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11 Kundenbewertungen

Georgie Sinclair hat gerade ihren Mann vor die Tür gesetzt, ihr Sohn entwickelt eine beunruhigende Vorliebe für Weltuntergangs-Websites, und ihren Job bei einem Klebstoff-Fachmagazin findet sie auch nur bedingt faszinierend. Da trifft sie eines Tages Mrs Shapiro, die allein in einem halb verfallenen alten Haus lebt. Die verschrobene Dame ist Jüdin und im Zweiten Weltkrieg nach London geflohen. Als Mrs Shapiro ins Krankenhaus muss, bittet sie Georgie, sich um das baufällige Haus zu kümmern. Gleich mit ihrer ersten Tat setzt sich Georgie gehörig in die Nesseln: Der Handwerker, den sie mit…mehr

Produktbeschreibung
Georgie Sinclair hat gerade ihren Mann vor die Tür gesetzt, ihr Sohn entwickelt eine beunruhigende Vorliebe für Weltuntergangs-Websites, und ihren Job bei einem Klebstoff-Fachmagazin findet sie auch nur bedingt faszinierend. Da trifft sie eines Tages Mrs Shapiro, die allein in einem halb verfallenen alten Haus lebt. Die verschrobene Dame ist Jüdin und im Zweiten Weltkrieg nach London geflohen. Als Mrs Shapiro ins Krankenhaus muss, bittet sie Georgie, sich um das baufällige Haus zu kümmern. Gleich mit ihrer ersten Tat setzt sich Georgie gehörig in die Nesseln: Der Handwerker, den sie mit Reparaturen beauftragt, ist keineswegs Pakistani, wie sie dachte, sondern Palästinenser. Eine potenziell heikle Konstellation. Zusätzliche Komplikationen ergeben sich durch zwei geldgierige Immobilienmakler, eine arglistige Sozialarbeiterin und Georgies Ehemann ...
Autorenporträt
Lewycka, Marina
Marina Lewycka wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als Kind ukrainischer Eltern in einem Flüchtlingslager in Kiel geboren und wuchs in England auf. Sie lebt in Sheffield und unterrichtet an der Sheffield Hallam University. Ihr erster Roman 'Kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch' wurde zu einer beispiellosen Erfolgsgeschichte, eroberte die internationalen Bestsellerlisten, wurde in 33 Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Marina Lewycka gilt als eine der wichtigsten und populärsten englischen Autorinnen der Gegenwart.

Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.04.2010

Schluss mit Fledermausgrau
Marina Lewyckas neuer Roman „Das Leben kleben”
Großbritannien schreibt seit Jahren die schönsten Bestseller-Geschichten: Erst wird eine verarmte, alleinerziehende Mutter berühmt und reich, die ihre Geschichten über Zauberer und Zauberschüler aufschreibt. Dann stürmt eine schwarze Studentin die literarischen Hitlisten, die noch vor dem Abschluss an der Universität mit ihrer Multikulti-Geschichte aus London zum Weltstar avanciert. Und dann kommt – quasi aus dem Nichts – nach J. K. Rowling und Zadie Smith eine fast 60-Jährige daher, die an einer kleinen Universität in Sheffield Medienwissenschaften lehrt; überraschend wird ihr Erstling, der von der Geschichte des Traktors auf Ukrainisch handelt, in 33 Sprachen übersetzt.
Marina Lewycka, deren Eltern aus der Ukraine stammen, die selbst in einem Flüchtlingslager in Kiel geboren und in England aufgewachsen ist, betrachtet ihren Erfolg mit der ihr eigenen Selbstironie: „Seit fünf Jahren bin ich eine erfolgreiche Schriftstellerin. Aber ich vergesse nie, dass ich davor fünfzig Jahre lang nicht erfolgreich war. Das hilft, um einen realistischen Blick auf die Dinge zu bewahren.”
Nach der Betrachtung über Traktoren – die de facto eine so schräge wie anrührende Familiengeschichte über einen alten Mann und dessen Liebe zu einer atombusigen, jungen Ukrainerin sowie über das Entsetzen seiner Töchter war – sowie einer Groteske über Erdbeerpflücker in England hat Lewycka einen neuen Roman geschrieben. Schon wieder stürmt sie damit die Bestsellerlisten in ihrem Heimatland, und auch hier, wo „We are all made of glue” unter dem ziemlich banalen Titel „Das Leben kleben” erschienen ist, hat sie damit Erfolg. Die Mutter einer erwachsenen Tochter, die mit ihrem Mann ziemlich unspektakulär in der ehemaligen Stahlarbeiterstadt Sheffield in Mittelengland lebt, liebt Humor und britisches Understatement. Und so schreibt sie über ihre Karriere: „Ich dachte, ich schreibe über die condition humaine, über das menschliche Leben, was damit endete, dass ich einen Preis für komische Literatur bekam. Vielleicht ist das menschliche Leben komischer, als wir denken.”
Die Geschichte von Georgie Sinclair ist tatsächlich komisch, weil Georgie sich selbst nicht allzu ernst nimmt. Sie hat sich gerade von ihrem Mann getrennt, ihr Sohn lebt abwechselnd bei ihr und ihm, hockt aber meist vor dem Computer in seinem Zimmer und verliert sich in Weltuntergangsszenarien. Georgie verdient ihren Lebensunterhalt als Autorin für ein Fachmagazin über Klebstoffe. Sie hat ein wenig zugenommen und fängt an, zu verwahrlosen, geht meist in einem alten Mantel auf die Straße, der an eine Fledermaus erinnert; sie weiß eigentlich nicht so recht, warum ihr Leben auseinanderfällt, aber sie hat auch nicht die Kraft, das zu ändern.
Aber bisweilen hilft es ja, wenn man sich um andere kümmert: Die Begegnung mit der alten Mrs. Shapiro, die eine Vorliebe für dramatisches Make-up, hohe Schuhe, verdorbene Billigprodukte und Katzen hat, ändert Georgies Leben. Die alte Dame lebt mit ihren sieben Katzen in einem verwahrlosten alten Haus, das fast ebenso lange nicht mehr geputzt wurde, wie sie selbst sich nicht mehr gewaschen hat. Die beiden Frauen lernen sich bei der Schnäppchenjagd im Supermarkt kennen, und als Naomi Shapiro ins Krankenhaus eingeliefert wird, gibt sie Georgie als Bezugsperson an. Sie hat ja sonst niemanden.
Das Problem der alten Dame ist gleichzeitig ihr Kapital: Ihr altes Haus gerät ins Visier gieriger Makler und korrupter Sozialarbeiter, und bei der Abwehr zahlreicher Usurpatoren, die Mrs. Shapiro am liebsten im Pflegeheim und den Gegenwert der Villa in Form von britischen Pfund auf ihrem Konto sähen, gerät wiederum Georgie mehr und mehr in einen Strudel aus Verantwortung und Verzweiflung.
Hinzu kommt: Naomi Shapiro ist Jüdin, ihren Mann, einen wunderbaren Geiger, hat sie in diesem Haus zu Tode gepflegt; der Aufbruch ins gelobte Land, nach Israel, war nie gelungen. Nun aber muss das Haus, dieses Relikt einer großen Liebe, renoviert und gerettet werden, und wen engagiert Georgie, ohne es zu wissen? Palästinenser, die sie für Pakistaner hält. Wer weiß das schon so genau im multikulturellen London, und ist es nicht auch egal? Nicht ganz, denn Juden und Palästinenser eint bekanntlich keine große Liebe – auch nicht fern des umkämpften Terrains in Palästina. Und so eskaliert die ganze Geschichte aufs groteskeste: Immobilienmakler makeln auf höchst intrigante Art, und Sozialarbeiter arbeiten wenig sozial, Mrs. Shapiro setzt ihren „Darlink”, die herzensgute und zu ungeahnter Hochform auflaufende Georgie zur Rettung ihres Lebens ein, und nachdem auch unerwartete Verwandte, verloren geglaubte Partner, unfähige Anstreicher und liebeshungrige Kollegen zur Raison gebracht sind, endet die ganze Geschichte in geordnetem Chaos, soweit sich Chaos ordnen lässt. Das Ganze ist keine große Literatur, aber ein großes Stück warmherziger Unterhaltung, hervorragend übersetzt.
Marina Lewycka hat einmal gesagt, sie habe sich lange wie Treibgut auf einem fernen Strand gefühlt – bis sie ihre verloren geglaubte Familie in der Ukraine wiedergefunden hatte. Ihre Eltern waren nach dem Krieg über Deutschland nach England gekommen, ein Teil der Familie hatte den Krieg und den Hunger in der fernen Ukraine nicht überlebt. Erst spät, nach dem Tod der Eltern, reiste Lewycka dorthin, wo ihre Wurzeln waren; seither fühlt sie sich komplett und weniger wie Treibgut als wie jemand, der hier und dort daheim ist. In ihren wunderbaren Frauenfiguren, der fledermausigen Georgie Sinclair und der alten Naomi Shapiro, zeigt Lewycka, was und wie Heimat sein kann. Manchmal liegt sie nur einen Straßenzug entfernt.
CATHRIN KAHLWEIT
MARINA LEWYCKA: Das Leben kleben. Roman. Aus dem Englischen von Sophie Zeitz. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2010. 460 Seiten, 14,90 Euro.
Es ist ihr nächster Erfolg nach der „Kurzen Geschichte des Traktors auf Ukrainisch”
Palästinenser oder Pakistaner – wer weiß das schon im multikulturellen London
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"... und während man vor Lachen manchmal kaum weiterlesen kann, dankt man der englischen Autorin Marina Lewycka für jeden neuen Einfall, der "Das Leben kleben" noch bunter macht." -- Brigitte

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Zugegeben, den deutschen Titel von Marina Lewyckas neuem Roman findet Cathrin Kahlweit doof, aber der Inhalt  hat die Rezensentin mit Humor, Warmherzigkeit und nicht zuletzt mit ihren "wunderbaren" Protagonistinnen bezaubert. Die in Sheffield lebende Autorin mit ukrainischen Wurzeln, die mit fast 60 Jahren einen literarischen Überraschungserfolg mit ihrem ersten Roman "Kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch" landete, versteht es auch in dieser Geschichte zu berühren und glänzend zu unterhalten, wie Kahlweit versichert. Es geht um Georgie, deren Leben unmerklich aus den Fugen gerät, bis sie für die alte Jüdin Naomi Shapiro den Kampf gegen korrupte Makler und habgierige Sozialarbeiter aufnimmt, die der skurrilen Dame ihre alte Villa abzujagen suchen, fasst die Rezensentin zusammen. Keine "große Literatur", räumt Kahlweit ein, aber dafür herzerwärmend und unheimlich komisch und zudem vorzüglich übersetzt, wie sie schwärmt.

© Perlentaucher Medien GmbH
Rührend und liebenswert komisch. Susanne Fröhlich mach mal Pause 20110112