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Als der Geologe Trotha nach drei Wintermonaten Sainte Marguerite verläßt, ist nichts mehr, wie es war. Als hätte jemand an etwas in seinem Leben gedreht, ein Detail ein wenig verschoben, als wäre ein Mann gleichen Namens auf der Insel gewesen, der es zu bewundernswürdigen Leistungen gebracht hat: als Meister aller Klassen - im Selbstbetrug. Peter Haff erzählt mit aller Sympathie von ihm. Als wäre Trotha einer, den wir nur zu gut kennen.

Produktbeschreibung
Als der Geologe Trotha nach drei Wintermonaten Sainte Marguerite verläßt, ist nichts mehr, wie es war. Als hätte jemand an etwas in seinem Leben gedreht, ein Detail ein wenig verschoben, als wäre ein Mann gleichen Namens auf der Insel gewesen, der es zu bewundernswürdigen Leistungen gebracht hat: als Meister aller Klassen - im Selbstbetrug. Peter Haff erzählt mit aller Sympathie von ihm. Als wäre Trotha einer, den wir nur zu gut kennen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.06.1998

Die Finsternis in der Kajüte
Abenteuer mit Restlichtverstärker: Peter Haff fabuliert

Der Kutter, der in der Bucht von Cannes an der Werft der Insel Sainte Marguerite zur Überholung anlegt, heißt "Joseph Conrad". Ihn umweht ein Hauch aus der Welt der Abenteuerromane, mit denen Joseph Conrad um die Jahrhundertwende seine frühzeitig durch Krankheit beendete Kapitänslaufbahn so erfolgreich kompensierte. Auch das vor der Insel ankernde Segelschiff des Mineningenieurs Beck, der auf den Routen der großen Seeabenteurer allein den Atlantik überquerte, hätte in der Romanwelt Conrads aufkreuzen können. In der Kombüse steht auch noch die Oxford-Ausgabe der Werke Conrads. So entrichtet Peter Haffs Roman "Das Leuchten von Sainte Marguerite" seinen Tribut an das beliebt gewordene Spiel mit der literarischen Tradition.

Der Ingenieur Beck muß am Ende seinen Abenteuerdrang teuer bezahlen. Er taucht nach einer gesunkenen alten Galeere, beim Eindringen ins Innere wird ihm der Rückweg versperrt. Der Eigentümer des Kutters, der Geologe und Journalist Trotha, verliert schließlich sein Schiff durch einen Brand. Mit ihm kommt eine andere Linie der Abenteuerliteratur zum Zuge, deren Vorbild der intrigenreiche Reißer des älteren Alexandre Dumas ist. Denn in dessen Fortsetzung zum Bestseller "Die drei Musketiere" taucht jenes Motiv auf, um das sich in Haffs Roman viele Varianten tummeln.

Es ist die auch von Voltaire berichtete Geschichte, daß in der Festung von Sainte Marguerite ein Mann von hoher Herkunft unter einer eisernen Gesichtsmaske gefangen gehalten wurde, die Legende des "Masque de Fer". Nach der bekanntesten Lesart hat Ludwig XIV. seinen Zwillingsbruder unschädlich und dessen Gesicht unkenntlich machen wollen. Andere Versionen sehen den Finanzminister Fouquet, den Ludwig zu ewigem Gefängnis verurteilte, oder gar Molière in der Rolle des gesichtslosen Gefangenen. Haffs Roman bezieht seine Spannung vor allem aus der allmählichen Enthüllung weiterer Versionen, von denen der entlaufene Mönch Marie-Bernard zu berichten weiß, die hier aber nicht verraten werden sollen.

Trotha ist nicht nur der Schiffsreparatur wegen auf Sainte Marguerite und in Cannes. Er geht den rätselhaften Spuren nach, die sein Freund, der Burg- und Filmschauspieler Falk Volkmann, hier hinterlassen hat. Falk spielte bei Kameraaufnahmen den Mann mit der Gesichtsmaske - aber der Film konnte nicht zu Ende gedreht werden, weil Falk unter ungeklärten Umständen aus dem Fenster seines Hotelzimmers stürzte. War es Selbstmord? So fügt Haff den Geheimnissen um den "Masque de Fer" ein weiteres hinzu. Der Leser, der auf die Lösung begierig ist, sei gewarnt. Die Köder führen ihn nur im Kreise herum; er ist am Ende kaum klüger als zuvor.

Auch die Anfänge einer engeren Beziehung Trothas zu Becks Tochter, einer Meeresbiologin, verlaufen im Sande. Haffs Erzählweise erinnert entfernt an Trothas Fernglas mit Restlichtverstärker. Trotha sieht auf seinen Streifzügen über die Insel oder durch Cannes die Welt sehr genau und stellt kultivierte Reflexionen darüber an. Zugleich aber bleibt alles in jener Distanz, die Entscheidungen erspart. Sieht man von Becks Wage- und Übermut ab, so bleibt auch das eigentlich Abenteuerliche ja Zitat oder Gegenstand der Recherche. Haff bedient sich literarischer Muster und entzieht sich ihnen zugleich. In diesem vierten Buch sucht der 1938 geborene Schriftsteller und Maler intensiver als zuvor nach kleinen freien Zwischenräumen zwischen den Vorgaben der Tradition. WALTER HINCK

Peter Haff: "Das Leuchten von Sainte Marguerite". Roman. Luchterhand Literaturverlag, München 1998. 237 Seiten, geb., 36,- DM.

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