Begabt, dennoch fleißig, bescheiden, aber voll Künstlerstolz, körperlich wohlgestaltet, doch spielsüchtig - Bellori zeigt am Beispiel des Malers Guido Reni Ideale und Fallstricke eines Künstlerlebens im BarockDie Zeitgenossen nannten ihn den »Göttlichen« und rühmten die Anmut seiner engelsgleichen Figuren: Ohne Zweifel zählte der aus Bologna stammende Maler Guido Reni (1575-1642) zu den weithin berühmten Künstlern der Epoche. Einflussreiche Persönlichkeiten schätzten und sammelten seine Werke, die ihn als Protagonisten einer der idealen Schönheit verpflichteten Malerei ausweisen. Dass Giovan Pietro Bellori einem solchen Künstler, auf den er sich bereits in seiner Idea-Rede als Zeugen des eigenen Kunstideals berufen hatte, eine Lebensbeschreibung widmen wollte, liegt nahe. Die Fragen aber, wann er an einem entsprechenden Text arbeitete und warum dieser letztlich nicht Teil der gedruckten Sammlung von 1672 werden konnte, lassen sich nicht gänzlich klären. Renis Vita verblieb im Entwurf, wobei sie im Umfang an den gewichtigeren Biographien der Druckausgabe orientiert ist.Für Bellori steht Renis künstlerische Begabung im Zeichen der grazia, deren Wesen er in detaillierten Werkbeschreibungen nachspürt. Wie Gabriele Wimböck in ihrem Essay zeigt, kondensiert der Autor außerdem seine Quellen, allen voran das zeitgleiche Vitenprojekt des Bolognesers Carlo Cesare Malvasia (1616-1693), zu einem Lebensbild, das Reni zum wichtigsten Erben der Carracci-Schule in Bologna erhebt. Belloris Darstellung von Renis Werdegang verhandelt dabei grundsätzliche Fragen der Ausbildung und sozialen Stellung von Künstlern und arbeitet seine eigenen kunsttheoretischen Vorstellungen heraus.