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  • Buch mit Leinen-Einband

Produktdetails
  • Verlag: Edition Braus
  • Seitenzahl: 217
  • Erscheinungstermin: Herbst 2006
  • Deutsch, Englisch
  • Abmessung: 0mm x 0mm x 0mm
  • Gewicht: 1458g
  • ISBN-13: 9783899042146
  • ISBN-10: 389904214X
  • Artikelnr.: 20853008
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.01.2007

Erstarrung des Lebendigen und Beseelung des Toten
Unter den Bilderfindungen in Malerei und Fotografie ist das Stillleben die seltsamste und rätselvollste. Ob archäologische Funde in einem römischen Depot oder ein Prachtblumenstrauß nach Art des niederländischen Barock, ob ein Arrangement von Man Ray oder ein zufällig im Swimming Pool schwimmendes Paddel von David Hockney, stets erscheinen diese menschenleeren Bilder fremd und, gewollt oder nicht, surrealistisch. Die Ansammlung von Wasservögeln auf dem Tisch eines Tierpräparators (unser Bild) hat etwas Gespenstisches, erinnert eher an Alfred Hitchcocks Vogel-Obsessionen als an eine wohlüberlegte Fotokomposition. Es ist die geradezu dröhnende Stille, dieses Anhalten von jeglicher Bewegung, die dem Bild seine Unheimlichkeit gibt. Im Stillleben, nature morte auf Französisch, vielleicht übersetzbar mit „ abgestorbene Natur”, erstarrt alles zu ewigem Leben in endgültiger Gestalt, Zeit und Raum werden untrennbar eins. Umgekehrt wirken banale tote Gegenstände so, als würden sie unter den eindringlichen Blicken der Künstler lebendig. Sie werden auratisch durch die einzigartige Heraushebung aus dem Wust der Dinge.
Der eindrucksvolle Band „Das Leben der Dinge. Die Idee vom Stilleben in der Fotografie 1840-1985” (Hrsg: Dorothea Ritter, Dietmar Siegert, Zdenek Primus. Edition Braus, 2006, 45 Euro) zeigt geradezu bestürzend sowohl diesen Vorgang des Absterbens des Lebendigen als auch die Beseelung und Verlebendigung des Toten. Wer sich als Maler oder Fotograf in solchen Gefilden letztlich schwarzer Romantik bewegt, zeigt ein unmittelbares Interesse am unaufhaltsamen Prozess vom Leben zum Tode. Das Stillleben in allen Variationen greift in diesen Verlauf ein, es ist, als gefriere dieser Blick die eigentlich startenden Wasservögel. Dabei ist schon der Präparator ein nekrophiler Verlebendiger, indem er die toten Vögel so herrichtet, als seien sie gerade im Augenblick ihrer höchsten Lebenskraft dem Zeitfluss enthoben. Diese Fotografie von W. Hümmer um 1910 dokumentiert im Grunde den bedrohlichen Menschenwunsch, zu herrschen über Leben und Tod. HARALD EGGEBRECHT
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