"Die aktuelle Asylpolitik birgt ein Zeichen der Hoffnung, nicht nur, weil sie den Kriegsflüchtlingen unter die Arme greift, sondern auch, weil sie der politischen Lähmung in Europa entgegenarbeitet.""Wir schaffen das!" - Der Satz der deutschen Kanzlerin aus dem Sommer 2015 ist sprichwörtlich geworden, aber die in ihm steckende Prognose wurde auch belächelt: Stand er für eine Selbstüberschätzung der Deutschen oder hat er eine Wendung der europäischen Asylpolitik in die Wege geleitet? Die Analyse der nationalen und globalen Entwicklungen auf dem Feld der Flüchtlingspolitik zeigt, dass politische Slogans nicht ausreichen. Es bedarf der Auseinandersetzung mit den rechtlichen und bürokratischen Realitäten, um zu verstehen, wie problematisch die Situation von Flüchtlingen nach wie vor ist.Alfons Söllner, der sein Forscherleben dem Erbe der Hitler-Flüchtlinge widmete, hat sich in den vergangenen 35 Jahren immer wieder mit der aktuellen Asyl- und Flüchtlingspolitik auseinandergesetzt.In den hier zusammengestellten Aufsätzen zeichnet Alfons Söllner ein differenziertes Bild von Geschichte und Gegenwart der Asylpolitik nach 1945, die Analyse der sie begleitenden wissenschaftlichen Diskussionen bekundet zugleich, wie sehr das Thema ihn persönlich berührt. Während die Texte vor der Jahrtausendwende noch vehement Kritik an der Aushöhlung des bundesdeutschen Asylrechts artikulieren, lassen die späteren Texte liberalere Tendenzen erkennen. Die großzügige Aufnahme der ukrainischen Flüchtlinge in Deutschland und Europa ist ein Zeichen der Hoffnung - und ein energischer Einspruch gegen den Krieg.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Dass die Politik in Deutschland beim Umgang mit Geflüchteten auch nach Jahrzehnten noch auf Sicht fährt, anstatt eine tragende Strategie entwickelt zu haben: Das ist für Rezensent Werner Weidenfeld die maßgebliche Aussage der gesammelten Aufsätze seines Kollegen, des emeritierten Politikwissenschaftlers Alfons Söllner. Dieser begleitete die Aushöhlung des Asylrechts genauso kritisch, schreibt Weidenfeld, wie er Merkels "Willkommenskultur" begrüßte - um dann doch feststellen zu müssen, dass es noch immer an vernünftigen Integrationsmaßnahmen mangelt. So sei das Buch, das vorbildlich das Für und Wider der bundesdeutschen Asylpolitik darstelle, eine wichtige Grundlage zur Erklärung der gesellschaftlichen Gräben, die sich über die Jahre entwickelt haben und damit ein Spiegel der politischen Versäumnisse, schreibt der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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