Natürlich war Adam Czupek nicht der Richtige für sie. Ein Mann, der mit den Händen arbeitete, einer, der Sprache für unwichtig hielt. Mit so einem Mann konnte man sich nicht sehen lassen, viel weniger noch sein Leben mit ihm verbringen. Dachten ihre Eltern. Aber was wussten sie, deren Ehe längst am Ende war, schon von der Liebe. Was wussten sie von Adam? Er baute Drachen für die Kinder, die sie bekamen, fand eine größere Wohnung. Das Leben wurde zum Abenteuer, als sie rauszogen aufs Land. Und als sie von Bauer Holzapfel die Streuobstwiese bekamen, hatte Adam schon längst einen Plan, wohin das alles führen sollte. Birgit Vanderbekes unkonventionelle Erzählerin lässt sich von Adam bezaubern und von seiner Art, das Leben anzugehen. "Das lässt sich ändern" ist ein klarer, leuchtender Roman über die Liebe, das Anderssein und über das Bekenntnis zu den einfachen Dingen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.03.2011Händchen für die Revolte
Birgit Vanderbeke erzählt von bürgerlichen Querelen
Die Geschichte der bürgerlichen Familie ist untrennbar verknüpft mit dem Veto von Eltern gegen die Partner ihrer Töchter. Seit unzähligen Unterhaltungsstücken der Aufklärung gehört vor allem der väterliche Protest zum Ritual. Durch Tränen, Briefe und heftige Worte verschafft es sich Ausdruck. In Birgit Vanderbekes Roman "Das lässt sich ändern" reicht schon ein wenig Babyspucke aus, um die Tochter für immer zu verjagen: Als die Ich-Erzählerin mit ihrem Freund und Neugeborenen bei den Eltern auftaucht, besiegelt ein feuchtes Bäuerchen auf Opas Jackett den Bruch mit der Vaterwelt.
Das lässt sich zwar nicht ändern, wohl aber ein Leben fern der eigenen Herkunft. Es ist der Ausbruch aus einer behüteten Wattewelt, in der kein Mensch auf die Idee käme, eine Weinkiste zu tragen, einen Nagel in die Wand zu schlagen oder einen Knopf anzunähen. Der Verehrer Adam, den die Tochter mitbringt, ist ganz anders, "roch nach Werkstatt, nach Holz, nach Metall und nach Arbeit". Als er beim Antrittsbesuch handwerkliche Hilfe anbietet, schlägt ihm Verachtung entgegen: "Das können sie, solche Leute." Die Titelwendung "Das lässt sich ändern" gehört also ganz dem bodenständigen Adam. Zunächst bezieht sich das ohne politischen Hintersinn auf den Praxisoptimismus eines Tüftlers, der jeden Sperrmüllfund reparieren kann und für alles eine Lösung hat. Doch dann schlägt der Sinn fürs Praktische ins Programmatische um - und damit die individuelle Flucht aus dem Bürgerhaus in einen Aussteigerroman. Erzählt wird von den achtziger Jahren, als jeder "irgendwie links" war und man sich ansonsten auf eine Welt einstellte, die "kein Abenteuer war, weder verlockend noch beunruhigend". Zwischen den Studentenprotesten der Siebziger und den wachsenden Erfolgsambitionen nach der Wende war nicht viel los. Wie das damalige Leben wird dieser Roman von Zufällen und Träumen regiert: Das Paar scheitert an der Spießigkeit und sucht mit nun zwei Kindern nach Alternativen. Mit dem wachsenden Realismus der Neunziger schaffen sie sich eine Art Öko-Idylle auf dem Lande.
Wer von früher erzählt, setzt sich leicht dem Verdacht der Sentimentalität aus. Davon ist dieses unzeitgemäße Buch so wenig frei wie von so manchem Klischee. Doch es zeugt von Mut, der Marktmaschine wie der übermütigen Spaßgesellschaft auch literarisch andere Lebensmodelle entgegenzustellen, die nicht völlig verschwunden sind. Mit ihrer Erinnerungsarbeit versucht die Erzählerin, die Paradoxie der Zeitgeschichte aufzudecken, "dass diejenigen, die drinstecken, meistens nicht erfassen, was geschieht". Vanderbeke wird damit am ehesten ein Publikum gewinnen, das dem Alter der Protagonisten entspricht. Für den Großteil einer ganzen Generation modelliert sie so einen handlichen Griff an die eigene Nase.
ALEXANDER KOSENINA
Birgit Vanderbeke: "Das lässt sich ändern".
Roman.
Piper Verlag, München/Zürich 2011. 147 S., geb., 24,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Birgit Vanderbeke erzählt von bürgerlichen Querelen
Die Geschichte der bürgerlichen Familie ist untrennbar verknüpft mit dem Veto von Eltern gegen die Partner ihrer Töchter. Seit unzähligen Unterhaltungsstücken der Aufklärung gehört vor allem der väterliche Protest zum Ritual. Durch Tränen, Briefe und heftige Worte verschafft es sich Ausdruck. In Birgit Vanderbekes Roman "Das lässt sich ändern" reicht schon ein wenig Babyspucke aus, um die Tochter für immer zu verjagen: Als die Ich-Erzählerin mit ihrem Freund und Neugeborenen bei den Eltern auftaucht, besiegelt ein feuchtes Bäuerchen auf Opas Jackett den Bruch mit der Vaterwelt.
Das lässt sich zwar nicht ändern, wohl aber ein Leben fern der eigenen Herkunft. Es ist der Ausbruch aus einer behüteten Wattewelt, in der kein Mensch auf die Idee käme, eine Weinkiste zu tragen, einen Nagel in die Wand zu schlagen oder einen Knopf anzunähen. Der Verehrer Adam, den die Tochter mitbringt, ist ganz anders, "roch nach Werkstatt, nach Holz, nach Metall und nach Arbeit". Als er beim Antrittsbesuch handwerkliche Hilfe anbietet, schlägt ihm Verachtung entgegen: "Das können sie, solche Leute." Die Titelwendung "Das lässt sich ändern" gehört also ganz dem bodenständigen Adam. Zunächst bezieht sich das ohne politischen Hintersinn auf den Praxisoptimismus eines Tüftlers, der jeden Sperrmüllfund reparieren kann und für alles eine Lösung hat. Doch dann schlägt der Sinn fürs Praktische ins Programmatische um - und damit die individuelle Flucht aus dem Bürgerhaus in einen Aussteigerroman. Erzählt wird von den achtziger Jahren, als jeder "irgendwie links" war und man sich ansonsten auf eine Welt einstellte, die "kein Abenteuer war, weder verlockend noch beunruhigend". Zwischen den Studentenprotesten der Siebziger und den wachsenden Erfolgsambitionen nach der Wende war nicht viel los. Wie das damalige Leben wird dieser Roman von Zufällen und Träumen regiert: Das Paar scheitert an der Spießigkeit und sucht mit nun zwei Kindern nach Alternativen. Mit dem wachsenden Realismus der Neunziger schaffen sie sich eine Art Öko-Idylle auf dem Lande.
Wer von früher erzählt, setzt sich leicht dem Verdacht der Sentimentalität aus. Davon ist dieses unzeitgemäße Buch so wenig frei wie von so manchem Klischee. Doch es zeugt von Mut, der Marktmaschine wie der übermütigen Spaßgesellschaft auch literarisch andere Lebensmodelle entgegenzustellen, die nicht völlig verschwunden sind. Mit ihrer Erinnerungsarbeit versucht die Erzählerin, die Paradoxie der Zeitgeschichte aufzudecken, "dass diejenigen, die drinstecken, meistens nicht erfassen, was geschieht". Vanderbeke wird damit am ehesten ein Publikum gewinnen, das dem Alter der Protagonisten entspricht. Für den Großteil einer ganzen Generation modelliert sie so einen handlichen Griff an die eigene Nase.
ALEXANDER KOSENINA
Birgit Vanderbeke: "Das lässt sich ändern".
Roman.
Piper Verlag, München/Zürich 2011. 147 S., geb., 24,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Alexander Kosenina fühlt sich angesprochen von dieser Zeitmaschine von einem Roman. Zurück in die Achtziger geht's, wenn Birgit Vanderbeke kleine und größere Fluchten (aus dem bürgerlichen Elternhaus und der Gesellschaft) mit Hang zum Programmatischen erzählt. Und wenn die Träume schließlich auf den Realismus der Neunziger stoßen, hat Kosenina zweierlei gelernt: Es gibt (oder gab sie jedenfalls) alternative Lebensmodelle zur Spaßgesellschaft, auch wenn man sie selber vielleicht kaum wahrgenommen hat. Und: Ohne Klischees geht eine Erinnerungsarbeit, wie die Autorin sie betreibt, nicht ab.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Ein wunderbarer Roman.« Elle
»Präzise, klar und tiefgründig, aber nicht mit moralischem Zeigefinger, beschreibt Birgit Vanderbeke die Sehnsucht vom einfachen, naturverbundenen Leben abseits von Modetrends, Konsumterror und Hamsterrad.« Mittelbadische Presse 20120730