"So richtig was für den Strand!" Badisches Tagblatt
Hochgräfin Gritta von Rattenzuhausbeiuns ist die Pippi Langstrumpf unter den Heldinnen der Romantik: ein kleines Mädchen, das respektlos und mit heiterem Eigensinn alle Grenzen ignoriert, die Erwachsene ihr und ihren Geschlechtsgenossinnen setzen wollen. "Das eigene Licht niemals unter den Scheffel stellen!" lautet das selbstbewusste Motto ihrer außergewöhnlichen Robinsonade, die sie durch die halbe Welt und am Ende auf den Thron führt.
Klosterschule, Handarbeiten, Artigsein: all das ist nichts für die pfiffige Gritta. Lieber lässt sie sich von der gefährlichen Rettungsmaschine ihres Vaters in die Luft katapultieren oder läuft - "und wenn mich der Bär frisst!" - in den dunklen Wald. Nicht umsonst ist sie die Tochter eines Ritters und die Enkelin mutiger Ahnen, drei davon ausgezeichnet mit dem Knopflochverdienstorden erster Klasse. Elf Freundinnen im Schlepptau, lässt sie die Klostermauern hinter sich und stellt sich, mit der wohl ersten Mädchenbande der Weltliteratur, Gefahr und Gefangenschaft, Schiffbruch und anderen Katastrophen. Dieser turbulente Märchenroman, den Mutter und Tochter von Arnim 1844/45 gemeinsam verfassten, schillert in allen Facetten der literarischen Romantik.
- Ein frühes, radikales Plädoyer für die weibliche Emanzipation
- Glänzende Unterhaltung dank Sprachwitz und überbordender Phantasie der Autorinnen
Hochgräfin Gritta von Rattenzuhausbeiuns ist die Pippi Langstrumpf unter den Heldinnen der Romantik: ein kleines Mädchen, das respektlos und mit heiterem Eigensinn alle Grenzen ignoriert, die Erwachsene ihr und ihren Geschlechtsgenossinnen setzen wollen. "Das eigene Licht niemals unter den Scheffel stellen!" lautet das selbstbewusste Motto ihrer außergewöhnlichen Robinsonade, die sie durch die halbe Welt und am Ende auf den Thron führt.
Klosterschule, Handarbeiten, Artigsein: all das ist nichts für die pfiffige Gritta. Lieber lässt sie sich von der gefährlichen Rettungsmaschine ihres Vaters in die Luft katapultieren oder läuft - "und wenn mich der Bär frisst!" - in den dunklen Wald. Nicht umsonst ist sie die Tochter eines Ritters und die Enkelin mutiger Ahnen, drei davon ausgezeichnet mit dem Knopflochverdienstorden erster Klasse. Elf Freundinnen im Schlepptau, lässt sie die Klostermauern hinter sich und stellt sich, mit der wohl ersten Mädchenbande der Weltliteratur, Gefahr und Gefangenschaft, Schiffbruch und anderen Katastrophen. Dieser turbulente Märchenroman, den Mutter und Tochter von Arnim 1844/45 gemeinsam verfassten, schillert in allen Facetten der literarischen Romantik.
- Ein frühes, radikales Plädoyer für die weibliche Emanzipation
- Glänzende Unterhaltung dank Sprachwitz und überbordender Phantasie der Autorinnen
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.07.2008Hochgräfin Krimskrams
Ein Jungmädchenmärchen von Gisela von Arnim
Alles ist erlaubt, was der Witz nur immer gebären mag: sprechende Ratten, die Urkunden fressen, ein Soldat, der den Kragen so steif und hoch trägt, dass er nur noch den Himmel sieht, die heilige Unnütziata, die wirklich überhaupt nicht gebraucht wird, eine Insel, auf der sich die Schattenseiten aller Dinge treffen, schließlich ein Loch, durch das ein Dutzend junge Mädchen ins Paradies zurückfinden, aus dem Prinz Bonus den bösen Pater Pecavi durch den Schornstein hinausgejagt hat.
Alle Motive der Romantik sind hier versammelt: flüsternde Springbrunnen, sehnsüchtige Turmbläser, des Teufels Großmutter, ihre Kaffeehaube und eine blaue Blume mit einer Tauperle im Kelch. Die Erzählerhand streut massenhaft zauberischen Krimskrams aus, lauter bunte Klötzchen, die dann nicht mehr gebraucht werden, und nur weil irgendwann ja doch Schluss sein muss, heiraten Prinz Bonus und Gritta Hochgräfin von Rattenzuhausbeiuns nach beinahe dreihundert spaßigen Seiten. Das Paradies bricht mithin aus. Anstelle der klassischen Schlusswendung "Und wenn sie nicht gestorben sind" steht allerdings am Ende die ironische Abwandlung: "Deswegen starb auch niemand außer denen, die so krank waren, dass es nicht anders ging."
Clemens Brentano hat derlei bereits viel besser gemacht, aber das darf man seiner Nichte Gisela von Arnim nicht übelnehmen. Sie hat diesen Märchenroman mit sechzehn oder siebzehn verfasst, offenbar tief beeindruckt von ihrem Onkel Clemens, ihrer Mutter Bettina, ihrem Vater Achim und den vielen literarhistorisch bedeutenden Geistesverwandten von Novalis bis zu den Brüdern Grimm. Sie schreibt zwar durch und durch epigonal, so dass man alles irgendwo schon einmal gelesen zu haben glaubt, aber auch wieder erfrischend und entzückend in ihrem jungmädchenhaften Tief- und Eigensinn. Trotzig wirft sie die Welt nieder mit der Kraft ihrer Phantasie. Frech, antiautoritär, anarchisch und entschieden areligiös lässt sie ihren Launen freien Lauf, aber weil das ewige Witzereißen sie selbst wie auch den geduldigen Leser ermüdet, grummelt ein melancholischer Grundton durch das ganze zwitschernde Konzert.
Die Überlieferungslage ist recht verworren. Gisela von Arnim ist zwar wohl die Autorin, aber ihre berühmte Mutter war zumindest Ratgeberin und Helferin, weshalb sie hier als Autorin mitaufgeführt ist. Es sind Druckfahnen erhalten mit Korrekturen von ihrer Hand. Warum der Roman damals - das Titelblatt des Fahnenexemplars trägt die Jahreszahl 1845 - nicht erschienen ist, ist unbekannt. Im Jahre 1926 kam er an versteckter Stelle erstmals heraus: als Ergänzungsband zu den "Sämmtlichen Werken" Bettina von Arnims: Aber erst jetzt, als hübsches und handliches Manesse-Bändchen, bekommt der Roman eine wirkliche Chance. Zumal das Nachwort von Rolf Vollmann die philologischen und literarhistorischen Informationen mit so viel Eleganz, Lachlust und Würze vorbringt, dass man sich rasch zu Hause fühlt bei Gisela und ihrer berühmten Familie.
HERMANN KURZKE.
Bettina und Gisela von Arnim: "Das Leben der Hochgräfin Gritta von Rattenzuhausbeiuns". Märchenroman. Nachwort von Rolf Vollmann. Manesse Verlag, Zürich 2008. 301 S., geb., 17,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Jungmädchenmärchen von Gisela von Arnim
Alles ist erlaubt, was der Witz nur immer gebären mag: sprechende Ratten, die Urkunden fressen, ein Soldat, der den Kragen so steif und hoch trägt, dass er nur noch den Himmel sieht, die heilige Unnütziata, die wirklich überhaupt nicht gebraucht wird, eine Insel, auf der sich die Schattenseiten aller Dinge treffen, schließlich ein Loch, durch das ein Dutzend junge Mädchen ins Paradies zurückfinden, aus dem Prinz Bonus den bösen Pater Pecavi durch den Schornstein hinausgejagt hat.
Alle Motive der Romantik sind hier versammelt: flüsternde Springbrunnen, sehnsüchtige Turmbläser, des Teufels Großmutter, ihre Kaffeehaube und eine blaue Blume mit einer Tauperle im Kelch. Die Erzählerhand streut massenhaft zauberischen Krimskrams aus, lauter bunte Klötzchen, die dann nicht mehr gebraucht werden, und nur weil irgendwann ja doch Schluss sein muss, heiraten Prinz Bonus und Gritta Hochgräfin von Rattenzuhausbeiuns nach beinahe dreihundert spaßigen Seiten. Das Paradies bricht mithin aus. Anstelle der klassischen Schlusswendung "Und wenn sie nicht gestorben sind" steht allerdings am Ende die ironische Abwandlung: "Deswegen starb auch niemand außer denen, die so krank waren, dass es nicht anders ging."
Clemens Brentano hat derlei bereits viel besser gemacht, aber das darf man seiner Nichte Gisela von Arnim nicht übelnehmen. Sie hat diesen Märchenroman mit sechzehn oder siebzehn verfasst, offenbar tief beeindruckt von ihrem Onkel Clemens, ihrer Mutter Bettina, ihrem Vater Achim und den vielen literarhistorisch bedeutenden Geistesverwandten von Novalis bis zu den Brüdern Grimm. Sie schreibt zwar durch und durch epigonal, so dass man alles irgendwo schon einmal gelesen zu haben glaubt, aber auch wieder erfrischend und entzückend in ihrem jungmädchenhaften Tief- und Eigensinn. Trotzig wirft sie die Welt nieder mit der Kraft ihrer Phantasie. Frech, antiautoritär, anarchisch und entschieden areligiös lässt sie ihren Launen freien Lauf, aber weil das ewige Witzereißen sie selbst wie auch den geduldigen Leser ermüdet, grummelt ein melancholischer Grundton durch das ganze zwitschernde Konzert.
Die Überlieferungslage ist recht verworren. Gisela von Arnim ist zwar wohl die Autorin, aber ihre berühmte Mutter war zumindest Ratgeberin und Helferin, weshalb sie hier als Autorin mitaufgeführt ist. Es sind Druckfahnen erhalten mit Korrekturen von ihrer Hand. Warum der Roman damals - das Titelblatt des Fahnenexemplars trägt die Jahreszahl 1845 - nicht erschienen ist, ist unbekannt. Im Jahre 1926 kam er an versteckter Stelle erstmals heraus: als Ergänzungsband zu den "Sämmtlichen Werken" Bettina von Arnims: Aber erst jetzt, als hübsches und handliches Manesse-Bändchen, bekommt der Roman eine wirkliche Chance. Zumal das Nachwort von Rolf Vollmann die philologischen und literarhistorischen Informationen mit so viel Eleganz, Lachlust und Würze vorbringt, dass man sich rasch zu Hause fühlt bei Gisela und ihrer berühmten Familie.
HERMANN KURZKE.
Bettina und Gisela von Arnim: "Das Leben der Hochgräfin Gritta von Rattenzuhausbeiuns". Märchenroman. Nachwort von Rolf Vollmann. Manesse Verlag, Zürich 2008. 301 S., geb., 17,90 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Hermann Kurzke gibt ohne Umschweife zu, dass er Geschichten dieser Art schon versierter als bei Gisela von Arnim gelesen hat - bei ihrer Mutter Bettina von Arnim oder ihrem Onkel Clemens Brentano zum Beispiel. Und dennoch ist er nach eigenen Angaben von der Frische und dem Witz dieses Jugendwerks hingerissen. Gisela von Arnim hat dieses Werk bereits mit 16 oder 17 Jahren verfasst und bietet darin neben sämtlichen Motiven der romantischen Literatur eine Menge frecher Einfälle, auch einen "entschieden areligiösen" Ton, und zeigt eine ziemlich anarchistische Ader, so der Rezensent amüsiert. Der Roman ist unter dem Namen der Verfasserin nie erschienen und kam erst 1926 in den gesammelten Werken ihrer Mutter heraus, die bei diesem Buch wohl auch mit Rat und Tat geholfen hat, weiß der Rezensent. Umso erfreulicher, dass die Geschichte um die Hochgräfin Rattenzuhausbeiuns, die nach allerlei fantastischen Verwicklungen ihren Prinzen Bonus heiratet, nun mit einem höchst informativen und dabei sehr unterhaltsamen Nachwort von Rolf Vollmann eine "wirkliche Chance" bekommt, findet Kurzke.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Ein federleichtes spätromantisches Werk, verträumt und frech zugleich, mit Witz und Anmut in den Tag geplaudert.« Neue Zürcher Zeitung »Es gibt keinen Zweifel: Wer sich eine Bibliothek mit Weltliteratur in Form von Hörbüchern aufbauen möchte, kommt an dieser Edition nicht vorbei.« WDR 3 »Hier wird fündig, wer an Hörbuchproduktionen Freude hat, die nicht schnell hingeschludert sind, sondern mit einer Regie-Idee zum Text vom und für den Rundfunk produziert sind.« NDR KULTUR »Mehr Zeit hätte man ja immer gern, aber für diese schönen Hörbücher, das Stück nur 10 EUR, besonders.« WAZ »Die Hörbuch-Edition 'Große Werke. Große Stimmen.' umfasst herausragende Lesungen deutschsprachiger Sprecherinnen und Sprecher, die in den Archiven der Rundfunkanstalten schlummern.« SAARLÄNDISCHER RUNDFUNK