Das Buch soll eine Praxisanleitung zum Umgang von Kindern mit „besonderen Verhaltensweisen“ (so der Untertitel) liefern und Pädagogen Hilfestellung geben, damit die Inklusion in Kindergarten und Schule gelingt. Das erste Kapitel leitet zum Thema hin, die folgenden sieben beschäftigen sich mit den
zwischenmenschlichen Beziehungen, dem pädagogischen Rahmen, der Haltung gegenüber dem Kind, der Frage,…mehrDas Buch soll eine Praxisanleitung zum Umgang von Kindern mit „besonderen Verhaltensweisen“ (so der Untertitel) liefern und Pädagogen Hilfestellung geben, damit die Inklusion in Kindergarten und Schule gelingt. Das erste Kapitel leitet zum Thema hin, die folgenden sieben beschäftigen sich mit den zwischenmenschlichen Beziehungen, dem pädagogischen Rahmen, der Haltung gegenüber dem Kind, der Frage, was Inklusion bedeutet, der Beratung bei Auffälligkeiten, dem professionellen Handeln und der Forderung nach einer Bildungsreform.
Was nach relativ klar umrissenen Inhalten klingt, stellte sich für mich beim Lesen jedoch als eher verschwommen und nicht ganz so scharf inhaltlich abgegrenzt dar. Im Wesentlichen beschreibt der Autor jeweils eine spezifische Beratungssituation, zu der er gebeten wurde, und wie mit dem konkreten Fall erfolgreich umgegangen wurde. So anschaulich der Einzelfall auch sein mag und so nützlich die punktuellen guten Handlungsweisen der Erzieher auch sind, es fehlen daraus abgeleitete Prinzipien, die über banale Generalitäten (dem Kind positiv begegnen, zugewandt sein) hinausgehen.
Vieles in dem Buch ist sicherlich völlig richtig, vor allem bezogen auf die Haltung des pädagogischen Personals wie auch auf die oftmals suboptimalen Rahmenbedingungen der Arbeit. Dies ist aber auch keine neue Erkenntnis.
Gestört habe ich mich an einigen Formulierungen. Wenn Kinder andere Kinder beißen, schlagen und sogar verletzten, ist das für mich kein „besonderes“, „kreatives“ oder „originelles“ Verhalten. Diese positiven Zuschreibungen sind für mich völlig unpassend und ich denke man sollte die Dinge auch so benennen, wie sie sind. Schönrederei hilft hier nicht weiter und verdeutlicht auch nicht, dass dieses Verhalten nicht akzeptabel ist.
Natürlich ist es im Akutfall nicht unmittelbar hilfreich, die Frage nach der Ursache des Verhaltens zu stellen. Der Autor vertritt jedoch wiederholt die These, dass die Ursache egal sei, da es ohnehin nur um die Verhaltensänderung beim pädagogischen Personal und nicht beim Kind ginge. Dass Erzieher und Lehrer einen Einfluss auf das Verhalten der Kinder haben und auch Auslöser von so manchem Konfliktfall sein können, steht außer Frage, aber der Blick hier ist mir etwas zu eindimensional (auch der Faktor Eltern spielt nur ganz am Rande eine Rolle).
Die praktische Nützlichkeit der „Marte Meo“ Methode kann ich nicht einschätzen, sie wird in dem Buch sehr raumeinnehmend beworben. Dafür kommt leider der Aspekt Schule nur sehr knapp am Ende zum Tragen, vorwiegend geht es um Kinder im Krippen- bis Kindergartenalter. Dass die Schulen nicht optimal auf Inklusion ausgerichtet sind, muss nicht diskutiert werden. Ebenso, dass andere Unterrichtsmethoden erforderlich sind, um Kinder mit ausgeprägtem Förderbedarf in Regelklassen angemessen zu beschulen. Aber dass die simple Lösung jahrgangsübergreifende Klassen und Montessoripädagogik heißen sollen, ist vielleicht doch ein wenig zu einfach gedacht.
Fazit: ansprechend zu lesen, die Beschreibungen der Einzelfälle und deren spezifische Verbesserungen im Kontext der jeweiligen Kita auch durchaus interessant, aber das Buch wird dem Anspruch praxisnahe Handlungsanleitung zu geben, nicht gerecht, wenn man sich mehr erwartet als dass man an der eigenen Haltung arbeiten muss.