Zwischen Wort und Bild
Die versammelten Essays des Dichters, Übersetzers, Kulturdiplomaten und Intendanten der Berliner Festspiele Joachim Sartorius umspielen in ihrem Titel die Troerinnen des Euripides: "Nie war ich im Inneren der Schiffe, aber ich weiß von Ihnen durch Worte, die ich hörte, und Bilder, die ich sah."
Die unveröffentlichten genauso wie die bereits erschienenen Essays von Joachim Sartorius durchqueren die Welt des Wortes (im ersten Teil: über Dichter) und die Welt des Bildes (im zweiten Teil: über Künstler). Schließlich schreibt Joachim Sartorius über Bilder und Sprache, über die wechselseitigen Berührungen. Die großen Namen der Literatur, die Freunde, treten auf: Cees Nooteboom, John Ashbery, William Carlos Williams oder Péter Nádas. Hinzu kommt die Laudatio auf den türkischen Autor Orhan Pamuk, Friedenspreisträger des Jahres 2005.
Die versammelten Essays des Dichters, Übersetzers, Kulturdiplomaten und Intendanten der Berliner Festspiele Joachim Sartorius umspielen in ihrem Titel die Troerinnen des Euripides: "Nie war ich im Inneren der Schiffe, aber ich weiß von Ihnen durch Worte, die ich hörte, und Bilder, die ich sah."
Die unveröffentlichten genauso wie die bereits erschienenen Essays von Joachim Sartorius durchqueren die Welt des Wortes (im ersten Teil: über Dichter) und die Welt des Bildes (im zweiten Teil: über Künstler). Schließlich schreibt Joachim Sartorius über Bilder und Sprache, über die wechselseitigen Berührungen. Die großen Namen der Literatur, die Freunde, treten auf: Cees Nooteboom, John Ashbery, William Carlos Williams oder Péter Nádas. Hinzu kommt die Laudatio auf den türkischen Autor Orhan Pamuk, Friedenspreisträger des Jahres 2005.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.09.2006Joachim Sartorius preist große Männer
Der Typus des Diplomaten-Dichters wird in Deutschland wohl nur von Joachim Sartorius verkörpert. Die Laufbahn des in Tunis geborenen Autors, Übersetzers und Herausgebers begann als Kulturreferent und Vizekonsul in New York und führte über das Goethe-Institut zur Intendanz der Berliner Festspiele. In deren Rahmen kann man nun Dichter aus Ungarn, Arabien, China und von den Antillen hören. Reflex dieser alexandrinisch-weltumspannenden Aktivität sind Sartorius' gesammelte Reden, Vorworte und Essays, die um die Pole Dichtung und Malerei angeordnet sind.
In der Dichtung sind es vor allem die großen Amerikaner John Ashbery und W. C. Williams, für die sich Sartorius einsetzt, die in Deutschland nicht heimisch wurden. Ashberys "Tonspur eines Verstandes in kontinuierlicher Bewegung" bleibt immer wieder zu entdecken. Und ganz erstaunlich ist, daß das von Sartorius 1998 übersetzte Langgedicht "Paterson" beinahe unbemerkt blieb, obwohl es zum Verständnis der amerikanischen Kultur ebenso beiträgt wie "Preisen will ich die großen Männer" von James Agee (unser Foto), dem ein anderer Essay des Bandes gewidmet ist. Agees Text ist ein amerikanischer Klassiker, der eben nicht nur durch die zugehörigen Fotografien von Walker Evans im Gedächtnis zu bleiben verdient. Schriftsteller und Fotograf bereisten 1936 die amerikanischen Südstaaten, um dort das Landleben für das Magazin "Fortune" zu dokumentieren. Heraus kam ein bewegender Bericht über das Leben mehrerer Pächterfamilien, der jahrelang unpubliziert blieb, und leider ist das von Karin Graf 1989 übersetzte Buch auch schon lange wieder vom deutschen Buchmarkt verschwunden. Sartorius' zunächst als Nachwort erschienener Essay zeigt, wie wichtig Agees Buch wäre, um durch den Komplex von Not, Religiosität und Selbstkritik die europäischen Klischees von Amerika zurechtzurücken.
Erfolgreicher waren andere Texte, die Freunden aus Dichtung und Malerei gelten: Peter Nádas, Orhan Pamuk, Cees Nooteboom sind internationale Größen der Literatur wie etwa Nan Goldin und Horst Antes in der Kunst, mit denen zusammen Sartorius jeweils eigene Bücher produziert hat. Besonders eindringlich geraten sind die Porträts von zwei Autoren, die sich selbst zerstört haben: Malcolm Lowries flackernder Kampf des konstruktiven Intellekts mit dem Alkohol auch abseits seines berühmten "Unter dem Vulkan" wird von Sartorius auf wenige nicht minder flackernde Seiten gerafft, während er Drieu de la Rochelle eine Porträtstudie widmet. Der berühmteste intellektuelle französische Kollaborateur der NS-Zeit faszinierte bis zu seinem Selbstmord noch Geister wie Silvana Ocampo und André Malraux, und dieses Faszinosum herauszupräparieren gelingt Sartorius staunenswert. Wie aus überspanntem Verlangen nach Zärtlichkeit und eigenem Ungenügen ein Umschlag in den übelsten Totalitarismus erfolgt, stellt das Grundmuster des zwanzigsten Jahrhunderts dar.
Dieser Band des Schutzherrn vieler Dichter und Künstler bestätigt den Vorrang der poetischen Vielfalt aufs schönste.
THOMAS POISS
Joachim Sartorius: "Im Inneren der Schiffe. Zwischen Wort und Bild". DuMont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2006. 260 S., geb., 22,90 .
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Typus des Diplomaten-Dichters wird in Deutschland wohl nur von Joachim Sartorius verkörpert. Die Laufbahn des in Tunis geborenen Autors, Übersetzers und Herausgebers begann als Kulturreferent und Vizekonsul in New York und führte über das Goethe-Institut zur Intendanz der Berliner Festspiele. In deren Rahmen kann man nun Dichter aus Ungarn, Arabien, China und von den Antillen hören. Reflex dieser alexandrinisch-weltumspannenden Aktivität sind Sartorius' gesammelte Reden, Vorworte und Essays, die um die Pole Dichtung und Malerei angeordnet sind.
In der Dichtung sind es vor allem die großen Amerikaner John Ashbery und W. C. Williams, für die sich Sartorius einsetzt, die in Deutschland nicht heimisch wurden. Ashberys "Tonspur eines Verstandes in kontinuierlicher Bewegung" bleibt immer wieder zu entdecken. Und ganz erstaunlich ist, daß das von Sartorius 1998 übersetzte Langgedicht "Paterson" beinahe unbemerkt blieb, obwohl es zum Verständnis der amerikanischen Kultur ebenso beiträgt wie "Preisen will ich die großen Männer" von James Agee (unser Foto), dem ein anderer Essay des Bandes gewidmet ist. Agees Text ist ein amerikanischer Klassiker, der eben nicht nur durch die zugehörigen Fotografien von Walker Evans im Gedächtnis zu bleiben verdient. Schriftsteller und Fotograf bereisten 1936 die amerikanischen Südstaaten, um dort das Landleben für das Magazin "Fortune" zu dokumentieren. Heraus kam ein bewegender Bericht über das Leben mehrerer Pächterfamilien, der jahrelang unpubliziert blieb, und leider ist das von Karin Graf 1989 übersetzte Buch auch schon lange wieder vom deutschen Buchmarkt verschwunden. Sartorius' zunächst als Nachwort erschienener Essay zeigt, wie wichtig Agees Buch wäre, um durch den Komplex von Not, Religiosität und Selbstkritik die europäischen Klischees von Amerika zurechtzurücken.
Erfolgreicher waren andere Texte, die Freunden aus Dichtung und Malerei gelten: Peter Nádas, Orhan Pamuk, Cees Nooteboom sind internationale Größen der Literatur wie etwa Nan Goldin und Horst Antes in der Kunst, mit denen zusammen Sartorius jeweils eigene Bücher produziert hat. Besonders eindringlich geraten sind die Porträts von zwei Autoren, die sich selbst zerstört haben: Malcolm Lowries flackernder Kampf des konstruktiven Intellekts mit dem Alkohol auch abseits seines berühmten "Unter dem Vulkan" wird von Sartorius auf wenige nicht minder flackernde Seiten gerafft, während er Drieu de la Rochelle eine Porträtstudie widmet. Der berühmteste intellektuelle französische Kollaborateur der NS-Zeit faszinierte bis zu seinem Selbstmord noch Geister wie Silvana Ocampo und André Malraux, und dieses Faszinosum herauszupräparieren gelingt Sartorius staunenswert. Wie aus überspanntem Verlangen nach Zärtlichkeit und eigenem Ungenügen ein Umschlag in den übelsten Totalitarismus erfolgt, stellt das Grundmuster des zwanzigsten Jahrhunderts dar.
Dieser Band des Schutzherrn vieler Dichter und Künstler bestätigt den Vorrang der poetischen Vielfalt aufs schönste.
THOMAS POISS
Joachim Sartorius: "Im Inneren der Schiffe. Zwischen Wort und Bild". DuMont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2006. 260 S., geb., 22,90 .
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Erfreut berichtet Rezensent Hans-Herbert Räkel von diesem Band mit zwei Dutzend zum Teil bisher unveröffentlichten Prosastücken des Essayisten Joachim Sartorius, mit dem der Dumont Verlag seinen Autor zum 60. Geburtstag ehrt. Der in drei Abschnitte - über Dichter, über Künstler sowie über Bilder und Sprache - unterteilte Band vermittelt nach Ansicht Räkels einen gelungenen Überblick über das vielfältige Schaffen von Sartorius. Besonders die Studien über Schriftsteller wie John Ashbery, William Carlos Williams, James Agee und Malcolm Lowry, Roberto Juarroz, Peter Nadas, Orhan Pamuk und Cees Nooteboom haben es Räkel angetan, bezeugen sie für ihn doch Sartorius' "intensiven Umgang" mit genannten Autoren. Und überhaupt: "Wen und was er alles kennt!". Räkels Einschätzung nach dürfte es kaum einen Leser geben, der angesichts dieser Fülle keinen Nachholbedarf verspürt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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