durch den überbordenden, die Slapstick-Regionen nicht scheuenden Spielwitz kommt kein falsches Mitleid auf: allenfalls jenes, das aus dem Schwung rührt, mit dem diese unmöglichen Figuren den Leser mitreißen.
ANDREAS ZIELCKE
John Irving
Foto: Isolde Ohlbaum
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
Melodram im Slapstick-Tempo
John Irvings Roman „Das Hotel New Hampshire”
Es kommt hier, wie es in allen Büchern Irvings kommen muss: Es wimmelt von Gestalten, die bizarr aus der Reihe fallen und mit Lust oder Starrsinn über die Stränge der Normalität schlagen, aber mit großer Selbstverständlichkeit ihren Platz in eben dieser Normalität beanspruchen. „Für mich”, so erklärt einmal eine Nebenfigur, eine junge Wienerin mit dem sprechenden Namen „Fehlgeburt”, dem Ich-Erzähler des Romans, „für mich ist das einzige Element in der amerikanischen Literatur, das sie von anderen Literaturen der Welt unterscheidet, eine Art übermütige, unlogische Zuversicht.”
Mit diesem nur schwer zu verwüstenden Eigensinn entfalten Irvings Figuren eine grandiose Vitalität – oder zumindest einen grandiosen Fatalismus, der ihnen, wenn nicht das Überleben, so doch immerhin einen starken Abgang, ein erinnerungswürdiges Ende ermöglicht. Allein der Sinn für das Krumme, Komische und Unwahrscheinliche, das lehren uns diese anarchischen und anrührenden Gestalten, liefert den Schlüssel für ein Jahrhundert wie das zwanzigste, in dem das Unmögliche meist plausibler war als das Mögliche.
Hier geht es um die Geschichte der amerikanischen Familie Berry, über zwei Generationen hinweg, von den vierziger bis in die siebziger Jahre. Handlungsorte sind die tiefe Provinz an der amerikanischen Ostküste und das Wien der Nachkriegszeit, das Irving einmal mehr mit seiner notorischen Hassliebe für die ehemalige Hauptstadt Kakaniens porträtiert. Vater Berry ist schon als junger Mann von der fixen Idee besessen, an kuriosen Orten, wo der geschäftliche Misserfolg von Anfang an mit Händen zu greifen ist, gemeinsam mit seiner Frau und seinen fünf Kindern ein Hotel zu betreiben, das er stets, nach seiner Heimat, „New Hampshire” nennt.
Drei Hotels werden es im Laufe der Zeit, während die Kinder – untereinander verschworen, frech und frühreif – heranwachsen. Das zweite Hotel in jenem mit skurrilen Ausschweifungen und Sarkasmen beschriebenen Wien endet wie das erste in New England im Desaster, das dritte und letzte steht an verlassen-idyllischer Stelle wieder an Amerikas Ostküste und könnte – das lässt der Roman am Ende offen – vielleicht sogar funktionieren. Bis dahin aber ist der Vater bei einem Anschlag, den Bekannte seiner Kinder in Wien verüben, erblindet, die begabteste Tochter hat Selbstmord begangen, nachdem sie es – ganz und gar nicht depressiv, aber sehr klein, fast zwergwüchsig geblieben – als Schriftstellerin zu schnellem Ruhm gebracht hat, eine weitere Tochter ist zusammen mit der Ehefrau bei einem Flugzeugabsturz zu Tode gekommen, eine dritte als junges Mädchen von ihren Mitschülern vergewaltigt worden und später in Liebe einem ihrer Brüder, dem Ich-Erzähler, verfallen.
Das klingt nach Melodram, und in der Summe der Katastrophen ist es das auch. Und doch hält die hemmungslose Erzähllust Irvings jede melodramatische, überhaupt jede sentimentale Stimmung auf Distanz. Dadurch, dass der Erzähler dem Dramatischen lediglich die Sprache des Trivialen zubilligt, vor allem aber durch den überbordenden, die Slapstick-Regionen nicht scheuenden Spielwitz kommt kein falsches Mitleid auf: allenfalls jenes, das aus dem Schwung rührt, mit dem diese unmöglichen Figuren den Leser mitreißen.
ANDREAS ZIELCKE
John Irving
Foto: Isolde Ohlbaum
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»Ein wirklich großer Geschichtenerzähler.« Thomas David / Neue Zürcher Zeitung Neue Zürcher Zeitung