Marktplatzangebote
6 Angebote ab € 2,96 €
  • Gebundenes Buch

1 Kundenbewertung

Gute Bücher verändern das Leben!
Mehr als eine Literaturgeschichte! Ein Buch über Lesen, Leben und Schreiben seit 1989 in Deutschland. Der Literaturkritiker Richard Kämmerlings erzählt sehr persönlich, mit Verstand und Weitblick von literarischen und anderen Glanzlichtern der letzte 20 Jahre.
Wofür brauchen wir überhaupt Gegenwartsliteratur?
Wer heute den Roman eines deutschsprachigen Autors in die Hand nimmt, darf die Erwartung haben, darin etwas über die Zeit zu erfahren, in der er lebt.
Der Literaturkritiker Richard Kämmerlings erzählt sehr persönlich von literarischen
…mehr

Produktbeschreibung
Gute Bücher verändern das Leben!

Mehr als eine Literaturgeschichte! Ein Buch über Lesen, Leben und Schreiben seit 1989 in Deutschland. Der Literaturkritiker Richard Kämmerlings erzählt sehr persönlich, mit Verstand und Weitblick von literarischen und anderen Glanzlichtern der letzte 20 Jahre.
Wofür brauchen wir überhaupt Gegenwartsliteratur?

Wer heute den Roman eines deutschsprachigen Autors in die Hand nimmt, darf die Erwartung haben, darin etwas über die Zeit zu erfahren, in der er lebt.

Der Literaturkritiker Richard Kämmerlings erzählt sehr persönlich von literarischen Glanzlichtern der letzten 20 Jahre und der Zeit, die sie spiegeln. Von den Kriegen und Sex, von Wirtschaftkrise und Berlin-Boom, von Terror und Migration.
Literaturgeschichte als Zeitgeschichte und großes Lesevergnügen.
Autorenporträt
Richard Kämmerlings, geboren 1969 in Krefeld, beschloss Mitte der Neunzigerjahre, sich der Gegenwart zu widmen und wurde Literaturkritiker. 1997 begann er mit Rezensionen für den Rundfunk und die »Neue Zürcher Zeitung«, seit 1998 war er Mitarbeiter, ab 2001 Literaturredakteur der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«, seit 2010 ist er Leitender Redakteur im Feuilleton der »Welt« und »Welt am Sonntag«.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.03.2011

Blick zurück im Zweifel

Gute Zeiten: Richard Kämmerlings nimmt mit den Werken der deutschen Gegenwartsliteratur die letzten zwanzig Jahre ins kulturgeschichtliche Visier.

Vor dem Glück kommt das Unglück. Vor drei Jahren beklagte Richard Kämmerlings, damals noch Literaturredakteur dieser Zeitung, das "Zuviel an privaten und historischen Stoffen" in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur - und forderte neue Themen: "Wirtschaft, Politik, Technik und Militär". Kämmerlings, Jahrgang 1969, schlug damals einen kategorischen Tonfall an, der unter den Kritikern seiner Generation eher selten ist. Er klingt auf den ersten Seiten seines Buchs "Das kurze Glück der Gegenwart" noch einmal an: "Gegenwartsliteratur ist Erfahrungsliteratur", ihr "Auftrag" bestehe darin, die "Obsessionen und Ängste, Phantasien und Hoffnungen ihrer Epoche" in Erzählungen auszuprägen. Keine Widerrede.

Dafür ein langer Nachsatz. Denn Richard Kämmerlings unternimmt den Versuch, diese These jetzt auf rund zweihundert Seiten mit Material anzureichern: Er gehe davon aus, schreibt der Literaturredakteur, der mittlerweile ins Feuilleton der "Welt" gewechselt ist, dass es einer Reihe von Autoren "seit '89" tatsächlich gelungen sei, die "eigene Zeit in Geschichten" zu fassen. Also Auftrag erfüllt?

Kämmerlings beginnt mit einem Rückblick auf das Berlin der neunziger Jahre. Nach dem Fall der Mauer haben die Schriftsteller hier die Geister der Vergangenheit beschworen, unter anderen Marcel Beyer, der seine Leser 1995 im Roman "Flughunde" noch einmal mit in den Führerbunker nahm: "Der Gegenwartsroman ist zuallererst ein Vergangenheitsroman." Nur wenig später träumte sich dann eine Gruppe adrett gekleideter Literaten rund um Christian Kracht in einer Suite des Hotels Adlon unter dem Titel "Tristesse Royale" zurück in die Schützengräben an der Somme. Doch während junge Schriftsteller über historische Schlachten sinnierten, wurden sie von der Nachrichtenaktualität eingeholt. Die Balkan-Kriege, der zweite Golfkrieg, schließlich der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan - das alles, wundert sich Kämmerlings, sei in Deutschland lange Zeit nur bedingt "literaturfähig" gewesen. Erst Thomas Lehr sei es mit seinem 2010 erschienenen Roman "September" schließlich gelungen, "asymmetrischen Krieg" und "globalen Terror" auf einen Familienroman herunterzubrechen.

Das ist das Muster. Richard Kämmerlings macht Romane zu Aussichtsplattformen, um die weiten Felder der Gegenwart in den Blick zu bekommen. Die Schattenseiten des kapitalistischen Systems, die seit der letzten Finanzkrise nicht nur Hartz-IV-Empfänger, sondern auch leitende Angestellte zu spüren bekommen, findet er in den Romanen von Kirsten Fuchs ("Die Titanic und Herr Berg") oder Ernst-Wilhelm Händler ("Wenn wir sterben"), den Boom der Themen "Provinz" und "Heimat" deutet er über den Umweg des Migrationsromans als Globalisierungsphänomen und wirft mit Anna Katharina Hahns Roman "Kürzere Tage" einen Blick hinter die Fassaden der neuen Bürgerlichkeit - und auf das deutsche Familienbild, das zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts durch eine "komplizierte Dialektik aus Zerfall und Behauptungswillen" geprägt ist. Von der Patchworkfamilie zur Internetpornographie, von der Nostalgie der Generation Golf zum klinisch diagnostizierten Gedächtnisverlust als gesellschaftlicher Metapher: Richard Kämmerlings hat gerade kein Buch über Bücher geschrieben, sondern eine literaturgestützte Kulturgeschichte der letzten zwanzig Jahre.

So werden Romane in Gegenwart überführt. Auch das ist ein guter Grund, Richard Kämmerlings' Buch zu lesen. In einer Zeit, in der die "Shortlists" diverser Preise die literarische Produktion einer Saison auf ein halbes Dutzend Titel reduzieren und die sogenannten Kundenrezensionen bei Amazon intensiver gelesen werden als die Buchbeilagen mancher Tageszeitungen, muss man nicht nur über Literatur reden, sondern auch über die Literaturkritik. Das ist die eigentliche Botschaft, die "Das kurze Glück der Gegenwart" enthält, und mit ihr widerlegt Richard Kämmerlings sich zum Schluss elegant selbst. Es ist eben nicht die Aufgabe des Schriftstellers, die "eigene Zeit in Geschichten" zu fassen. Es ist Aufgabe des Kritikers.

KOLJA MENSING

Richard Kämmerlings: "Das kurze Glück der Gegenwart". Deutschsprachige Literatur seit '89.

Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2011. 205 S., geb., 16,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Durchaus mit Gewinn hat Iris Radisch diese kurze Literaturgeschichte ihres Kritikerkollegen Richard Kämmerlings gelesen, überzeugend findet sie sie allerdings nicht. Sie ahnt jedoch, dass es Kämmerlings darauf auch nicht ankommt, denn schließlich belässt er es beim "autobiografisch-erzählenden Sachbuch", laut Radisch ein im Trend liegendes Genre, dessen Trick darin besteht, dass es ebenso "unangreifbar wie lebensnah" sei. Kämmerlings' oberstes Kriterium für seinen persönlichen Kanon sei das "Versprechen auf Gegenwartserkenntnis" erklärt Radisch, weswegen Autoren wie Julia Franck und Uwe Tellkamp ebenso unter den Tisch fallen wie Brigitte Kronauer, Josef Winkler, Peter Handke, Georg Klein und Ulrike Draesner: Zu wenig Sex, Geld, Krieg, Tod. Viele Romaninterpretationen hat sie trotzdem gern gelesen, und auch dass sie an die Debatten der neunziger und nuller Jahre (Realismus, Zeitgeist, Väter) erinnert wurde, rechnet sie Kämmerlings positiv an. Aber wer eine Liste der zehn besten Romane erstelle, bemerkt sie abschließend, müsse ins "Herz der Literatur" treffen, nicht ins "Archiv des Zeitgeistes".

© Perlentaucher Medien GmbH