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Die EU steckt in der Krise: Das Vertrauen der Menschen in die Union schwindet. In fast jedem Mitgliedsland formieren sich Anti-EU-Initiativen, die Zahl jener Menschen, die dem vereinten Europa skeptisch gegenüberstehen, ist in den Kernländern so hoch wie nie zuvor. Wir alle erleben, wie die Vision vom Vereinten Europa in der Realität zu einer unsozialen Freihandelszone verkommt.
Dieses Buch zeigt, wer die Politik in Brüssel macht - und für wen. Attac hat prominente Autorinnen und Autoren aus mehreren Ländern eingeladen, die großen Themen, die die EU in die Krise gebracht haben, kritisch zu
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Produktbeschreibung
Die EU steckt in der Krise: Das Vertrauen der Menschen in die Union schwindet. In fast jedem Mitgliedsland formieren sich Anti-EU-Initiativen, die Zahl jener Menschen, die dem vereinten Europa skeptisch gegenüberstehen, ist in den Kernländern so hoch wie nie zuvor. Wir alle erleben, wie die Vision vom Vereinten Europa in der Realität zu einer unsozialen Freihandelszone verkommt.

Dieses Buch zeigt, wer die Politik in Brüssel macht - und für wen. Attac hat prominente Autorinnen und Autoren aus mehreren Ländern eingeladen, die großen Themen, die die EU in die Krise gebracht haben, kritisch zu analysieren und Visionen einer echten Umwelt-, Sozial- und Friedensunion zu zeichnen.
Autorenporträt
Attac ist ein internationales Netzwerk von Globalisierungskritikern, das sich lösungsorientiert mit globalen Problemen auseinander setzt. Die Autorinnen und Autoren stammen aus mehreren Ländern, darunter der Bremer Ökonom und Politologe Prof. Jörg Huffschmid, die holländischen Lobbyismus-Experten Oliver Hoedeman und Erik Wesselius, der Wiener Verkehrsplaner Prof. Hermann Knoflacher, der freie Publizist und Autor Christian Felber ("Schwarzbuch Privatisierung") und die EU-Journalistin und Autorin Corinna Milborn.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.05.2006

Wahlloser Rundumschlag
Wie Globalisierungsgegner sich ein anderes Europa vorstellen

Die derzeitige Krise der EU gibt sicherlich vielerlei Anlaß zur Kritik an einem vielleicht zu ambitionierten Integrationsprozeß in den vergangenen Jahren. Daß das Scheitern der Referenden zum Verfassungsvertrag in Frankreich und den Niederlanden nicht zuletzt auch Ausdruck des schwindenden Vertrauens der Bürger in die Union ist, ist ebenso unbestritten. Es sind aber vor allem Kritiker wie Attac, ein internationales Netzwerk von Globalisierungsgegnern, die sich gerade in Frankreich zur Speerspitze der Anti-EU-Bewegung machten und maßgeblich zu diesem Scheitern beitrugen, ohne sich konstruktiv mit den im Verfassungsvertrag präsentierten Reformvorschlägen auseinandergesetzt zu haben. Nur so ist die geradezu absurde These Pierre Khalfas zu erklären, wonach das Nein zum Vertrag in Frankreich als "Sieg über den Neoliberalismus" zu werten sei.

Vor diesem Hintergrund gerät auch der vorliegende Band zunächst einmal zu einem wahllosen Rundumschlag gegen die Union und die Politik in Brüssel mit den allseits bekannten Stichworten: gegen "europaweiten Sozialabbau" und neoliberales Wirtschaften, gegen "blinden Standortwettbewerb", gegen Gentechnik, Atomenergie, "militärische Aufrüstung" (in Europa reden die meisten eher vom fortwährenden Abbau der Verteidigungshaushalte) und "Schengen-Festung". Wie bei solcher Kritik die im Vorwort der Verfasser selbst gesetzten Ziele einer sachlichen Aufarbeitung der Ursachen für die aktuelle EU-Krise sowie verständlicher Basisinformationen über das Wesen der EU erreicht werden sollen, bleibt über weite Strecken völlig unklar. Beispielhaft dafür ist die Analyse der im Verfassungsvertrag vorgesehenen institutionellen Neuerungen, die der Verfasser des entsprechenden Kapitels ausschließlich unter der Prämisse des fehlenden Konzepts für eine Demokratisierung bewertet, deren mögliche Effizienzgewinne er aber systematisch ausblendet. Entsprechend erschöpfen sich die eigenen Lösungsansätze zur Überwindung der Krise, wie sie die Autoren an den unterschiedlichsten Politikfeldern und Institutionen der EU festzumachen suchen, im wiederkehrenden Plädoyer für ein sozialeres und demokratischeres Europa.

Die Wahrnehmung der EU als Freihandelszone mit halbherziger strukturpolitischer Abfederung und markantem agrarpolitischem Protektionismus ist dabei um so erstaunlicher, als heute gerade umgekehrt die seit der Einheitlichen Europäischen Akte von 1987 wachsende Umverteilungspolitik in der Union und das Festhalten an überkommenen Sozialmodellen in den beiden größten kontinentaleuropäischen Mitgliedstaaten, Deutschland und Frankreich, als eine der Hauptursachen für die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der Union angesehen werden muß. Die zum Teil radikale politische Neuausrichtung einiger skandinavischer Länder zeigt, daß es möglich ist, erhebliche wirtschaftliche Steigerungsraten zugunsten aller Gesellschaftsmitglieder und eine Verringerung der Arbeitslosigkeit zu erzielen, gleichzeitig jedoch ein vergleichsweise hohes Sozialausgabenniveau und eine nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten. Es geht also nicht um mehr soziale Sicherheit und um ein "europäisches Sozialmodell", wie von den Autoren gefordert, "das Vollbeschäftigung mit sozialem Zusammenhalt und ökologischer Nachhaltigkeit verbindet", sondern um eine Anpassung der Systeme beziehungsweise effizientere Nutzung knapper gewordener Ressourcen.

Ähnliches gilt auch für die in verschiedenen Beiträgen angesprochenen Politikfelder. Was die Verfasser in Teilbereichen der Wirtschaftspolitik, so vor allem in der Geld-, Arbeitsmarkt-, Steuer- und Außenhandelspolitik anzubieten haben, ist das Gegenteil dessen, was die Konjunktur und die sich mühsam erholende Stimmung in der EU benötigt: mehr Staat und weniger Privatisierung; Harmonisierung statt Wettbewerb als Remedur für höhere Standards in den Bereichen Umwelt, Soziales und Verbraucherschutz; mehr Mitbestimmung bei der Regulierung von Dienstleistungen und der Gestaltung der Daseinsvorsorge statt Flexibilisierung und Deregulierung; mehr Steuern nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip ("wer mehr Einkommen und Vermögen hat, soll auch mehr zahlen") statt Entlastung von einer im internationalen Wettbewerb gerade in den ökonomisch seit Jahren stagnierenden Ländern wie Deutschland und Frankreich überhöhten Steuerquote. Dabei geht es keinesfalls um die Alternative "europäisches Sozialmodell" oder "neoliberales Wirtschaften nach angelsächsischem Muster", wie der Band suggeriert. Es geht schlicht um die Anpassung einiger europäischer Sozial- und Wirtschaftsmodelle.

Wer das "nordische" Modell als leuchtendes Vorbild zitiert und dabei auf unverändert hohe Staatsquoten zur Finanzierung der sozialen Sicherheit verweist, der sollte auch nicht verschweigen, daß die geringere Arbeitslosigkeit in den betreffenden Ländern auch auf den konsequenten Rückzug ihrer Regierungen aus der Entwicklung der Produkt-, Dienstleistungs- und Arbeitsmärkte zurückzuführen ist und auf die Einwilligung der Gewerkschaften in Lohnkürzungsrunden, flexible Arbeitszeitmodelle und Reformen der Einzelversicherungen.

STEFAN FRÖHLICH

Attac (Herausgeber): Das kritische EU-Buch. Warum wir ein anderes Europa brauchen. Deuticke im Paul Zsolnay Verlag, Wien 2006. 319 S., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Wärmstens empfiehlt Rezensent Hans Arnold die Lektüre dieses von Attac Österreich herausgegebenen Buches - und zwar sowohl denjenigen, die mit den Positionen und Argumenten von Attac bereits vertraut sind, als auch den anderen, denen sich, wie der Rezensent vermutet, "manche neue europapolitische Perspektive" eröffnen dürfte. In 21 "gut aufeinander abgestimmten" Beiträgen, von denen die meisten eigens für diesen Band verfasst wurden, werden "alle Felder der EU-Politik präzise, sachlich und detailgenau analysiert". Das Bild, das sich so zusammensetzt, stimmt den Rezensenten nicht froh: Die Politik der EU werde "immer komplizierter und diffuser", die Institutionen entfernten sich zusehends von ihren Bürgern, wo eigentlich eine "Politik von unten" gebraucht würde, die EU hänge dem neoliberalen Dogma nach und vernachlässige paradoxerweise ihm zuliebe die erklärten Ziele des "Wohlstands" und der "Sicherheit", in der irrigen Annahme, nur der Liberalismus könne Wohlstand und Sicherheit bringen. Dies ist "ein wichtiges Buch zum richtigen Zeitpunkt", dem viel Resonanz zu wünschen ist, so das sehr wohlwollende Fazit des Rezensenten.

© Perlentaucher Medien GmbH