In einem Haus an einem Fjord liegt Signe, eine alte Frau, auf einer Bank und sieht sich selbst als junge Frau durch die Räume gehen. Sie sieht sich am Fenster stehen und auf das Wasser blicken. Sie sieht ihren Mann Asle, den es in seinem kleinen Boot immer wieder auf den Fjord hinauszog, bis er eines Tages nicht zurückkehrte.In dem alten Haus, das erfüllt ist von den Stimmen seiner ehemaligen Bewohner, traumwandelt Signe durch die Vergangenheit und begegnet den vorangegangenen Generationen der Familie - bis zurück zu Asles Ururgrossmutter Alise, die in der Nacht am Ufer ein Feuer hütet. Denn schon damals hatte es einen gegeben, der nie mehr vom Fjord zurückkam.'er ging nicht weg, er blieb hier bei ihr, die ganze Zeit, bis er so plötzlich verschwand, denkt sie, er war bei ihr, vom ersten Mal, dass sie ihn ankommen sah und er da stand und sie sich einfach nur anschauten, einander zulächelten, als ob sie alte Bekannte wären, als ob sie sich schon immer kennen würden irgendwie, aber sich so unendlich lang nicht mehr gesehen hätten und sich darum so riesig freuen würden, dieses Wiedersehen machte beide dermaßen froh, dass die Freude die Führung übernahm, sie führte sie aufeinander zu, als hätte ihnen das ganze Leben lang etwas Wichtiges gefehlt, und jetzt wäre es da, endlich, jetzt war es da'.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Jon Fosses Texte ähneln sich, haben gar einen "Markenrationalismus" entwickelt, der einer kreativen Weiterentwicklung des Autors hinderlich sein könnte, formuliert Aldo Keel eine vorsichtige Kritik anlässlich der nun erschienenen Novelle "Das ist Alise", die wiederum eine Variante des Stücks "Eines Sommers Tag" ist, informiert uns der Rezensent. Fosses Prosa sei sprachlich ebenso minimalistisch wie seine Theaterstücke, die den Norweger innerhalb kürzester Zeit zum Shooting Star des europäischen Theaters machten. Monotone Sprachschleifen beschreiben die Erfahrung des Verlassenwerdens, so auch hier in dieser Novelle, in der eine ältere Frau darüber nachsinnt, warum ihr Mann eines Tages auf den Fjord herausgerudert und nie wieder zurückgekehrt ist, so Keel. Fosses Texte mit ihren dunklen Fjord-Bildern und ihrer Zivilisationsferne bedienen in bestimmter Weise das deutsche Bild eines archaischen Norwegen-Idylls, nimmt Keel an, womit sich vielleicht auch die begeisterte Rezeption von Fosses Stücken erklären lasse. Die beschwörende quälende Sprache deckt das Sprachunvermögen der Charaktere zu, meint Keel und vermutet, dass ohnehin das Ungesagte bei Fosse wichtiger ist als das Gesprochene. Fosse ist von der Musik zur Literatur gekommen, weiß der Rezensent und empfiehlt dem Autor Ferien am Fjord, um eine kreative Pause einzulegen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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